Grünen-Fraktionschefin kritisiert Prominentenbrief
Martin Walser, Alice Schwarzer und andere hatten vor Ausweitung des Ukraine-Krieges gewarnt
BERLIN/STUTTGART (dpa/lsw/ epd) - Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann hat den offenen Brief mehrerer Prominenter mit der Warnung vor einem dritten Weltkrieg durch Waffenhilfe für die Ukraine kritisiert. „Wo sollen ,Kompromisse’ sein, wenn Putin völkerrechtswidrig ein freies europäisches Land überfällt, Städte dem Erdboden gleichgemacht, Zivilisten ermordet werden und Vergewaltigung systematisch als Waffe gegen Frauen eingesetzt wird?“, sagte Haßelmann in einem Interview der „Stuttgarter Zeitung“und „Stuttgarter Nachrichten“.
Niemand mache sich die Entscheidung über Waffenlieferungen einfach. In Politik, Parlament und Gesellschaft müsse darüber debattiert werden. Aber: „Dabei sollte sich niemand anmaßen, über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg entscheiden zu können.“Prominente wie Alice Schwarzer und der Schriftsteller Martin Walser hatten in dem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) appelliert, keine schweren Waffen zu liefern. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin dürfe kein Motiv für eine Ausweitung
des Krieges auf die Nato geliefert werden.
Zu den 28 Erstunterzeichnern gehörten unter anderem auch der Sänger Reinhard Mey, der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar, die Schriftstellerin Juli Zeh sowie die Kabarettisten Dieter Nuhr und Gerhard Polt. Der offene Brief wurde auf der Website des Magazins „Emma“veröffentlicht, jede und jeder kann ihn unterzeichnen.
Der baden-württembergische FDP-Chef Michael Theurer kritisierte den Brief. Er sei „bestenfalls naiv und von intellektueller Traurigkeit“, sagte Theurer der „Stuttgarter Zeitung“und den „Stuttgarter Nachrichten“. Die zentrale Frage, wie die beiden Forderungen des Briefs – keine Waffenlieferungen und Frieden – zusammengebracht werden sollten, bleibe unbeantwortet. „Ohne ukrainische Verteidigungsfähigkeit wird es keinen Frieden geben.“Theurer nannte die Sorge vor einer Eskalation des Krieges berechtigt. „Der Brief der Intellektuellen dürfte in Putins Kreml jedoch als propagandistischer Erfolg verbucht werden und ist deshalb absolut kontraproduktiv.“