Regierung will Produktion von Biosprit einschränken
Wegen der weltweiten Ernährungskrise sollen mehr Anbauflächen für Nahrungsmittel genutzt werden
BERLIN (dpa) - Die Bundesregierung will nach Angaben von Umweltministerin Steffi Lemke wegen des Ukraine-Kriegs die Nutzung von Agrarprodukten als Kraftstoffzusatz einschränken. Sie arbeite mit dem Landwirtschaftsministerium daran, den Einsatz sogenannter Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen zu reduzieren, sagte die Grünen-Politikerin der „Augsburger Allgemeinen“am Freitag. „Agrarflächen sind weltweit begrenzt, wir brauchen sie dringend für die Ernährung, das führt uns der Krieg in der Ukraine dramatisch vor Augen.“Agrarflächen sollten für die Produktion von Nahrungsmitteln und nicht für den Tank genutzt werden.
Ein Sprecher des Umweltministeriums erklärte am Freitag, dass noch keine konkrete Zahl auf dem Tisch liege. Derzeit werden zur Entlastung der CO2-Bilanz bei Diesel meist sieben Prozent Pflanzenölerzeugnisse zugesetzt und bei Benzin zwischen fünf und zehn Prozent Bioethanol, das meist aus Getreide und Rüben gewonnen wird.
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) hatte zuvor den Umgang mit Biosprit kritisiert: „Es ist nicht nachhaltig, Weizen und Mais in den Tank zu schütten“, hatte er Ende März gesagt. Mit den Flächen, die weltweit dafür verwendet würden, könne man hungernde Menschen ernähren. Auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach sich dafür aus, den Getreideanbau für Biokraftstoffe angesichts der weltweiten Ernährungskrise zurückzufahren.
Nach Angaben des Umweltministeriums gehen in diesem Jahr etwa vier Prozent des gesamten Energieverbrauchs im Straßenverkehr auf Biokraftstoffe zurück, die aus Nahrungsund Futtermittelpflanzen gewonnen werden. „Diese Energiemenge entspricht etwa 9,8 Millionen Tonnen an Rohstoffen wie Weizen, Raps, Mais und Soja“, heißt es dazu auf dpa-Anfrage. Zugleich weist das Ministerium darauf hin, dass nur rund neun Prozent der für die eingesetzten Biokraftstoffe nötigen Mengen an Nahrungs- und Futtermitteln direkt aus Deutschland stammten.
Kritik gab es unter anderem aus der Union. CSU-Energieexperte Andreas Lenz warnte vor einem Verzicht auf Biokraftstoffe und deren Zusatz in Benzin und Diesel: „Biokraftstoffe verringern den Bedarf an fossilen Kraftstoffen deutlich und leisten damit einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und weniger Abhängigkeiten.“Auch die betroffene Branche reagierte mit Ablehnung. „Aufgrund der hohen Agrarpreise wird die Produktion bereits jetzt deutlich eingeschränkt. Die Ministerin will also etwas gesetzlich regeln, auf das der Markt bereits reagiert hat“, kritisierte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB).