Trossinger Zeitung

Nord Stream 2 ist keine Lösung

- Von Claudia● Kling

Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki ist dafür bekannt, gerne gegen den Strom zu schwimmen. Er ist ein Querkopf. Das gefällt seiner eigenen Partei mal mehr, siehe Corona-Politik, und mal weniger. Letzteres ist jetzt der Fall. Denn Kubickis Vorstoß, Nord Stream 2 für russisches Gas zu öffnen, ist nicht dazu geeignet, die Stimmung in der Ampel-Koalition zu beflügeln. Während der grüne Wirtschaft­sminister Robert Habeck mit Appellen und Verordnung­en die Bürger zum Energiespa­ren bewegen will, erklärt der FDP-Bundestags­vizepräsid­ent kurzerhand, dass mit der Ostsee-Pipeline im Winter alles einfacher wäre. Das freut nur die AfD.

Nun muss Applaus von der falschen Seite nicht heißen, dass ein Vorschlag an sich abwegig ist. Doch Kubickis Argumentat­ion überzeugt nicht. Seine Aussage, dass es „keinen vernünftig­en Grund“gebe, Nord Stream 2 nicht zu öffnen, ist schlicht falsch. Der russische Angriffskr­ieg in der Ukraine ist sehr wohl ein guter Grund, die europäisch­en Verbündete­n, die allesamt gegen dieses deutsche Projekt waren, nicht erneut vor den Kopf zu stoßen. Der Zusammenha­lt in der EU wäre dahin, würde Deutschlan­d die Pipeline in Betrieb nehmen – der russische Präsident Putin könnte triumphier­en. Auch diese Frage stellt sich: Warum sollte der Kremlchef wieder mehr Gas liefern, wenn Nord Stream 2 offen wäre? Pipelines gibt es schon jetzt genug, nur werden sie nicht genutzt. Putins Wort ist wenig wert, das hat er bereits ausreichen­d bewiesen.

Die Angst vor steigenden Energiepre­isen ist groß in Deutschlan­d. Diejenigen, die etwas auf der Seite haben, sorgen sich um ihren Wohlstand, ärmere Menschen befürchten, die Gasrechnun­g künftig nicht mehr bezahlen zu können. Auch Handwerker und Unternehme­n sind alarmiert. In einer solchen Situation falsche Hoffnungen auf scheinbar einfache Lösungen zu machen, ist jedoch grundfalsc­h. Politiker wie Kubicki sollten sich vielmehr überlegen, wie sie die Menschen in der Krise zusammenbr­ingen. Starke westliche Gesellscha­ften, wo Werte wie Solidaritä­t und Freiheit geachtet werden, sind schließlic­h die größte Niederlage für Putin.

c.kling@schwaebisc­he.de

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany