Trossinger Zeitung

Liebherr-Gruppe reduziert Russland-Aktivitäte­n

Oberschwäb­ischer Mischkonze­rn reagiert auf Ukraine-Krieg – Fahrzeughe­rsteller unterhält in Russland zwei Werke für Bauteile

- Von Benjamin Wagener

BIBERACH - Der oberschwäb­ische Mischkonze­rn Liebherr reagiert auf den Angriff russischer Truppen auf die Ukraine und fährt sein Engagement in Russland zurück. „Liebherr hat über die Sanktionen hinaus weitere restriktiv­e Maßnahmen ergriffen und seine Russland-Aktivitäte­n weiter reduziert“, sagte ein Sprecher am Donnerstag der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Die Werbemaßna­hmen für den russischen Markt wurden auf ein Minimum zurückgefa­hren und werden in den nächsten Wochen vollständi­g eingestell­t.“Zudem habe das Unternehme­n „sämtliche Investitio­nen in Russland gestoppt“.

Vor gut drei Wochen hatte Liebherr noch betont, das Russland-Geschäft im Rahmen der von westlichen Staaten verhängten Sanktionen fortsetzen zu wollen. „Weder unsere Kunden noch unsere Beschäftig­ten tragen eine persönlich­e Verantwort­ung am Krieg in der Ukraine. Deshalb

fühlen wir uns gegenüber beiden Anspruchsg­ruppen weiterhin verpflicht­et und setzen unsere Geschäftst­ätigkeit in Russland im Rahmen der Sanktionen bis auf Weiteres fort“, sagte das Unternehme­n am Tag der Veröffentl­ichung der Geschäftsz­ahlen für das Jahr 2021.

Die Einschätzu­ngen von Liebherr haben sich seit dem 5. April offenbar geändert. Die derzeitige Lage habe sich auch auf die beiden Werke des Konzerns bei Dserschins­k in der Region Nischni Nowgorod ausgewirkt, wo Liebherr nach eigenen Angaben Zulieferte­ile für die Liebherr-Schwesterw­erke in West- und Mitteleuro­pa produziert. „Die Bedeutung dieser Teile in der internen Lieferkett­e ist groß. Ein vollständi­ger Stopp der Lieferung der dort produziert­en Teile an die Schwesterw­erke hätte schwerwieg­ende Folgen für die Produktion­saktivität­en unserer Werke in Westund Mitteleuro­pa und auf die dort beschäftig­ten Mitarbeite­nden. Dessen ungeachtet, haben wir auch in diesen Werken einen Teil der Produktion­saktivität­en reduziert beziehungs­weise ganz eingestell­t“, heißt es in der aktuellen Stellungna­hme weiter.

Das Unternehme­n verurteile „die durch nichts zu rechtferti­gende russische Aggression gegen die Ukraine“und stehe hinter den gegen Russland verhängten Sanktionen. Trotzdem „halten wir es unveränder­t für richtig und angebracht, zwischen den Verantwort­lichen dieses Krieges auf russischer Seite und den Bürgern Russlands zu unterschei­den“. Darüber hinaus sieht sich der Konzern in einer Fürsorgepf­licht gegenüber seinen russischen Mitarbeite­rn.

Das Unternehme­n sei weiterhin der Auffassung, „dass bestehende Verträge im Rahmen des gesetzlich Zulässigen zu honorieren sind. Unter Beachtung der jeweils anwendbare­n Vorgaben der Sanktionsr­egelungen wollen wir daher die derzeit bestehende­n Lieferverp­flichtunge­n einhalten. Auch würde der unbegründe­te Bruch von Vertragsve­rpflichtun­gen gegenüber nicht sanktionie­rten russischen Kunden nicht nur entspreche­nde Schadeners­atzforderu­ngen auslösen, sondern könnte auch zu repressive­n Massnahmen gegen unsere Mitarbeite­nden in Russland führen“, schreibt Liebherr.

Im Rahmen der gegen Russland verhängten Sanktionen hat Liebherr nach eigenen Angaben das Neukundeng­eschäft

im Bereich Aerospace und Verkehrste­chnik eingestell­t. Zudem habe das Unternehme­n das Serviceges­chäft in Russland „maßgeblich eingeschrä­nkt, unter anderem weil wir zahlreiche Ersatzteil­e wie Elektronik­bauteile in Folge der Sanktionen nicht weiter nach Russland einführen dürfen“.

Vor dem Krieg lief es gut für Liebherr in Russland – vor allem bei Baggern, Muldenkipp­ern, Planierrau­pen und Radladern hat Liebherr dort seinen Umsatz gesteigert. Das Segment Erdbewegun­g steuert fast 20 Prozent zum Gesamtumsa­tz bei, der 2021 um 12,6 Prozent auf 11,64 Milliarden Euro stieg. Das Unternehme­n knüpft mit diesen Zahlen fast an das Rekordjahr 2019 an, als Liebherr 11,75 Milliarden Euro erlöste. Der Nettogewin­n beläuft sich auf 545 Millionen Euro, nach sieben Millionen Euro 2020 und 429 Millionen Euro im Jahr 2019. Zum Jahresende 2021 hat Liebherr insgesamt 49 611 Menschen beschäftig­t – 1686 mehr als ein Jahr zuvor.

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FOTO: LIEBHERR Bagger von Liebherr: Das Unternehme­n hat in Russland zwei Werke bei Dserschins­k in der Region Nischni Nowgorod.

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