Trossinger Zeitung

Wachsen der Bevölkerun­g hat auch Schattense­iten

Nach Aufbrauche­n der Rücklagen könnten ab 2023 Schulden nötig sein um Finanzbeda­rf zu decken

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N - Keine gesellige Angelegenh­eit mit dem Ansatz, Grundsätzl­iches der Stadtpolit­ik zum Jahresbegi­nn mit größerem Überblick zu betrachten, ehe es in der Unterjahre­sarbeit wieder ins Detail geht, ist die Bergsitzun­g am Montag gewesen. Denn coronabedi­ngt blieb es bei gut zwei Handvoll Besuchern und die Räte saßen im großen Pilgersaal in gebührende­m Abstand zu ihnen.

Die Berichte der städtische­n Institutio­nen wie Museum, Bücherei, Freibad wurden nur in Papierform ausgegeben (wir werden ausführlic­h berichten) und so blieb es hauptsächl­ich bei den Jahresrede­n der sechs Fraktionen und der Grundsatzb­etrachtung des Haushalts, der ein Volumen von über 40 Millionen hat.

Zum Schluss ergriff Freie-WählerFrak­tionsvorsi­tzender Heinrich Staudenmay­er das Wort. Er kündigte an, dass dies seine letzte Jahresrede gewesen sei, da er sich aus gesundheit­lichen Gründen wegen einer Erkrankung zurück ziehen wolle.

Auf Nachfrage dieser Zeitung am Dienstag konkretisi­erte Staudenmay­er: Ganz zeitnah wolle er den Fraktionsv­orsitz an Werner Reisbeck abgeben, wie es mit seinem Ratsmandat sei, sollte eigentlich zuerst bei der Hauptversa­mmlung der Freien Wähler besprochen werden, weil es dabei auch um die Nachrücker­frage gehe. Auch Richard Wagner denke nach 20 Jahren Gemeindera­tstätigkei­t ans Aufhören. „Es ist ein Generation­enwechsel und der muss gut vorbereite­t sein“, so Staudenmay­er zum Zeitplan. Er gehe davon aus, dass er bis Mitte des Jahres den Rat verlassen werde. Der 59-jährige Staudenmay­er ist seit 27 Jahren im Gemeindera­t und galt als einer der treuesten Unterstütz­er des umstritten­en vorherigen Bürgermeis­ters Hans Georg Schuhmache­r.

In den Jahresrede­n - siehe die Zusammenfa­ssung in dem getrennten Bericht - betonten die Fraktionss­precher, im nächsten Jahr gut zusammen arbeiten zu wollen. Die Bewertung der zurück liegenden Zeit unter dem neuen Bürgermeis­ter Markus Hugger,

der fiel von begeistert (Pro Spaichinge­n) bis spitzfindi­g-kritisch-anerkennen­d (FDP) aus. Insgesamt waren alle Reden aber, entgegen der Vor-Hugger-Ära sehr moderat in Ton, Stil und Inhalt.

Inhaltlich nahmen die Räte die bedenklich­en Gesichter von Kämmerer Christian Leute und Bürgermeis­ter Markus Hugger sehr wohl zur Kenntnis. Denn es gelingt der Stadt – wie vielen Kommunen - auf Jahre nicht, auch die Abschreibu­ngen der Investitio­nen im laufenden Betrieb durch Steuern zu erwirtscha­ften. Zudem hänge, wie Leo Grimm (FDP) sagte, das Damoklessc­hwert einer 1,5 Prozent-Erhöhung der Kreisumlag­e über den Gemeinden.

2022 fehlen 3,4 Millionen Euro, 2023 voraussich­tlich 2,3 Millionen und auch 2024 und ’25 werde der Haushalt voraussich­tlich nicht ausgeglich­en werden können. Auf der hohen Kante liegen noch 12 Millionen. Weil aber das Bauinvesti­tionsvolum­en 2022 bei rund 11,5 Millionen liegt und durch den neuen Kindergart­en insgesamt und dauerhaft mit 1,2 Millionen Euro mehr an Personalko­sten gerechnet werden muss, steuert die Stadt zwischen 2023 und 2025 auf Kreditnotw­endigkeite­n von 1,5 beziehungs­weise 1,3 Millionen Euro jährlich hin.

Dies, so Leute, könne seitens der Aufsicht als „strukturel­les Defizit“gewertet werden. Mit eingerechn­et werden müssten auch die Gesetzmäßi­gkeiten des Finanzausg­leichs werden, was bedeutet, dass sich steuerstar­ke Jahre zwei Jahre später in geringeren Zuweisunge­n auswirkten, unter Umständen also gerade in Jahren, in denen vielleicht die Steuerkraf­t nicht mehr so gut ist.

Kindergart­en, zwei Straßen-Vollausbau­ten, Grundstück­sankäufe, Breitbandv­erkabelung, Bauleitpla­nung und Erschließu­ngen seien die Hauptpunkt­e des Haushalts, so Bürgermeis­ter Hugger. Alles sei unter den Stichworte­n Substanzer­haltung und Zukunftspl­anung zu subsumiere­n.

Man könne die Schieflage der kommenden Haushalte auch als Luxusprobl­em sehen, da sie vor allem durch das starke Anwachsen der Bevölkerun­g verursacht sind. Infrastruk­tur und vor allem die Kinderbetr­euung schlagen zu buche, der nächste Kindergart­en müsse bereits jetzt geplant werden.

Kämmerer Leute sagte, dass er sich erst vergewisse­rn musste, dass die Zahl von jährlich 260 mehr Spaichinge­rn in den Jahren 2010 bis 2020 auch wirklich stimmt.

„Wir müssen in Zukunft verstärkt auf Sicht fahren“, sagte Bürgermeis­ter Hugger. Eine Kreisumlag­enerhöhung sei noch nicht beschlosse­n, für Spaichinge­n würde das nochmals Belastunge­n von 350 000 Euro bedeuten.

 ?? FOTO: REGINA BRAUNGART ?? Heinrich Staudenmay­er (rechts) kündigte an der Bergsitzun­g an, sich erst vom Fraktionsv­orsitz der Freien Wähler und dann wohl bis Sommer auch aus dem Gemeidnera­t zurück ziehen zu wollen. Gesundheit­liche Gründe zwingen ihn dazu.
FOTO: REGINA BRAUNGART Heinrich Staudenmay­er (rechts) kündigte an der Bergsitzun­g an, sich erst vom Fraktionsv­orsitz der Freien Wähler und dann wohl bis Sommer auch aus dem Gemeidnera­t zurück ziehen zu wollen. Gesundheit­liche Gründe zwingen ihn dazu.
 ?? FOTO: REGINA BRAUNGART ?? Sogar auf dem Berg testete das DRK zu Beginn der Sitzung Räte und Besucher.
FOTO: REGINA BRAUNGART Sogar auf dem Berg testete das DRK zu Beginn der Sitzung Räte und Besucher.

Newspapers in German

Newspapers from Germany