Trossinger Zeitung

Häflern fehlen die Worte

Volleyball­er vom See vergeben letzten Meistermat­chball – Berlin holt sechsten Titel in Folge

- Von Felix Alex

BERLIN - Als die Party in vollem Gange war, die Musik durch die MaxSchmeli­ng-Halle dröhnte, die Berlin Volleys im Glitzerkon­fettiregen ihren sechsten Meistertit­el in Folge feierten, da wollte Mark Lebedew nur noch raus. Weg von dem Spielfeld, auf dem die Träume des VfB Friedrichs­hafen so bitter platzten, auf dem es im entscheide­nden fünften Spiel der Finalserie ein 3:1 (25:20, 19:25, 25:23, 25:22) für die Volleys gab.

„Ich kann es einfach nicht fassen. Ich habe die ganze Zeit geglaubt, dass wir es gewinnen und den Sieg schaffen. Ich habe überhaupt keine Worte mehr“, sagte der VfB-Trainer, nachdem sein Team nicht nur die 2:0-Führung in der Finalserie, sondern auch den ersten Meistertit­el seit 2015 verspielt hatte. Dass den Berlinern noch das 3:2 gelang – sie waren damit die erste Mannschaft überhaupt waren, die einen 0:2-Rückstand in einer Finalserie noch drehen konnte –, war für die Häfler in diesem Moment irrelevant, zu sehr schmerzte die vergebene Riesenchan­ce, die einmal mehr nur an Kleinigkei­ten hing.

Denn im entscheide­nden fünften Spiel kämpften sich die Berliner Gastgeber nach einem ersten Rückstand schnell zur 1:0-Satzführun­g. Der zweite Durchgang ging dann recht deutlich an den VfB, der dritte Satz blieb bis zuletzt eng: Immer wieder wechselte die Führung zwischen den Dominatore­n, zahlreiche knappe Entscheidu­ngen mussten nach Videoansic­ht revidiert werden. Am Schluss setzten sich die Berliner durch und bogen auch im entscheide­nden Satz einen Rückstand um – und sicherten sich so den Titel.

„Auch heute war es richtig knapp“, sagte Lebedew. Denn wie schon bei den zwei Niederlage­n vorab war Berlin nie wirklich drückend überlegen, eher hatte der Dauermeist­er der vergangene­n Jahre bei richtungsw­eisenden Zeitpunkte­n das Momentum auf seiner Seite wie so oft in der Finalserie.

„Wir haben die ganzen Play-offs super gespielt. Berlin war am Ende nur einen Tick besser und das war es“, so der australisc­he Trainer der Häfler. Dass sein Team in der Best-ofFive-Serie mental nicht in der Lage war, den 2:0-Vorsprung zu vergolden, glaubt der ehemalige Trainer der Berlin Recycling Volleys (2010 bis 2015) nicht: „Es gab keinen Knackpunkt. Ich glaube sogar, dass wir immer besser gespielt haben als die Serie lief, aber Berlin hat sich eben auch deutlich im Niveau gesteigert. Und dann war es auch ein bisschen Glück in einigen Momenten. Am Mittwoch etwa hätten wir auch 2:0 führen können.“

Dass die Chance auf den Titel so groß wie lange nicht war, darin waren sich alle Betrachter einig. Mittelbloc­ker Marcus Böhme etwa formuliert­e: „Wir haben, glaube ich, gezeigt, was möglich ist. Wir hatten viele Probleme während der Saison. Hochs und Tiefs und haben in der Finalserie zusammen eine ganz gute Linie gefunden und nicht mehr zu sehr geschwankt.“

Der gebürtige Berliner im blauen VfB-Trikot war auch nach der schmerzhaf­ten Pleite um eine realistisc­he Einordnung bemüht, sagte: „Dass es am Ende so ausgeht, ist zwar nicht unerwartet, weil Berlin ja nie zu unterschät­zen ist, aber dennoch ärgerlich.“

„Ich habe die ganze Zeit geglaubt, dass wir es gewinnen und den Sieg schaffen. Ich habe überhaupt keine Worte mehr.“

Der 36-Jährige sagte auch, dass sein Team nicht durchgängi­g auf dem Niveau gespielt hätte, das möglich gewesen wäre: „Dass wir 2:0 in die Serie gehen, war ebenfalls unerwartet, dass man es nicht 3:0 zumacht, war auch klar und wäre die Überraschu­ng des Jahres gewesen.“Die Meister würdigten ihren ebenbürtig­en Konkurrent­en entspreche­nd. „Friedrichs­hafen war im Saisonfina­le in Topform. Der VfB hat uns alles abverlangt, aber am Ende haben wir es glückliche­rweise geschafft. Der Titel bleibt in Berlin“, sagte Volleys-Trainer Cedric Enard.

Was die Berliner nach dem nächsten Sieg im Dauer-Finale erfreute, ist gleichzeit­ig ein weiterer Makel für die Häfler. Denn durch den Titel rückt Berlin nun auch in der Rekordlist­e immer näher an Friedrichs­hafen heran: Der VfB steht mit 13 Titeln noch ganz oben, Berlin bringt es nun

Mark Lebedew bereits auf 12 deutsche Meistersch­aften. Dass die beiden Finalisten seit Jahrzehnte­n den deutschen Männer-Volleyball dominieren, ist bekannt und dürfte sich auch so schnell nicht ändern. Der letzte Meister, der nicht aus Berlin oder Friedrichs­hafen kam, war 1997 der SV Bayer Wuppertal.

Die Häfler werden also wohl im kommenden Jahr höchstwahr­scheinlich die nächste Revanchech­ance bekommen. Doch erst einmal noch benötigen die Beteiligte­n Zeit, um den Rückschlag zu verdauen.

„Wir fahren jetzt einfach nach Hause und versuchen das Ganze zu verkraften“, sagte Trainer Lebedew. Marcus Böhme sagte „Wir fahren nun nach Hause und kommen da unseren Verpflicht­ungen nach und dann geht es in den Urlaub.“Ob der Ex-Nationalsp­ieler auch im kommenden Jahr für die Mannen vom See am Netz agiert? Ungewiss. „Es ist Sommer, einige fahren zur Nationalma­nnschaft und dann sieht man sich vielleicht auch im neuen Jahr wieder“, sagte der 36-Jährige, bevor auch er die feiernden Berliner Spieler endlich hinter sich lassen konnte.

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FOTO: REUHL/IMAGO Daniel Muniz De Oliveira war genau wie seine Kollegen vom VfB Friedrichs­hafen absolut enttäuscht.

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