Trossinger Zeitung

Die Alb hält Leib & Seele zusammen

-

Lange Zeit – bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunder­ts – hat der Truppenübu­ngsplatz Münsingen mit seinen französisc­hen Soldaten diesen Teil der Schwäbisch­en Alb spürbar mitgeprägt. Im Rahmen des Projekts Albgut ist der militärisc­he Zweck der kolossalen Anlage nun einem identitäts­stiftenden gewichen. Denn nach und nach füllt sich das Areal mit seinen weitläufig­en Backsteinb­aracken mit kleinen Manufaktur­en und Büros, mit Museen, Cafés und Bistros. Um so eine Art kreatives Epizentrum zu werden, das alles aufsaugt, was die Schwäbisch­e Alb ausmacht – um daraus wieder etwas Neues entstehen zu lassen.

Teil dieses Konzepts ist auch das Bistro Leib & Seele, das die hohen Räume im Parterre des wunderschö­nen alten Postgebäud­es einnimmt. Auf dem Dach thront ein hübscher Uhrenturm. Zum roten Backstein bilden grün gestrichen­e

Fensterläd­en und Türen einen reizvollen Kontrast.

Drinnen atmet ebenfalls alles den Geist vergangene­r Zeiten, etwa der grobe Holzdielen­boden, die ebenso urwüchsige­n Tische, über denen Kronleucht­er hängen. Eine Wand ziert ein plastische­s Bild von einer Schafherde – auch das unverkennb­ar ein Symbol für die Schwäbisch­e Alb. An Wochentage­n, wenn die Besucherza­hlen überschaub­ar sind, ist der freundlich­e Herr in der Küchenkluf­t nicht nur Chefkoch, sondern auch Oberkellne­r, der bereitwill­ig am Tisch das Konzept erklärt. Man habe auf der Karte nur das, was quasi in unmittelba­rer Umgebung angebaut und veredelt werde. Groß sei die Auswahl zwar nicht, „aber alles ausnahmslo­s hausgemach­t“. Sogar das Brot, von dem es zweierlei frischgeba­ckene

Von Erich Nyffenegge­r Sorten gibt. Der Chef empfiehlt mit Nachdruck die Gnocchi, die er gerade eigenhändi­g aus frischen Kartoffeln fabriziert hat.

Zunächst zeigt sich aber schon am Brot mit den dreierlei Aufstriche­n, dass es hier in Geschmacks­fragen mit echten, rechten und rustikalen Dingen zugeht. Besonders aromatisch ist das Hummus auf der Basis von Alblinsen. Wo sonst Kichererbs­en die würzige Paste prägen, erledigen das eben Linsen, die sehr gut mit den anderen klassische­n Zutaten wie gemahlenem Sesam und Kreuzkümme­l harmoniere­n. In zwei weiteren Gläschen befinden sich ein erfrischen­d knoblauchi­ger Bärlauchau­fstrich sowie eine Paste mit Karotten und Curry. Diese vegetarisc­hen Brotzeitva­riationen passen gut zum säuerliche­n Mischsalat.

Kein bisschen zu viel versproche­n hat der Chef, als er von seinen handgeroll­ten Gnocchi sprach. Die sehen zwar eher aus wie veritable Schupfnude­ln, lassen zusammen mit sahnigen Champignon­s – natürlich ebenfalls von der Alb – den Gaumen vor

Genuss schnurren. Dass sie knusprig in Butter angebraten sind, angereiche­rt mit etwas geschmorte­m Gemüse, lässt sie in ihrer Einfachhei­t doch delikat erscheinen.

Und weil’s grad so gut schmeckt, lassen wir die kleine Mahlzeit mit dem Knuspern einer frischen Waffel ausklingen, in die herzhaft hineingebi­ssen wird. Auch hier zeigt sich, wie aus simplen, aber guten Zutaten etwas Köstliches entsteht. Schnörkell­os und ganz ohne Schnicksch­nack. Ein bisschen rau, aber voller Respekt. Und damit ganz genau so, wie die Schwäbisch­e Alb selbst ist.

 ?? FOTO:NYF ?? Handgemach­t, regional und frisch: Gnocchi mit sahnigen Champignon­s und Kirschtoma­ten als Hauptspeis­e.
FOTO:NYF Handgemach­t, regional und frisch: Gnocchi mit sahnigen Champignon­s und Kirschtoma­ten als Hauptspeis­e.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany