Die Hoffnung heißt Relegation
Der offensiv schwache VfB Stuttgart schreibt den direkten Klassenerhalt ab
STUTTGART (SID) - Wettbewerbsverzerrung im Abstiegskampf? Sven Mislintat konterte die Zündelei von Felix Magath mit einem süffisanten Lächeln. „Brauchen wir nicht“, sagte der Stuttgarter Sportchef zu den kritischen Aussagen des einstigen VfBTrainers über den nächsten Gegner, den seltsam spannungsfreien Meister FC Bayern. Magaths Hertha, entgegnete Mislintat säuerlich, „hat es selbst in der Hand – und sollte nicht Bayern München brauchen“.
Ganz anders der VfB. Joker Chris Führich sicherte mit seinem späten Tor (89.) beim 1:1 (0:1) gegen den damit geretteten VfL Wolfsburg einen Punkt – mehr nicht. „Das tut ein bissl weh“, sagte Pellegrino Matarazzo über das magere Unentschieden.
Den direkten Ligaverbleib hat der Trainer angesichts der vier Punkte Rückstand auf Berlin und der schweren Spiele in München und gegen Europacup-Anwärter
Köln abgeschrieben. „Das, was wir in der Hand haben, ist die Relegation“, und gibt schon jetzt die Marschroute für die möglichen Entscheidungsspiele vor: „Darüber den Klassenerhalt schaffen.“
So schmerzhaft sie 2019 war, so reizvoll erscheint dem VfB Stuttgart die Relegation drei Jahre später. Die Lage der Schwaben ist so gefährlich, dass sie die möglichen K.o.-Spiele gegen den Zweitliga-Dritten zunehmend als Chance denn als Bürde empfinden. Schließlich lauert Arminia Bielefeld nur zwei Zähler hinter Stuttgart. Und so gab auch Mislintat das Ziel vor, „diesen 16. Platz zu halten“und danach die Relegation „mit allem, was wir haben“, anzugehen.
Viel hat der VfB nicht, um den vierten Bundesliga-Abstieg nach 1975, 2016 und 2019 noch abzuwenden. Das wurde gegen Wolfsburg deutlich. Matarazzo sah gleich „mehrere Schwachstellen“, vor allem in der Offensive. Kein Wunder: In den vergangenen fünf Spielen ohne Sieg brachten der umworbene Sasa Kalajdzic und Co. gerade mal zwei Tore zustande. Stürzt der VfB wie vor drei Jahren gegen Union Berlin wieder gegen einen Zweitligisten ab? Mislintat sieht einen „Riesenunterschied zu damals: eine sehr, sehr gute Gruppe mit einer hohen Qualität“. Er ist sicher: „Gegen uns zu spielen macht keinem Spaß.“Auch nicht den Bayern? „Es ist klar“, konterte Matarazzo seinen Kollegen Magath, „dass die nicht zweimal in Folge verlieren wollen.“
Wolfsburg dagegen hat sein „Minimalziel“erreicht, wie es Jörg Schmadtke nannte. Der Geschäftsführer
Pellegrino Matarazzo
kündigte daraufhin an, man werde mit Florian Kohfeldt in die neue Saison gehen. Auch der Trainer ist vor den anstehenden Gesprächen „fest davon überzeugt“und versprach: „Wir haben was vor nächstes Jahr!“
Zunächst aber wollte er John Anthony Brooks „in den Arm nehmen“und sich bei ihm für sein wichtiges Tor (13.) bedanken. Der Verteidiger habe trotz seines Abschieds im Sommer „alles, aber auch wirklich alles“gegeben.
Und so stieg der Coach „mit einem guten Gefühl“in den Flieger, wo er erlöst „ein bisschen schlafen“konnte. Ja, gab er wie Schmadtke zu, diese Saison sei „nicht zufriedenstellend“gelaufen, aber „kleinreden lassen“will er sich den „Kraftakt“Klassenerhalt nicht. Warum auch? Was schieflief, betonte Schmadtke, habe „nicht einzig und allein Florian Kohfeldt zu verantworten“. Der 39-Jährige (Vertrag bis 2023) habe die Mannschaft „dahin geführt, wo wir sie am Ende haben wollten“.
„Das, was wir in der Hand haben, ist die Relegation.“