Finanzämter in der Region um Villingen-Schwenningen hinken im Vergleich hinterher
Lohnsteuer Kompakt hat ein Ranking aufgestellt - Die Außenstelle in Donaueschingen braucht 73 Tage zur Bearbeitung - Die durchschnittliche Bearbeitungszeit in Baden-Württemberg liegt bei 46 Tagen
SCHWARZWALD-BAAR-KREIS - Jahresbeginn – Zeit, an die Einkommenssteuererklärung für das vergangene Jahr zu denken. Doch während sich viele Steuerzahler im Schwarzwald-Baar-Kreis davon unter Druck gesetzt fühlen, scheint man sich in der Behörde selbst viel Zeit zu lassen mit der Bearbeitung.
Die Fristen sind gesetzt. Und das ganz unabhängig von den stattlichen Bearbeitungszeiten, bei denen der Schwarzwald-Baar-Kreis sich im direkten Vergleich mit umliegenden Finanzbehörden einen unrühmlichen Platz als Schlusslicht gesichert hat.
Das Ranking von Lohnsteuer Kompakt und die nachfolgende Aufstellung unserer Redaktion über die schnellsten Finanzämter in der Region machen es deutlich. Gemessen an der Bearbeitungszeit der Steuererklärungen sind das die zwölf schnellsten Finanzämter in der Region:
1. Tübingen, 40 Tage
2. Balingen, 43 Tage
3. Tuttlingen, 47 Tage
4. Oberndorf, 52 Tage
5. Calw, 53 Tage
6. Freudenstadt, 54 Tage
7. Rottweil, 55 Tage
8. Wolfach, 55 Tage
9. Lörrach, 56 Tage
10. Lahr, 57 Tage
11. VS, 67 Tage
12. Donaueschingen, 73 Tage
Doch woran liegt es, dass Villingen-Schwenningen und die Außenstelle in Donaueschingen derart miserabel abschneiden? Laut Grit Mayer, Pressesprecherin der Oberfinanzdirektion
Karlsruhe, liegt die durchschnittliche Bearbeitungszeit im Jahr 2021 im Land Baden-Württemberg bei 46 Tagen. Daran gemessen liegt die Bearbeitungszeit in Donaueschingen um fast 59 Prozent höher, die des Finanzamtes VillingenSchwenningen immerhin noch um fast 46 Prozent.
Grit Mayer freut sich in ihrer Stellungnahme zwar zunächst über die Verbesserungen landesweit im Vergleich zum Vorjahr – vor allem vor dem Hintergrund der steuerlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, die den Behörden, auch im Schwarzwald-BaarKreis viel abverlangt hätten. Schließlich hätten die Finanzämter neben den regulären Steuererklärungen auch zusätzlich noch die steuerlichen Hilfsmaßnahmen zu bearbeiten gehabt – etwa Stundungen oder das Herabsetzen von Vorauszahlungen.
Trotzdem hadert die Behördensprecherin mit der Erhebung von Lohnsteuer Kompakt: Die Umfrage sei „nicht sehr aussagekräftig“. So basiere die Erhebung auf 300 000 Einkommensteuererklärungen bundesweit – das sei keine repräsentative Grundgesamtheit. An einer ganz ähnlichen Aussage bei Erhebung von noch mehr Einkommenssteuererklärungen dürfte jedoch wohl kaum zu rütteln sein.
Keine Frage: Die Bearbeitungszeit hängt unter anderem von der Komplexität und der Schwierigkeit des jeweiligen Falles ab. Doch mit diesem Phänomen kämpfen die Finanzbehörden landauf und landab gleichermaßen. Was also macht die Lage der Finanzämter in Villingen-Schwenningen und Donaueschingen so besonders, dass sie im regionalen Vergleich Jahr für Jahr auf unrühmlichen Plätzen landen?
Grit Mayers Antwort gibt Auskunft zu einer möglichen Ursache: „Es gibt Finanzämter mit besonderen Konstellationen, etwa in Grenznähe“, erläutert Grit Mayer. Dort müssten besonders viele Einkommensteuererklärungen von Steuerpflichtigen bearbeitet werden, deren Arbeitsort in einem anderen Land als ihr Wohnort liegt, zum Beispiel der Schweiz. „Solche Fälle sind üblicherweise komplexer und bringen oftmals eine längere Bearbeitungszeit mit sich“, geht Mayer ins Detail. Das sei auch mit ein Grund dafür, dass es selbst innerhalb ein und desselben Finanzamtes zu unterschiedlichen
Bearbeitungszeiten kommen könne.
Gerade die direkte Nachbarschaft des Landkreises Schwarzwald-Baar zur Schweiz gibt damit einen Anlass für längere Bearbeitungszeiten in den Finanzämtern des Landkreises und ist auch eine mögliche Erklärung dafür, warum die Bearbeitungszeit in Donaueschingen sogar noch länger ist als in Villingen-Schwenningen. Je südlicher die Gemeinde im Landkreis liegt, desto mehr Arbeitnehmer pendeln aufgrund kurzer Entfernungen zu den Eidgenossen, wo vermeintlich höhere Gehälter locken.
Es seien viele verschiedene Faktoren, die sich auf die Bearbeitungszeit auswirken – manche davon betreffen die Region selbst, andere die Behörde ganz direkt, etwa wenn verstärkt Teile der Belegschaft in Pension oder Elternzeit gehen, so Grit Mayer. Und nicht zuletzt spiele das „Abgabeverhalten“der Bürger eine Rolle.
„Wenn zum Beispiel sehr viele Bürgerinnen und Bürger innerhalb kurzer Zeit ihre Steuererklärungen abgeben, kann das zu längeren Bearbeitungszeiten führen.“Die Pressesprecherin rät dennoch dazu, die Steuererklärungen „keinesfalls“zurückzuhalten. Die gesetzlich vorgeschriebene Abgabefrist sei bindend, auch wenn das Finanzamt zu den Schlusslichtern in Sachen Bearbeitungszeit gehöre.
Nicht ganz uneigennützig dürfte folgender Hinweis der Pressesprecherin der Oberfinanzdirektion in Karlsruhe sein: Die Bürger können, so Mayer, „selbst etwas zu einer schnelleren Bearbeitung beitragen. Bei der elektronischen Abgabe über Elster ist die Erklärung sofort zur Bearbeitung bereit und muss nicht noch extra gescannt werden, damit sie bearbeitet werden kann.“