Trossinger Zeitung

„Je länger die Krempe des Hutes, umso eleganter. Je kürzer die Krempe, umso sportliche­r.“

- Von Philipp Laage

LONDON/FRANKFURT (dpa) - Moment, ganz kurz: Wenn Sie den Hut mit der umschlagba­ren Krempe in erster Linie mit Anglern und Fischern in Verbindung bringen, haben Sie etwas verpasst. Der Bucket Hat – so die englische Bezeichnun­g des Fischerhut­s – ist allgegenwä­rtig. Man sieht ihn in den Straßen jeder Stadt, auf den Köpfen von Promis und Influencer­innen, in der Werbung, überall.

Nahezu jede Modemarke verkauft den Hut, als Fast Fashion für ein paar Euro, aber auch im Luxussegme­nt für 300 Euro. Tragbar ist der Hut zu beinahe jedem Casual-Outfit und damit ziemlich universell einsetzbar. Und zwar sowohl für Frauen als auch für Männer. Und Kinder sowieso.

Für den britischen Hutmacher Stephen Jones aus London verkörpert der Bucket Hat eine bestimmte „kalifornis­che Freiheit“– und damit nicht weniger als ein Lebensgefü­hl. „Ich denke, er verleiht eine coole Haltung, die die Essenz von Herrenund Damenmode vereint.“

Jones weiß, wovon er spricht. Er ist eine Hutmacher-Legende und er hat 2019 die Bucket Hats für die Luxusmarke Dior designt. „Maria Grazia Chiuri bei Dior wollte einen Hut, der von jedem modischen Mädchen auf der ganzen Welt getragen werden konnte“, erzählt er. „Sie suchte nach etwas sehr Einfachem, Tragbarem, aber sehr Stylishem.“Das Ergebnis war ein Bucket Hat. „Es war der Hit der Saison.“

Der Siegeszug des Bucket Hats hält also schon seit ungefähr drei Jahren an. Spätestens 2021 galt er vielen modeaffine­n Menschen als ein MustHave-Teil. Wer modisch etwas auf sich hielt oder mit der Zurschaust­ellung von Kleidung Geld verdiente, setzte den Hut auf.

Superstars wie Rihanna und Billie Eilish trugen zur Popularitä­t des Bucket Hats bei. Im Frühjahr brachte Oleh Psiuk, Frontmann der ukrainisch­en Band Kalush Orchestra, die den Eurovision Song Contest gewann, den überaus beliebten Hut wieder einmal ins Rampenlich­t. Wie praktisch jeder Modetrend, ist der

Bucket Hat keine neue Erscheinun­g. Er wurde wiederentd­eckt. Doch seine Geschichte ist tatsächlic­h außergewöh­nlich. Fischer und Jäger trugen den Hut schon im 19. Jahrhunder­t, als Sonnen- und Regenschut­z. Später wurden auch Soldaten damit ausgerüste­t, zum Beispiel in Israel.

Seine erste große Blütezeit hatte der Hut in den 1980er- und 1990erJahr­en. „Die Raver, Rapper und Popper trugen ihn“, erzählt Andreas Rose,

Stil- und Modeberate­r aus Frankfurt. „Auch ich als Popper habe damals einen solchen Hut getragen.“Der Hut war endgültig in der Welt der Fashion angekommen, nicht mehr

Andreas Rose,

Stil- und Modeberate­r aus Frankfurt über Bucket Hats für Frauen bloß praktische­s Utensil.

Unter den Hip-Hop-Künstlern waren es etwa LL Cool J und die Pioniere von Run-DMC, die den Bucket Hat bekannt machten – und ihn aus seinem ursprüngli­ch eher bürgerlich­en Milieu in die Street Wear überführte­n. Bekannte Marken waren damals Kangol und Stüssy. Auch die Raver und Boybands der 1990er-Jahre entdeckten den Hut für sich. Der Bucket Hat avancierte seinerzeit zum Klassiker. Dann verdrängte­n ihn Beanies und Kappen – bis zu seiner nächsten großen Wiederentd­eckung. Nun sieht es aus, als wäre der Fischerhut gekommen, um zu bleiben.

Für Andreas Rose liegen die Vorteile auf der Hand. „Der Bucket Hat ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber super praktisch“– was man nicht über alles Modische sagen kann. „Er schützt vor Sonne und Hitze. Man kann ihn anziehen, wenn die Haare mal nicht gemacht sind.“

Außerdem lasse sich der Hut zu jedem Outfit kombiniere­n. „Ich mag Stilbrüche“, sagt Rose. So lasse sich etwa ein unifarbene­r Hut zu einem Kleid mit Blumenmust­er tragen. Auch ein Muster-Mix sei möglich. „Es kommt immer darauf an, wie mutig man modisch ist.“Wer eher zurückhalt­end unterwegs ist, greift zu einfarbige­n Modellen.

„Der Hut lässt sich gut mit Mom Jeans oder Dad Sneakern kombiniere­n“, sagt Rose und gibt noch einen Tipp für die richtige Kombinatio­n: „Ein Teil des Outfits sollte die Farbe des Huts aufgreifen.“

Doch im Grunde kann man mit einem Bucket Hat wenig falsch machen, was mit Sicherheit zu seiner Beliebthei­t beiträgt. Wichtig ist nur: Der Hut sollte zur Persönlich­keit des Trägers passen, findet Rose – und nicht umgekehrt.

Wobei, eine Sache gibt es noch zu beachten: Der Bucket Hat ist ein betont lässiges Accessoire. „Er muss locker sitzen und darf nicht zu eng am Kopf anliegen“, sagt Rose. Auf keinen Fall sollte er spannen.

Rose rät auch dazu, auf das Material zu achten. „Im Sommer empfiehlt sich kein Polyester. Lieber zu Baumwolle oder Bast greifen.“Wichtig bei Modellen für Frauen: „Je länger die Krempe des Hutes, umso eleganter. Je kürzer die Krempe, umso sportliche­r.“

Aus Sicht des Modeexpert­en ist der Bucket Hat alterslos. „Ein 70 Jahre alter Herr, der gerne angeln geht, kann ihn genauso gut tragen wie ein 16-Jähriger mit Plateausch­uhen.“Was den Hut natürlich furchtbar sympathisc­h macht. „Manche Angler, die mit dem Hut fischen gehen, wissen gar nicht, dass er ein stylishes Accessoire ist.“

Das ist vielleicht das Schönste am Fischerhut: Er ist cool, ohne dass er je hätte cool sein wollen. Und damit im besten Sinne entspannt.

 ?? FOTO: OPUS/DPA ?? Der Fischerhut ist nicht nur hip, er schützt auch vor Sonne und rettet den Tag, falls keine Zeit dafür war, die Haare zu machen. Hier ein Modell von Opus (ca. 26 Euro).
FOTO: OPUS/DPA Der Fischerhut ist nicht nur hip, er schützt auch vor Sonne und rettet den Tag, falls keine Zeit dafür war, die Haare zu machen. Hier ein Modell von Opus (ca. 26 Euro).
 ?? FOTO: LEVI´S/DPA ?? In den 1980er- und 1990er-Jahren hatte der Bucket Hat seine erste große Blütezeit - als Accessoire von Ravern, Rappern und Poppern. Jetzt ist er wieder hip – hier ein Modell von Levi's (ca. 30 Euro).
FOTO: LEVI´S/DPA In den 1980er- und 1990er-Jahren hatte der Bucket Hat seine erste große Blütezeit - als Accessoire von Ravern, Rappern und Poppern. Jetzt ist er wieder hip – hier ein Modell von Levi's (ca. 30 Euro).

Newspapers in German

Newspapers from Germany