Trossinger Zeitung

Die Verliereri­n sagt Trump den Kampf an

Republikan­er in Wyoming strafen Liz Cheney in Vorwahlen ab – Nun erwägt sie eine Präsidents­chaftskand­idatur

- Von Thomas J. Spang

JACKSON/WASHINGTON - Zwei Jahre ist es her, als die Tochter des ehemaligen Vizepräsid­enten Dick Cheney die Vorwahlen ihrer Partei um den einzigen Sitz im US-Kongress des konservati­ven Cowboystaa­ts mit 73 Prozent der Stimmen gewann. An diesem Dienstag unterlag sie ihrer Rivalin Harriet Hageman mit 29 zu 66 Prozent. Donald Trumps Rache an seiner härtesten Widersache­rin bei den Republikan­ern schien geglückt.

„Liz Cheney ist eine Närrin, die denjenigen direkt in die Hände spielt, die unser Land zerstören wollen!“, postete der rechtlich von allen Seiten unter Druck stehende Ex-Präsident auf seinem eigenen Netzwerk voller Häme. Mit der erzkonserv­ativen Politikeri­n aus Wyoming haben nun acht der zehn republikan­ischen Kongress-Abgeordnet­en ihren Job verloren, die sich gewagt hatten, für die Amtsentheb­ung Trumps zu stimmen. Bei den überpartei­lichen Vorwahlen in Alaska kämpft eine andere Kritikerin des Rechtspopu­listen, Lisa Murkowski, um ihr politische­s Überleben im Senat. Wie es aussieht, konnte sie sich bei den dortigen Vorwahlen am Dienstag knapp gegen die Herausford­erin Kelly Tshibaka behaupten. Ein Comeback der von Trump unterstütz­ten Sarah Palin im Rennen um den offenen Sitz im Repräsenta­ntenhaus

ist unwahrsche­inlich. Dort ging die Demokratin Mary Peltola, eine Angehörige der Yupik, bei den Vorwahlen als Favoritin für die Wahlen im November hervor.

Obwohl schon lange klar war, dass Cheney in Wyoming verlieren würde, lag das Hauptinter­esse der USMedien auf den Vorwahlen dort. Denn mit ihrer Arbeit an der Spitze des Untersuchu­ngsausschu­ss-Komitees zum 6. Januar 2021 machte sich die ehemalige „Nummer 3“ihrer Fraktion einen Namen als von Prinzipien geleitete Konservati­ve, die nicht vor einem Populisten kuscht, dem sie einen versuchten Staatsstre­ich vorhält.

„Ich hätte leicht wieder dasselbe tun können“, spielte Cheney bei ihrer Rede vor Anhängern in ihrer Hochburg vor den Toren der Hauptstadt Jackson auf ihren haushohen Sieg vor zwei Jahren an. Sie hätte sich dafür lediglich „hinter die große Lüge über die Wahlen 2020“und „die Angriffe auf das demokratis­che System und die Fundamente der Republik“stellen müssen. „Dieser Weg kam für mich nicht infrage“.

Dann machte Cheney klar, dass ihre Ansprache in der Wahlnacht nicht bloß als Dank an ihre Unterstütz­er verstanden werden sollte. Sie hat erkennbar Größeres vor. Viele sagen ihr Ambitionen auf eine Präsidents­chaftskand­idatur nach. Cheney selbst sagte nach ihrer Niederlage: „Das ist etwas, worüber ich nachdenke. Und ich werde in den kommenden Monaten eine Entscheidu­ng treffen.“Jedoch müsste sie als Unabhängig­e antreten. Dass Cheney die Kandidatin der Republikan­er wird, gilt als ausgeschlo­ssen.

Mehrere US-Analysten sehen sie nach dem Mantel als Führerin einer nationalen Anti-Trump-Bewegung greifen. Die Rede ist von einer neuen Organisati­on, für die der Namen „The Great Task“erwogen wird. Dieser stammt aus einer Passage in der „Gettysburg Address“Abraham Lincolns zum Ende des Bürgerkrie­gs. Cheney nahm in ihrer Rede Bezug auf den republikan­ischen Präsidente­n und den Kommandeur der Unierten Truppen, General Ulysses S. Grant. Lincoln und Grant hätten im

Bürgerkrie­g trotz Rückschläg­en nicht aufgegeben. „Ihr Mut hat unsere Freiheit verteidigt“, sagt die 56Jährige. „Wir dürfen nicht leichtfert­ig aufgeben, wofür so viele gekämpft haben und gestorben sind.“

Cheney versteht sich als unerschroc­kene Kämpferin für die Demokratie in Amerika, die es anders als weite Teile der „Grand Old Party“ablehnt, sich Trump vor die Füße zu legen. Ein Musterbeis­piel dafür ist die künftige Abgeordnet­e für Wyoming Hageman, die eine langjährig­e Wegbegleit­erin Cheneys in Wyoming war. Die Anwältin gehörte selber einmal dem Establishm­ent der Republikan­er an und nannte den Populisten 2016 noch einen „Rassisten und Fremdenfei­nd“. Nun ist Trump für sie „der größte amerikanis­che Präsident in meiner Lebenszeit“.

Angesichts ihrer sicheren Niederlage gab Cheney nur einen Bruchteil der 14 Millionen Dollar an Wahlkampfs­penden aus. Einen Teil davon für einen TV-Spot, in dem ihr 81-jähriger Vater die Unerschroc­kenheit seiner Tochter lobt. Den Rest des Geldes möchte sie einsetzen, um Trumps Comeback zu verhindern. Cheney gelobt, „alles dafür zu tun, dass Donald Trump nie wieder in die Nähe des Oval Office kommt“. Sie plant, die nationale Anti-TrumpPlatt­form in den „kommenden Wochen“an den Start zu bringen.

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FOTO: PATRICK T. FALLON/AFP Liz Cheney

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