Land bremst Hoffnung auf Lockerungen
Die Alarmstufe II bleibt vorerst bestehen – Deutliche Kritik an FDP-Forderung einer regionalen Impfpflicht
STUTTGART - In Baden-Württemberg stehen vorerst keine Lockerungen der Corona-Regeln an, es wird aber Änderungen für Geimpfte und Genesene geben. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Gesundheitsminister Manfred Lucha (beide Grüne) warnten am Dienstag in Stuttgart davor, sich die derzeit sinkende Belegung von Intensivstationen als Signal der dauerhaften Entspannung zu werten. Die OmikronVariante des Virus könne für starke Anstiege in kurzer Zeit sorgen. „Wir sehen alle an den Inzidenzen, dass sie exponentiell verlaufen“, sagte Kretschmann in Stuttgart. Das müsse auch für neue Spielregeln sorgen. In der vergangenen Woche hat das Land die Alarmstufe II verlängert – und dabei wird es vorerst bleiben.
Wären Lockerungen möglich? Die Landesregierung hat ein Stufenmodell erarbeitet. Es regelt, welche Corona-Regeln wann in Kraft treten und orientiert sich an der Hospitalisierungsinzidenz sowie der Zahl an Covid-Patienten auf den Intensivstationen im Land. Beide Werte liegen derzeit auf einem Niveau, das schon am Mittwoch die Rückkehr zur sogenannten Warnstufe möglich machen könnte.
Die Hospitalisierungsinzidenz beschreibt die Zahl der Covid-Patienten, die in den vergangenen sieben Tagen ins Krankenhaus eingeliefert wurden, bezogen auf 100 000 Einwohner. Nach Angaben des Sozialministeriums lag sie am Montag bei 2,9 und damit weiter unter der Grenze für die Alarmstufe. Diese liegt bei drei.
Auf den baden-württembergischen Intensivstationen wurden am
Montag 340 Covid-Patienten behandelt. Damit liegt auch dieser Wert deutlich unter der Grenze für die Alarmstufe von 390. Dennoch bleiben die Regeln der Alarmstufe II vorerst bestehen, nachdem sie das Land in der vergangenen Woche verlängert hat.
Warum gelten die Regeln der Alarmstufe II weiter? Kretschmann verteidigte die Verlängerung der Alarmstufe II: „Sonst wären wir ein unkalkulierbares Risiko eingegangen.“Belastbare Daten, inwiefern die neue Omikron-Variante eine Gefahr für das Gesundheitssystem darstellen könnte, gebe es bislang noch nicht. Die neue Variante müsse laut Experten mindestens 18 Tage dominant sein: Erst dann könne man seriös berechnen, welche Belastungen auf das Gesundheitssystem zukämen – und welche Einschränkungen im öffentlichen Leben es brauche, um diese möglichst gering zu halten. Laut Luchas Ministerium wurde die Omikron-Variante seit 4. Januar bei mehr als 50 Prozent der Covid-Diagnosen im Land nachweisbar. Damit wären zuverlässige Prognosen erst in der kommenden Woche möglich. Der Trend zeige bisher, dass die Krankheitsverläufe bei Omikron milder seien, so Kretschmann. Dennoch könnten die hohe Zahl an Infektionen und vermehrte Quarantäne beim Gesundheitspersonal zu einer Überlastung des Systems führen. „Wenn wir belastbare Daten haben, werden wir die Regeln fortschreiben“, sagte Kretschmann. Ob es zu Lockerungen oder Verschärfungen kommt, sei nicht vorherzusagen.
Was ändert sich für Geimpfte? Die Änderungen der Covid-19Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung durch den Bund mit Blick auf den Genesenen- und Impfstatus wirken sich auch in Baden-Württemberg aus. Als genesen gelten Menschen, die eine Covid-Erkrankung überstanden haben, ab jetzt nur noch drei statt bisher sechs Monate.
Auch für Geimpfte ändert sich etwas: Bei der 2G-plus-Regel waren Menschen, deren letzte Impfung für den vollständigen Schutz nicht länger als sechs Monate her ist, bisher von der Testpflicht ausgenommen. Auch hier gilt laut einem Sprecher des Sozialministeriums ab jetzt eine Frist von drei Monaten.
Zudem reicht eine Impfung mit dem Vakzin von Johnson&Johnson seit Samstag nicht mehr aus, um als vollständig geimpft zu gelten. Nun muss dafür eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff erfolgen. Um als geboostert zu gelten, benötigen die Geimpften eine weitere mRNAImpfung.
Wie steht es um eine Impfpflicht? Kretschmann betonte am Dienstag erneut, dass er sich beim Bund für eine allgemeine Impfpflicht starkmache. Er sprach sich für die Einführung eines Impfregisters aus. „Der Ball liegt jetzt beim Bundestag“, sagte der Ministerpräsident. Zuletzt hatte die baden-württembergische FDP eine regionale Impfpflicht für den Südwesten gefordert. „Die wollen selber keine Impfpflicht und schwadronieren von einer regionalen Impfpflicht“, kritisierte Kretschmann dieses Vorgehen. Das könne er nicht ernst nehmen.
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