„Das ist fahrlässig und gefährlich“
Zum Leserbrief zu einem Urteil des Amtsgerichts wegen Landfriedensbruchs:
„Der Leserbrief und seine Veröffentlichung machen mich wütend und fassungslos. Wie kann der Gränzbote so etwas abdrucken?
Die Teilnahme an einem Fackelmarsch unter diesen Umständen – unangemeldet, vermummt, gewalttätig – zeugt an sich schon davon, dass einige wohl Nachholbedarf an Bildung über das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte haben. Die Handyaufnahmen von dem Abend lassen jeden vernünftigen Menschen schaudern. Als Rechtfertigung dafür wird, vom Leserbrief mit Verständnis bedacht, Angst vor einer angeblich tödlichen Impfung vorgebracht. „Medizinisch zweifelsfrei bewiesen“ist hier freilich so gut wie gar nichts. Laut PEI sind unter 100 Todesfälle in Deutschland direkt auf die Impfung zurückzuführen – bei über 63 Mio. vollständig Geimpften. Zum Vergleich: 24 Mio. Corona-Infektionen stehen 134.000 (!) Tote gegenüber, die im Zusammenhang mit Corona gestorben sind. Die Größenverhältnisse sind eindeutig! Was hier also über die angeblich so tödliche Impfung angeführt (und was im Gegenzug weggelassen) wird, überschreitet die Grenzen hin zur absichtlichen Desinformation eindeutig.
Den Landfriedensbruch dann mit einem Jahr Abstand auch noch in Schutz zu nehmen in einem Ton der Herablassung und Verunglimpfung gegenüber rechtsstaatlichen Institutionen wie dem Tuttlinger Amtsgericht, über deren Existenz wir uns glücklich schätzen dürfen, ist nicht minder schlimm. Von dem Richter und der Staatsanwältin dann Parallelen zu ziehen zum Unrechtsstaat DDR oder gar zu Mao Zedong, der für viele Millionen Todesopfer verantwortlich ist, ist geschichtsvergessen und eine bodenlose Unverschämtheit.
Der Gränzbote muss sich hier die Frage gefallen lassen: Wie kann man solch einem vor Desinformation, Relativierung und Häme strotzenden Text auch noch Platz einräumen und dies womöglich mit „Meinungsfreiheit“rechtfertigen? Das ist fahrlässig und gefährlich. Man kann über Corona-Maßnahmen oder den Verlauf einer Gerichtsverhandlung unterschiedlicher Ansicht sein und darüber kontrovers diskutieren. Aber nicht auf diese brandstiftende Art und Weise! Es braucht demgegenüber eine klare Positionierung der Zivilgesellschaft – also auch Ihrer Zeitung!“
Jochen Beck, Tuttlingen-Möhringen
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