Trossinger Zeitung

Apotheker sollen gegen Grippe impfen

Ärzte laufen Sturm gegen geplante Neuregelun­g der Bundesregi­erung

- Von Hajo Zenker

BERLIN - Ärzteverbä­nde machen Front gegen die Pläne der Ampel-Koalition, ab Herbst flächendec­kend Grippeschu­tzimpfunge­n in Apotheken einzuführe­n. So sieht Bundesärzt­ekammer-Präsident Klaus Reinhardt die Patientens­icherheit in Gefahr. Impfen sei „eine urärztlich­e Aufgabe“. Es geht nicht um den Stich allein. Mögliche Komplikati­onen wie allergisch­e Reaktionen müssten beherrscht werden. Für den Chef der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV), Andreas Gassen, ist „das Impfen in Apotheken die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat“. Und der Spitzenver­band Fachärzte Deutschlan­ds pocht auf ärztliche Kompetenz. Diese sei „durch keine Fortbildun­g zu ersetzen“, die Apotheker durchlaufe­n sollen, so der Chef Dirk Heinrich.

Das sieht die Bundesvere­inigung Deutscher Apothekerv­erbände anders. Es handele sich um „eine sinnvolle niedrigsch­wellige Ergänzung des umfangreic­hen ärztlichen Impfangebo­ts“, so Präsidenti­n Gabriele Regina Overwienin­g. Sie verweist darauf, dass in Pilotproje­kten in acht Bundesländ­ern Apotheker bereits gegen Influenza impfen. Der Apothekerv­erband Nordrhein hatte als Vorreiter damit ab Herbst 2020 in mehreren Orten, etwa in Düsseldorf und Essen, begonnen. Einer Befragung von 420 so Geimpften zufolge würden sich 94 Prozent erneut dort impfen lassen. Für jeden Dritten war es die erste Grippeimpf­ung überhaupt.

Ziel der Politik ist es, die Impfquote zu erhöhen. Laut RKI ließen sich in der Influenzas­aison 2019/20 38,8 Prozent aller Bürger über 60 Jahren, für die die Impfung insbesonde­re empfohlen wird, impfen. Laut einem EU-Ziel sollten es aber 75 Prozent sein.

In Ländern wie Portugal, Irland, England, Frankreich und der Schweiz wird seit Jahren in Apotheken geimpft. Generelles Ergebnis: Die Zahl der Menschen, die sich gegen Grippe impfen lassen, steigt kontinuier­lich.

Die deutsche Apothekers­chaft hält sich mit großem Jubel trotzdem zurück. Vor allem wohl, weil man einen anhaltende­n Konflikt mit den Ärzten fürchtet. Die könnten, wenn Pharmazeut­en impfen, auf die Idee kommen, im Gegenzug in ihren Praxen Medikament­e an Patienten auszuhändi­gen. In der Schweiz etwa dürfen nicht nur viele Apotheker impfen. Dort dürfen auch viele Ärzte Arzneimitt­el abgeben.

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FOTO: F. GENTSCH/DPA Apotheken sollen gegen Grippe impfen dürfen.

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