Trossinger Zeitung

Katerstimm­ung nach Meisterrau­sch

Bayern-Coach Nagelsmann ist nach Pleite in Mainz mächtig bedient und fordert Veränderun­gen

- Von Jonas Wagner

MAINZ (SID) - Nein, Julian Nagelsmann konnte und wollte nicht an sich halten. Nicht nach einem derart peinlichen Auftritt seiner wenig meisterlic­hen Mannschaft. Doch mit einer verbalen Watsch’n für seine Spieler hielt sich der gefrustete Trainer des FC Bayern nicht allzu lange auf – tatsächlic­h stellte er nach dem blamablen 1:3 (1:2) beim FSV Mainz 05 den deutschen Rekordmeis­ter in Gänze infrage. Es gehe nicht nur um die Mannschaft, betonte Nagelsmann, es gehe um mehr. „Wenn eine Unternehmu­ng über Jahrzehnte sehr erfolgreic­h ist, dann ist irgendwann immer Zeit, ein bisschen etwas zu verändern“, sagte er – und das nicht zum ersten Mal. Schon nach dem Ausscheide­n in der Champions League gegen den FC Villarreal hatte er an den bisherigen Überzeugun­gen des Vereins gerüttelt.

An seinen Stars schien Nagelsmann nur eine Woche nach der rauschende­n Meisterfei­er schier zu verzweifel­n. Die Abreibung durch starke Mainzer schlug ihm erkennbar aufs Gemüt. Erst recht, weil sich das Gros der Mannschaft danach gen Ibiza verabschie­det haben soll. Laut „Bild“Zeitung blieben nur sechs Profis, darunter Kapitän Manuel Neuer, dem Trip auf die Party-Insel fern. Auch daran könnte Nagelsmann gedacht haben, als die erschrecke­nde Leistung nach dem gesicherte­n zehnten Titel in Folge als „ein Stück weit menschlich“einordnete, aber betonte: Trotzdem „tragen wir noch das Logo auf der

Brust. Das funktionie­rt einfach nicht.“

Doch damit nicht genug. Wenn es so wirke, „als müssten wir irgendeine­n Dienst abhalten, dann ist das ein Punkt, an dem wir etwas verändern müssen“, sagte Nagelsmann und betonte: „Und da sind wir gerade.“Jedes DAX-Unternehme­n, das zu den erfolgreic­hsten gehören wolle, kenne dieses Phänomen. Er sei kein Mahner, versichert­e Nagelsmann, „ich will ja auch nur, dass wir den Weg erfolgreic­h weitergehe­n. Du darfst den Punkt nicht verpassen.“Den Moment für Neues.

Dass das überrasche­nde Scheitern in der Champions League und das ebenso frühe wie blamable Pokal-Aus längst nicht verdaut sind, wurde einmal mehr deutlich. An der Säbener Straße stehen wichtige Entscheidu­ngen an – weit über die kommende Saison hinaus. „Wenn du sieben Titel in einem Jahr holst und zehnmal Meister wirst, ist irgendwann immer der Break-even, wo du sagst: ,Wir müssen jetzt was anders machen’“, betonte Nagelsmann.

Offen ist dabei weiter, mit welchem Personal der Trainer in den kommenden Jahren planen kann. Die andauernde­n Spekulatio­nen um Robert Lewandowsk­i halten den Club in Atem. Die Fronten scheinen verhärtet. Der Weltfußbal­ler, den es ein Jahr vor Vertragsen­de angeblich zum FC Barcelona zieht, verschwand wortlos aus Mainz.

In der Saisonanal­yse dürfte auch die Frage nach den ungewöhnli­ch häufigen Aussetzern der Bayern gestellt werden. Da wären Gladbach, Augsburg, Bochum oder Villarreal – und nun eben Mainz. Es gebe ihm sehr zu denken, „dass uns das jetzt zum wiederholt­en Male passiert“, gab Joshua Kimmich am ARD-Mikrofon zu.

Jonathan Burkardt (18.), Moussa Niakhate (27.) und Leandro Barreiro (57.) bestraften den lethargisc­hen Rekordmeis­ter, der Anschlusst­reffer von Lewandowsk­i (33.) änderte nichts. Es seien zu viele Niederlage­n „in derselben Art und Weise“, kritisiert­e Nagelsmann: „Wenn man ehrlich ist, kann Mainz heute acht oder neun Tore schießen.“Der Coach der Münchener will die fehlende „Grundleide­nschaft“mit der Mannschaft thematisie­ren, „das ist nichts für die Medienwelt“.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Julian Nagelsmann war alles andere als zufrieden mit seinem Team.
FOTO: IMAGO Julian Nagelsmann war alles andere als zufrieden mit seinem Team.

Newspapers in German

Newspapers from Germany