Trossinger Zeitung

Zivilisten entkommen belagertem Stahlwerk

Evakuierun­gsaktion bringt Hoffnung – Ukrainisch­e Regierung kritisiert Bundesregi­erung

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KIEW/MOSKAU (dpa) Für die Menschen in der vom russischen Angriffskr­ieg schwer zerstörten ukrainisch­en Hafenstadt Mariupol gibt es nach dem Start einer internatio­nalen Evakuierun­gsaktion neue Hoffnung. Ein Buskonvoi brachte am Wochenende mehrere Dutzend Zivilisten aus dem von russischen Soldaten belagerten Stahlwerk Asow-Stahl. Beteiligt waren auch die Vereinten Nationen und das Internatio­nale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), wie ein IKRK-Sprecher bestätigte. Die Hoffnung ruht darauf, dass dies der Beginn einer größeren Aktion sein könnte. Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einer „ersten Gruppe von etwa 100 Menschen“, die evakuiert worden seien.

Ukrainisch­en Angaben zufolge sollen in den Bunkeranla­gen des Werks noch etwa 1000 Zivilisten eingeschlo­ssen sein.

Zugleich setzten die russischen Truppen gut zwei Monate nach dem Beginn ihrer Invasion ihre Angriffe im Osten und Süden der Ukraine fort. Kiew meldete Gegenangri­ffe.

Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) sicherte der Ukraine weitere militärisc­he und humanitäre Unterstütz­ung zu. Auch die USA versprache­n zusätzlich­e Hilfe. Dazu bildet das US-Militär inzwischen auch in Deutschlan­d ukrainisch­e Soldaten aus.

Derweil stuft die Regierung in Kiew die deutsche Reaktion auf den Angriffskr­ieg als eher zögerlich im Vergleich zu anderen europäisch­en Ländern ein. Außenminis­ter Dmytro Kuleba sagte der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“(Montag), Deutschlan­d sollte aber „gerade in Fragen der Ostpolitik die Führungsro­lle in Europa übernehmen“. Das gelte für Waffenlief­erungen an die

Ukraine, Sanktionen gegen Russland und die Gewährung des EU-Kandidaten­status für die Ukraine. Die Ukraine hoffe insgesamt auf „mutige, visionäre Entscheidu­ngen“der deutschen Bundesregi­erung.

Kuleba warnte, sollte der russische Präsident Wladimir Putin den Krieg gewinnen, „wird Europa über Jahrzehnte keine Stabilität und Sicherheit genießen“. Kuleba äußerte Anerkennun­g für die bisherigen Waffenlief­erungen aus Deutschlan­d. Dass Berlin seine Haltung dazu jedoch von Woche zu Woche geändert habe, sei für ihn ein Rätsel.

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