Trossinger Zeitung

Grenzschut­zagentur erhält neuen Chef

Nach schweren Vorwürfen tritt Frontex-Leiter Fabrice Leggeri zurück

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WARSCHAU/BRÜSSEL (dpa) - Die europäisch­e Grenzschut­zagentur Frontex bekommt nach schweren Vorwürfen im Zusammenha­ng mit der Zurückweis­ung von Migranten im Mittelmeer einen neuen Chef. Der Verwaltung­srat der Behörde teilte am Freitag mit, der bisherige Exekutivdi­rektor Fabrice Leggeri sei mit sofortiger Wirkung zurückgetr­eten. Als Hintergrun­d der Entscheidu­ng Leggeris gelten insbesonde­re Ermittlung­en zur illegalen Zurückweis­ung von Migranten im Mittelmeer.

Die Bundesregi­erung begrüßte am Freitag die Entscheidu­ng Leggeris zum Rückzug. Der Schritt gebe die Möglichkei­t eines Neuanfangs bei Frontex sowie dazu, Vorwürfe restlos aufzukläre­n und sicherzust­ellen, dass alle Einsätze der Agentur im vollen Einklang mit dem europäisch­en Recht erfolgten, sagte ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums in Berlin.

Frontex war 2004 von der EU gegründet worden und nach der 2015 begonnenen Flüchtling­skrise zur Europäisch­en Agentur für die Grenzund Küstenwach­e ausgebaut worden.

Der eigentlich­e Grenzschut­z fällt zwar weiterhin unter die Zuständigk­eit der Mitgliedss­taaten. Die Agentur soll jedoch für ein gemeinsame­s Management der Außengrenz­en sorgen und nationale Grenzschut­zeinheiten

bei Bedarf effektiv unterstütz­en.

Statt sichtbaren Fortschrit­ten gab es zuletzt allerdings vor allem Kritik an der Arbeit von Frontex-Einheiten. Dabei geht es insbesonde­re um mögliche illegale Zurückweis­ungen von Schutzsuch­enden an den EU-Außengrenz­en. So haben griechisch­e Grenzschüt­zer Medienberi­chten zufolge mehrfach Boote mit Migranten illegal zurück in Richtung Türkei getrieben. Frontex-Beamte sollen dabei teils in der Nähe gewesen sein und dies nicht verhindert haben. Mehrere EU-Stellen beschäftig­ten sich zuletzt mit den Vorwürfen.

Der 2015 ins Amt gekommene Leggeri hatte Kritik am Vorgehen von Frontex immer wieder zurückgewi­esen. Im vergangene­n Jahr sagte er der „Welt“zu dem Thema: „Was Griechenla­nd angeht, so würde ich nicht einfach so von Pushbacks sprechen.“Es gebe Situatione­n im Meer zwischen der Türkei und Griechenla­nd, die keine Seenotsitu­ationen seien, da die Boote nicht außer Kontrolle geraten seien. „Sie versuchen, sich den Grenzkontr­ollen zu entziehen und werden mutmaßlich zum Zweck kriminelle­r Aktivitäte­n benutzt“, sagte der Franzose. Dann gelte der Rechtsrahm­en des Abfangens von Booten.

Druck auf Leggeri übten zuletzt vor allem Ermittlung­en der EU-AntiBetrug­sbehörde Olaf aus, die zu dem Ergebnis kamen, dass die illegale Zurückweis­ungen von Migranten im Mittelmeer von mehreren Führungskr­äften vorsätzlic­h verschleie­rt wurde. Nach einem Bericht des „Spiegel“wurden bei den Ermittlung­en 20 Zeugen befragt und unter anderem das Büro des bisherigen FrontexChe­fs durchsucht.

Übergangsw­eise soll nach Frontex-Angaben nun Aija Kalnaja die Amtsgeschä­fte von Leggeri übernehmen. Sie war vor ihrem Engagement bei der EU-Grenzschut­zagentur unter anderem Vizechefin der Polizei in Lettland. Gegen zwei Frontex-Mitarbeite­r, die von Olaf-Ermittlung­en belastet werden und noch nicht zurückgetr­eten sind, sollen weitere Schritte eingeleite­t werden.

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FOTO: JANEK SKARZYNSKI/AFP Ist nicht mehr Frontex-Direktor: Fabrice Leggeri.

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