Neues Rammstein-Album mit kleinen Abschieden
Auf „Zeit“ist viel die Rede von Vergänglichkeit – Für Skandale taugen die neuen Songs nicht
Etwas Inzest, Angst, dunkle Nächte, Gift im Bett – bei Rammstein zu wenig für den sonst üblichen Skandal. Vieles auf dem neuen Album „Zeit“klingt nach Ende einer Ära. Doch auch harte Riffs können täuschen.
Die elf Titel auf dem neuen Album sind rund 45 Minuten musikalisch erwartbare Rammstein-Songs, was viele aus der riesigen weltweiten Fangemeinde freuen wird. Man war allerdings bei Rammstein auch unabhängig von der Musik deutlich Härteres gewohnt. Das ganze Album ist ohnehin eine Konsequenz von viel Zeit für Reflexion. Auch Rammstein ist nicht härter als Corona. Das Virus bremste die erfolgreiche Stadiontour aus. Statt in ausverkauften Stadien trafen sich Sänger Till Lindemann (59), die Gitarristen Richard Kruspe (54) und Paul Landers (57), Bassist Oliver Riedel (51), Keyboarder Christian „Flake“Lorenz (55) und Schlagzeuger Christoph Schneider (55) Ende 2020 im Studio „La Fabrique“im französischen Saint-Rémyde-Provence.
Die seit Jahren international erfolgreichste deutsche Band scheint sich weiter auf Zustimmung verlassen zu können: Die beiden SingleAuskopplungen „Zeit“und „Zick Zack“landeten nach Veröffentlichung jeweils umgehend auf Platz eins. Es geht diesmal viel um Vergänglichkeit. Pathetisch kommt der Titelsong „Zeit“(„bitte bleib steh’n, bleib steh’n“) daher, Gevatter Tod ist schon ganz nah. „Nach uns wird es
ANZEIGE vorher geben“, singt Lindemann dann, oder „aus der Jugend wird schon Not“. Vieles würde passen für ein finales Album. „Wenn unsere Zeit gekommen ist, dann ist es Zeit, zu geh’n / Aufhören, wenn’s am schönsten ist, die Uhren bleiben steh’n“, heißt es. Der auf dem Album letzte, sehr getragene Song „Adieu“steckt voller Anspielungen auf ein Aus. Ist mit „Sogar die Sonne wird verglüh’n“der seit 20 Jahren bei Konzerten frenetisch gefeierte Erfolgstitel „Sonne“gemeint?
All das kann auch wieder einer der Gags der Band sein, ein Spiel von Erwartung und Enttäuschung. Im Song „Lügen“heißt es: „Niemand traut mir, nicht mal ich.“Und da ist schließlich eine Tour zu Ende zu spielen. Die aufwendige Show muss wohl noch angepasst werden. Die Fans werden kaum ein Konzert ohne Songs des neuen Albums akzeptieren. Auf der Bühne soll es schon sehr bald weitergehen. Auftakt der längst ausverkauften Deutschland-Konzerte ist am 20. und 21. Mai in Leipzig.