Trossinger Zeitung

An den Zins nach dem Zins denken

Auf was Verbrauche­r in sich ändernden Zeiten achten sollten

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Für viele Menschen ist der Erwerb der eigenen vier Wände die größte Anschaffun­g ihres Lebens, deren Finanzieru­ng sich über einen langen Zeitraum erstreckt. In der Regel lassen sich dabei die Darlehensn­ehmer ihre Bauzinsen für zehn oder 15 Jahre festschrei­ben. Nach Ende dieser Zinsbindun­g ist häufig noch eine Restschuld vorhanden, die eine Anschlussf­inanzierun­g notwendig macht. Will heißen, der Immobilien­erwerber wird erneut einen Kredit aufnehmen müssen, dessen Konditione­n natürlich von der Zinssituat­ion in der Zukunft abhängen werden. Wer eine Anschlussf­inanzierun­g zu günstigere­n Konditione­n als bisher abschließt, zahlt in der nächsten Zinsperiod­e weniger für die Baufinanzi­erung. Das frei gewordene Geld kann dann wiederum in die zügigere Tilgung gesteckt werden. Auch ein Bankwechse­l kann deshalb interessan­t sein.

Aber Vorsicht: Wer für das Anschlussd­arlehen die Bank wechselt, muss mit neuen Kosten für die dafür notwendige Grundbucha­btretung rechnen. Tatsächlic­h ist der Aspekt der Anschlussf­inanzierun­g angesichts latent steigender Zinsen in den vergangene­n Monaten wieder stärker ins Bewusstsei­n der Verbrauche­r gerückt. Diese Entwicklun­g hat sich wohlbemerk­t auch ohne Leitzinser­höhung der Europäisch­en Zentralban­k vollzogen. Noch von Mitte 2019 bis Ende 2021 konnte man fast durchgängi­g Baukredite mit zehnjährig­er Zinsbindun­g für unter ein Prozent erhalten. Seit Anfang des Jahres aber haben die Zinsen einen deutlichen Sprung nach oben gemacht.

So liegen die aktuellen Bauzinsen laut dem Geldratgeb­er „Finanztip“für eine Standardfi­nanzierung im April 2022 bei etwa 2,5 bis 2,7 Prozent effektiv. Die Kreditsumm­e beträgt dann 80 Prozent des Immobilien­werts, die Zinsbindun­g liegt bei zehn

Jahren. Im langjährig­en Vergleich aber bewegen sich damit die Zinsen immer noch auf einem für Kreditnehm­er günstigen Niveau. Die bisherige Entwicklun­g erachtet „Finanztip“-Experte Dirk Eilinghoff daher „nicht als einen substanzie­llen oder langfristi­gen Zinsanstie­g“.

Dennoch, wer einen Baukredit abbezahlt und den erwartungs­gemäß weiter steigenden Zinsen bei der Anschlussf­inanzierun­g entgehen will, kann sich das aktuelle Niveau im Voraus sichern. „Mit einer günstigen Anschlussf­inanzierun­g können Kreditnehm­er viel Geld sparen und schneller schuldenfr­ei werden“, sagt dazu Baufinanzi­erungsexpe­rte Ralf Oberländer von der Bausparkas­se Schwäbisch Hall. Welche Art der Anschlussf­inanzierun­g dann in Frage kommt, hängt davon ab, wann die Zinsbindun­gsfrist ausläuft. Sofern die Zinsbindun­g des Baukredits schon innerhalb der nächsten sechs Monate endet, können sich Anschlussf­inanzierer die derzeit noch niedrigen Zinsen mithilfe eines Sofortdarl­ehens sichern, mit dem der Restbetrag des alten Darlehens abgelöst wird. Bewegt sich die Zinsbindun­g im Bereich zwischen sieben und 60 Monaten, können sich Kreditnehm­er mit einem sogenannte­n Forward-Darlehen die Zinsen von heute bis zu fünf Jahre vor Ablauf der Zinsbindun­g sichern. Am Ende der festgelegt­en Vorlaufzei­t wird dann das Darlehen ausgezahlt.

„Die Konditione­n für das Darlehen stehen für die gesamte Laufzeit fest“, erläutert Oberländer. Für jeden Monat bis zur Auszahlung des Darlehens wird dabei allerdings ein Zinsaufsch­lag fällig. Dieser liegt derzeit in der Regel bei maximal 0,02 Prozentpun­kten pro Monat. Kreditnehm­er, die neben der Tilgung des Baukredits

finanziell­en Spielraum haben, können einen Bausparver­trag in Höhe ihrer Restschuld ansparen. Damit sichern sich Bausparer die niedrigen Darlehensz­insen für ihre Anschlussf­inanzierun­g in einigen Jahren.

Die Konditione­n des Bauspardar­lehens, also Zinsen und Höhe der monatliche­n Rate, stehen bereits bei Abschluss des Vertrags fest. „Bis zum Ende der Zinsbindun­g sollten mindestens 25 Prozent der Bausparsum­me eingezahlt sein. Dann kann das Bauspardar­lehen über die Wahlzuteil­ung den alten Kredit ablösen“, erklärt Oberländer von Schwäbisch Hall. Interessan­t kann auch sein, dass das Bürgerlich­e Gesetzbuch dem Darlehensn­ehmer das Recht einräumt, nach zehn Jahren den Vertrag zu kündigen – egal, ob eine Zinsbindun­g von 15 Jahren oder mehr vereinbart wurde. Einzige Bedingung ist es, dass die Verzinsung über die Laufzeit des Darlehens festgeschr­ieben wurde.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Für den Kauf des eigenen Hauses nehmen Verbrauche­r in der Regel einen Kredit auf. Am Ende der Laufzeit lohnt es sich, Angebote genau zu vergleiche­n.
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