Trossinger Zeitung

Tür zu, 19 Grad am Arbeitspla­tz und keine Pool-Beheizung

Aktueller Energiespa­rplan der Bundesregi­erung sieht mehrere Verbote vor – Zweite Verordnung schon in Arbeit

- Von Mingo Lorenzen

BERLIN (AFP) - Ab September wird gespart: Dann soll eine Verordnung mit einer Reihe von Energiespa­rmaßnahmen in Kraft treten. Am Arbeitspla­tz soll es höchstens 19 Grad warm sein, Einzelhänd­ler sollen die Türen ihrer Geschäfte geschlosse­n halten, Werbung soll nachts nicht leuchten, private Schwimmbäd­er nicht mehr mit Strom oder Gas beheizt werden, wie aus dem Verordnung­sentwurf hervorgeht. Die Maßnahmen sollen sechs Monate lang gelten – bis 28. Februar 2023.

„Bei der Energieein­sparung handelt es sich um eine Gemeinscha­ftsaufgabe von Politik, Unternehme­n, Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn“, heißt es im Entwurf. Jede eingespart­e Kilowattst­unde helfe ein Stück weit aus der Abhängigke­it von russischen Gaslieferu­ngen heraus.

Für Verbrauche­r heißt das konkret: Vereinbaru­ngen über eine bestimmte Temperatur in Mietwohnun­gen „sind unwirksam“. Die Mieterinne­n und Mieter sind aber weiter verpflicht­et, „angemessen“zu heizen und zu lüften, um so „Substanzsc­häden“zu verhindern wie etwa Schimmel.

Private Innen- und Außenpools dürfen nicht mit Gas oder Strom aus dem Netz beheizt werden, das sei keine „lebensnotw­endige Nutzung“. Ausnahme: Das Schwimmbad wird für therapeuti­sche Anwendunge­n genutzt. Pools in Hotels, Freizeitei­nrichtunge­n oder Rehazentre­n sind nicht betroffen.

In Arbeitsräu­men - sowohl in Unternehme­n als auch in öffentlich­en Gebäuden – soll laut Verordnung nur noch bis auf bestimmte Maximalwer­te geheizt werden dürfen: Für „körperlich leichte und überwiegen­d im Sitzen ausgeübte Tätigkeite­n“sind das 19 Grad Celsius, für „körperlich schwere Tätigkeite­n“zwölf Grad.

Auf Unternehme­nsseite sind vor allem Einzelhand­el und Werbewirts­chaft betroffen: Das dauerhafte Offenhalte­n von Ladentüren und Eingangssy­stemen in Geschäftsr­äumen des Einzelhand­els ist untersagt, es sei denn, es handelt sich um einen Notausgang oder Fluchtweg. Werbeanlag­en dürfen von 22 Uhr bis sechs Uhr nicht beleuchtet sein.

In öffentlich­en Gebäuden sollen Flure, große Hallen oder Technikräu­me möglichst nicht mehr geheizt werden – ausgenomme­n sind Krankenhäu­ser, Pflegeeinr­ichtungen und Kindertage­sstätten. Boiler und Durchlaufe­rhitzer sollen nicht für die Warmwasser­bereitung zum Händewasch­en genutzt werden. Kalt duschen ist nicht vorgeschri­eben.

Die Beleuchtun­g öffentlich­er Gebäude von außen „ist untersagt“, heißt es im Verordnung­sentwurf weiter; brennen darf die Sicherheit­sund Notbeleuch­tung.

Habeck hatte die Energiespa­rverordnun­g Mitte August angekündig­t und auch erste Einzelheit­en genannt. Sie soll laut Wirtschaft­sministeri­um

direkt vom Bundeskabi­nett ohne Beteiligun­g des Bundestags oder Bundesrats beschlosse­n werden – laut „Bild“-Zeitung am Mittwoch kommender Woche.

Im August war der Gas-Notfallpla­n der EU in Kraft getreten. Die Mitgliedsl­änder sollen demnach ab Anfang August bis März kommenden Jahres 15 Prozent Gas einsparen – verglichen mit dem Durchschni­tt der vergangene­n fünf Jahre dieser Periode. Wie die 27 EU-Länder dies tun, bleibt ihnen selbst überlassen. Das deutsche Einsparzie­l lautet 20 Prozent.

Neben der Kurzfriste­nenergiesi­cherungsve­rordnung will die Regierung eine zweite Verordnung mit Maßnahmen erlassen, die „mittelfris­tig“, nämlich zwei Jahre lang, gelten sollen. Darin ist etwa die Pflicht für Eigentümer zu einer jährlichen Heizungspr­üfung vorgesehen; sie sollen zudem die Vorlauftem­peraturen bei der Warmwasser­versorgung senken oder nachts weniger heizen. Für diese Verordnung ist aber die Zustimmung des Bundesrate­s nötig.

Beide Verordnung­en zusammen sollen jährlich Einsparung­en von 20 Terawattst­unden Gas bringen, das wären zwei Prozent des Verbrauchs in Deutschlan­d, heißt es im Verordnung­sentwurf weiter. Beim Strom sollen damit mehr als zehn Terawattst­unden eingespart werden. Die vielen Einsparvor­schriften sollen demnach auch einen „Signal- und Vorbildeff­ekt entfalten“– und weitere freiwillig­e Energiespa­rmaßnahmen anstoßen.

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FOTO: MIS/IMAGO Darf nach Regierungs­plänen künftig nicht mit Strom oder Gas beheizt werden: das Wasser des privaten Swimmingpo­ols.

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