Selber auslöffeln, was man einbrockt
Auch wenn der erste Reflex vielleicht ist, die Regel, die das ganze ans Tageslicht gebracht hat, einfach wieder abzuschaffen. Die nach dem neuen Haushaltsrecht vorgeschriebene Pflicht, alles was man selbst verursacht auch selbst zu bezahlen ist dennoch richtig. Sie hat sogar einen pädagogischen Effekt: Nur das, was die Entscheider auch in den kommenden Jahren verantworten können, ohne den kommenden Generationen Neuschaffung aufzubürden, ist auch richtig und nachhaltig geplant. Der desolate Zustand der Verkehrsinfrastruktur, die der heutigen Generationen am Hals hängt, lässt grüßen. Heute wird bezahlt, was gestern versäumt wurde. Jedes neu geborene Baby in Deutschland übernimmt per Geburt 30 000 Euro Schulden. Damit ist, vorausgesetzt die Kommunen wollen sich nicht verschulden, auf kommunaler Ebene nach dem neuen Haushaltsrecht Schluss. Und das ist auch gut so.
Warum hat der Gemeinderat eigentlich in der vergangenen Dekade nie aktiv darüber diskutiert, ob die Stadt wirklich so wachsen will, ob das überhaupt gut tut? Die FDP sagte es ja richtig, 1000 Einwohner mehr in zehn Jahren wollen „verdaut“werden. Fläche wurde versiegelt, Infrastrukturbedürfnisse geschaffen, die jetzt Zugzwänge auslösen.
Wachstum zum Selbsterhalt ist gesund und gut, eine Bevölkerung aber aufzublähen und die städtischen Finanzen und das gesellschaftliche Gefüge womöglich in Schieflage zu bringen, nicht.
Etwas viel Grundsätzlicheres ist also mit der Pflicht verbunden, alles neu Geschaffene auch durch Abschreibungen abzusichern, um nicht plötzlich vor der Wahl zu stehen, entweder Standards abzubauen, oder Schulden zu machen: Also mit dem Neubau sozusagen gleich wieder einen Bausparvertrag abzuschließen für die Sanierung in 30 Jahren.
Genau das sollte auch für unseren Umgang mit der Natur gelten, denn wir haben es mit zunehmender Geschwindigkeit doch tatsächlich in 100 Jahren geschafft, die Erde so herunter zu wirtschaften, dass vieles irreversibel ist. Ausgestorbene Arten sind weg, das Klima verändert sich. Wir sind an Kipppunkten, etwa bei der Rodung des Amazonas, (der seinen Regen zu einem großen Teil selbst herstellt, ab einer bestimmten verkleinerten Größe sich dann selbst zerstört), oder im Meer, (wenn ein zu hoher Übersäuerungsgrad ausgerechnet die Lebewesen zerstört, die rund 30 Prozent des menschengemachten CO2-Ausstoßes neutralisieren) beängstigend nahe.
Eigentlich müsste jedes kommunale Handeln auch im Bezug auf die kommenden Generationen nach demselben Muster behandelt, Eingriffe entweder unterbleiben oder kompensiert werden. Das System der Ökopunkte ist hier allerdings ein Witz und auch schön in unserer Gegend als Feigenblatt zu beobachten.
Nur was jetzt lebende Generationen auch ausbaden müssen, soll verursacht werden. Finanziell und ökologisch. Das wäre nachhaltige Politik. Doch stattdessen greifen Kommunen munter weiter in die Fläche ein, statt endlich neue Konzepte vorzulegen.