Ampel und Union kritisieren Kubicki
FDP-Vize fordert Öffnung von Pipeline Nord Stream 2 – Russland klemmt Nord Stream 1 ab
BERLIN/KIEW (dpa/AFP) - FDP-Vize Wolfgang Kubicki ist mit seiner Forderung nach Öffnung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zur Verbesserung der Gasversorgung in Deutschland auf scharfen Widerspruch innerhalb der Ampel-Koalition und auch seitens der Union gestoßen. Von führenden Liberalen und den Koalitionspartnern SPD und Grüne wurde der Vorstoß am Freitag deutlich zurückgewiesen. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner ging auf Distanz. Er halte den Vorschlag für „falsch und abwegig“, sagte eine Sprecherin Lindners in Berlin. Aus Kiew meldete sich der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Er nannte den Vorstoß auf Twitter „total irrational“. Kubicki ignoriere die „verheerenden Folgen“, die damit verbunden wären.
Russland kündigte unterdessen an, Gaslieferungen über Nord Stream 1 Ende August für drei Tage zu unterbrechen. Vom 31. August bis zum 2. September werde wegen Wartungsarbeiten kein Gas durch die Pipeline nach Deutschland fließen, teilte der Konzern Gazprom mit. In den drei Tagen müsse die einzige funktionierende Turbine der Kompressorstation Portowaja überholt werden. Danach sollten täglich wieder 33 Millionen Kubikmeter Erdgas geliefert werden. Das entspricht jenen 20 Prozent der Maximalleistung, auf die Russland die Lieferungen – wegen angeblicher Reparaturen – schon vor Wochen verringert hat.
Kubicki hatte zuvor gefordert: „Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen.“Er hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zudem gesagt, es gebe „keinen vernünftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu öffnen“. Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin dann doch nicht mehr Gas liefere, habe Deutschland nichts verloren. „Kommt auf diesem Weg mehr Gas bei uns an, vielleicht sogar die komplette vertraglich zugesicherte Menge, wird das helfen, dass Menschen im Winter nicht frieren müssen und unsere Industrie nicht schweren Schaden nimmt.“Dafür zu sorgen, sei oberste Pflicht der Regierung. Aus diesem Grund seien andere Pipelines aus Russland ja nicht gekappt worden. Zudem könne Nord Stream 2 wieder geschlossen werden, wenn die Gasspeicher gefüllt seien.
Gegenwind kam von allen Seiten. Grünen-Chef Omid Nouripour wies die Forderung als sinnlos zurück. Wenn Putin nicht liefere, dann liefere er eben nicht, sagte er. „Es ist völlig egal, wie viele leere Pipelines da gerade offen sind.“Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD, sagte t-online: „Einmal mehr übernimmt Herr Kubicki die russische Propaganda und macht sich zum Handlanger Putins.“Es mangle nicht an Röhren, sondern am Willen Putins, Deutschland ordentlich mit Gas zu versorgen, erklärte auch NordrheinWestfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Zustimmung kam indes von der AfD. Der Europapolitiker Maximilian Krah schrieb auf Twitter, dass Kubicki „unsere außenpolitische Positionierung“übernehme. AfD-Chef Tino Chrupalla forderte: „Nord Stream 2 starten!“