Bahnverkehr bleibt eingeschränkt
Krankheiten und Bauarbeiten dünnen Fahrpläne aus – Ärger über alte Dieselloks auf Südbahn
STUTTGART - Wochenlang sind auf vielen Zugstrecken im Land Verbindungen ausgefallen – vor allem wegen Krankheitsfällen, wie das Verkehrsministerium erklärt hatte. Damit sollte am Freitag Schluss sein, doch Besserung ist kaum in Sicht. Zudem seien Bauarbeiten das Hauptproblem, erklären Zugunternehmen. Probleme gibt es auch beim Material. So verkehren auf der Südbahn mitunter Uralt-Dieselloks statt E-Triebwagen. Die Details im Überblick:
Was ist da los?
Das Verkehrsministerium hatte vor zwei Wochen angekündigt, dass Züge auf vielen Strecken im Land ausfallen. Als Gründe hatte Minister Winfried Hermanns (Grüne) Ministerialdirektor Berthold Frieß „hohe Krankheitsausfälle, Infrastruktureinschränkungen und hitzebedingte Materialschäden“genannt und erklärt: „Auf Linien mit hohem Krankenstand wird der Fahrplan gezielt für zunächst maximal einen ZweiWochen-Zeitraum ausgedünnt.“Dieser Zeitraum endete am Freitag.
Wo gab es Einschränkungen? Auf ziemlich allen Strecken im Land. So erklärt etwa die SWEG, in der seit Januar das Unternehmen Abellio aufgegangen ist, dass aktuell 30 von 115 Zügen auf Brenz- und Donaubahn ausfielen. „Da aber hauptsächlich die kurzen Züge zwischen Ulm und Langenau ausfallen, bedeutet dies, dass ,nur’ 13 Prozent der Zugkilometer ausfallen“, erklärt ein Sprecher.
Eine Sprecherin von Go Ahead Baden-Württemberg spricht sogar von einer „großen Anzahl an Verspätungen und teilweise Zugausfällen auf GABW-Strecken seit Anfang Juni“, nicht erst seit zwei Wochen. Das Unternehmen befördert Fahrgäste etwa auf der Filstalbahn (Stuttgart – Ulm), der Murrbahn (Stuttgart – Schwäbisch-Hall-Hessental) und der Remsbahn (Stuttgart – Aalen).
Wie viele Verbindungen der DB Regio ausgefallen sind, führt das Unternehmen auf Anfrage nicht aus. Klar ist aber, dass unter anderem die Südbahn (Ulm – Bodensee), die Bodenseegürtelbahn und die Gäubahn (Stuttgart – Singen) betroffen waren.
Woran lag es denn nun?
Sowohl Go Ahead als auch SWEG verweisen auf Bauarbeiten entlang der Strecken, für die das Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn, die DB-Netze, verantwortlich ist. „Grund für die Einschränkungen im SWEG-Zugverkehr sind nach wie vor andauernde Störungen an der Schieneninfrastruktur, vor allem im Bahnhof Unterelchingen“, erklärt etwa der SWEG-Sprecher.
Auch eine Sprecherin von DB Regio spricht vornehmlich von Bauarbeiten – auf der Gäubahn etwa für den zweigleisigen Ausbau auf manchen Abschnitten. Auf der Bodenseegürtelbahn rolle der Verkehr indes gut, sagt sie. Es könne lediglich vorkommen, dass nicht zwei, sondern nur ein Zugteil eingesetzt werde – wegen einer großen Menge an Material, das gewartet werden müsse.
Wie geht es weiter?
Es wird auch weiter Zugausfälle geben, erklärt die DB Regio. So gelte der eingeschränkte Fahrplan auf der Südbahn weiter bis 4. September, auf einer Verbindung der Allgäubahn verkehre am Abend zwischen Aulendorf und Kißlegg ein Bus statt eines
Zugs. Auf der Strecke zwischen Ulm und Donaueschingen gebe es mitunter reduzierte Kapazitäten. Als Grund nennt die DB Regio hier nun „erhöhte Krankenstände bei Fahrund Werkstattpersonal“.
Für Brenz- und Donaubahn hat die SWEG den eingeschränkten Fahrplan bis Dienstag verlängert. Ab Mittwoch solle der „reguläre Normalfahrplan“gelten, so der Sprecher. Es könne aber weiter zu Einschränkungen und Ausfällen kommen.
Alle Unternehmen verweisen auf aktuelle Informationen, auch zu Ausfällen, auf ihren Webseiten.
Warum fahren auf der elektrifizierten Südbahn Dieselloks?
Das wollte auch Holger Großhardt aus Eriskirch am Bodensee wissen und hat sich ans Ministerium gewandt. Er bezeichnet es als „Skandal“, dass aktuell sogar Loks aus den 1960er- und 1970er-Jahren verkehrten, „unerträglicher Lärm und Abgasgestank“inklusive. „Grundsätzlich muss gesagt werden: Das Land ist nicht zufrieden mit der aktuell dargebotenen Qualität der DB Regio“, vor allem in den Regionen Donau-Iller, Bodensee-Oberschwaben und Bodensee-Hochrhein, erklärt eine Sprecherin Hermanns. Der Minister habe sich bereits bei der Bahn vor Ort, im Bundesvorstand und beim Bundesverkehrsministerium beschwert und Besserung angemahnt. Seit dem Frühsommer seien Dieselloks auf der Südbahn als Ersatz für beschädigte E-Triebwagen im Einsatz – wie schon in den ersten Monaten nach der Elektrifizierung ab vergangenem Dezember.
Da das Land die Zugverbindungen bestellt und Anforderungen vertraglich festsetzt, kann es die Unternehmen sanktionieren. Fällt ein Zug aus, werde er nicht vergütet, so Hermanns Sprecherin. Ist das Angebot eingeschränkt, sind etwa weniger Waggons als vereinbart unterwegs, zieht das Land Geld ab. Gleiches gilt, wenn die Qualität mangelhaft ist – etwa wegen Verspätungen, ausgefallenen Toiletten oder Verschmutzung. Diese Sanktionen seien eine große Belastung, „sodass in aller Regel die Unternehmen sehr daran interessiert sind, Zugausfälle, Kapazitätseinschränkungen oder Qualitätsmängel möglichst zu vermeiden.“
Sind die Summen, die das Land einbehält, dieses Jahr besonders groß? Was passiert damit?
Laut der Sprecherin fließt das Geld in die Verbesserung des Schienenverkehrs im Land – etwa für Zusatzzüge in der Urlaubszeit, oder auch für Sicherheitspersonal. Wie viel Geld in diesem Jahr zusammenkommt, sei erst im Herbst kommenden Jahres klar, erklärt ein Sprecher Hermanns. In der Tendenz zeige sich aber bereits, „dass wir deutlich über den Vorjahren liegen“.