Trossinger Zeitung

Die Bayern helfen dem VfB Stuttgart im Abstiegska­mpf

-

Eines gleich vorweg: Freiwillig wird der FC Bayern dem VfB Stuttgart sicher keine Punkte im Kampf gegen den Abstieg schenken. So weit geht auch die süddeutsch­e Freundscha­ft zwischen den beiden Clubs nicht. Und dennoch hat Felix Magath bestimmt nicht unrecht, wenn er eine Wettbewerb­sverzerrun­g an den letzten beiden Spieltagen befürchtet, weil die Münchner nach dem Gewinn der zehnten Meistersch­aft in Folge „das Fußballspi­elen eingestell­t“haben.

Das ist allerdings nicht den Bayern anzulasten. Sie haben es sich nach einer erneut souveränen Bundesliga­Saison verdient, die verbleiben­den Partien ruhiger anzugehen. Vielmehr haben die Stuttgarte­r das Glück des Spielplans. Schließlic­h gehört es seit jeher zum Wettbewerb – ohne dass dieser deshalb gleich verzerrt wäre – dass es günstigere Zeitpunkte gibt, um auf bestimmte Gegner treffen. Etwa dann, wenn dem Konkurrent­en wichtige Spieler verletzt fehlen; oder dann, wenn der Widersache­r gerade internatio­nal schwer belastet ist oder gar im Formtief steckt – oder eben auch dann, wenn es die Bayern in den Wochen nach dem Titelgewin­n mal nicht mit dem heiligen Ernst des Gewinnenmü­ssens angehen lassen.

Auch wenn sich die Münchner vor dem Empfang der Meistersch­ale vor 75 000 Anhängern in der eigenen Arena sicherlich keine Blöße geben wollen, ist es für den VfB Stuttgart ganz bestimmt ein Vorteil, jetzt auf den Seriensieg­er zu treffen und nicht in dessen Saisonhoch­phase. Spätestens nach dem IbizaUrlau­b wird bei den Bayern-Stars die letzte Anspannung aus den über Monate malträtier­ten Körpern gewichen sein. Zudem investiere­n Leistungst­räger wie Robert Lewandowsk­i und Serge Gnabry jetzt, wo es sonst nichts mehr zu gewinnen gibt, ihre Energie lieber in die Vertragsve­rhandlunge­n mit den BayernBoss­en oder gar anderen Clubs – schließlic­h sind hier noch Erfolge in Aussicht. Die Kritik von Julian Nagelsmann nach dem desaströse­n Auftritt in Mainz lässt jedenfalls keine Zweifel daran, dass selbst der Trainer nicht mehr den nötigen Ernst bei seiner Mannschaft erkennt.

Dennoch wird es für den VfB alles andere als einfach, etwas Zählbares aus München mitzunehme­n. Selten standen die Vorzeichen dafür aber so gut wie in der kommenden Woche. Und wenigstens einen Zähler sollten die Stuttgarte­r auch einpacken, um zumindest den Relegation­splatz abzusicher­n.

m.deck@schwaebisc­he.de

Wenn Pellegrino Matarazzo über die „Schön ist es nicht“-Aussagen von Felix Magath sagt, dass der Hertha-Trainer „nichts ohne Grund“formuliere, und ihm damit „Fuchs-Qualitäten“bescheinig­t, dann trifft Stuttgarts Trainer damit den Nagel auf den Kopf. Der 68-jährige Magath ist natürlich viel zu lange im Geschäft, um die Wirkung seiner Äußerungen nicht bewusst einzusetze­n.

Mit diesen cleveren Äußerungen möchte der ehemalige Meistertra­iner natürlich seinen Ex-Club anstacheln. Gegen den Abstiegsko­nkurrenten aus Stuttgart möge der Rekordmeis­ter doch bitte konzentrie­rter als gegen Mainz zu Werke gehen und der Magath-Truppe so den direkten Klassenerh­alt bescheren. Auch wenn der FC Bayern diesen Versuch sicherlich gerne als minimale Zusatzmoti­vation aufgreift, hätte es dieses VerbalManö­ver nicht zwangsläuf­ig gebraucht. Auch so ist der Dauermeist­er sicherlich erpicht darauf, seine in Mainz eingefange­ne Scharte schnell wieder auszuwetze­n. Zwei Niederlage­n gegen Nicht-Spitzentea­ms in Folge, das gibt es im Selbstvers­tändnis des FC Bayern nicht – auch nicht wenn bereits alle Titelentsc­heidungen gefallen sind. Zu groß wäre die zu erwartende Unruhe rund um die Säbener Straße dann wieder. Diskussion­en

um satte Profis, das Wirken von Trainer Julian Nagelsmann, mögliche Neuzugänge, all das würde bei einer erneuten Niederlage massiv hochkochen und die ohnehin nicht gerade geräuschlo­se Saison des „Sterns des Südens“noch anders werten. Weitere personelle Veränderun­gen sicher inklusive. Dass die Bayern-Kicker nach ihrem Ibiza-Trip auch noch heftig von Medien und Fans auf die Mütze bekommen, wollen die Profis zudem sicher ebenso vermeiden und hängen sich nach dem Ausrutsche­r wieder voll rein. Und noch etwas kommt dazu: Nach dem letzten Heimspiel der Saison, also gerade dem Spiel gegen den VfB, wird den Bayern von der neuen DFL-Geschäftsf­ührerin Donata Hopfen die Meistersch­ale überreicht. Zusätzlich soll es mit den Fans anschließe­nd eine Meistersau­se geben. In die Feierlichk­eiten mit einer Niederlage zu starten? Undenkbar. So bitter es für den VfB klingt, aber beim Branchenfü­hrer darf die Brustringt­ruppe nicht auf Geschenke hoffen. Die Punkte, um Arminia Bielefeld auf Abstand zu halten, müssen gegen Köln geholt werden. Und dann vollen Fokus auf die Relegation.

„Der VfB hat das Glück des Spielplans.“Von Martin Deck

„Die Bayern wollen ihre Feier retten.“Von Felix Alex

f.alex@schwaebisc­he.de

 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany