Der Inflation hilflos ausgeliefert?
Manche Lebensmittelhersteller tricksen beim Packungsinhalt – Hohe Mietnebenkosten teilweise erst mit Verzögerung
BERLIN - In Großbritannien liegt die Inflation schon bei zehn Prozent, in Deutschland könnte es bald genauso kommen. Worauf man in Zeiten stark steigender Preise besonders achten sollte und wie Sparen funktionieren kann – ein Überblick.
Was sind die Tricks der Lebensmittelhersteller?
Höhere Energiekosten, gestiegene Rohstoffpreise – auch Lebensmittelproduzenten müssen mit der allgemeinen Teuerung zurechtkommen und sind gezwungen, die Preise für ihre eigenen Produkte zu erhöhen. Der Trick, zu dem das Unternehmen Haribo bei seinem Klassiker, den Goldbären, griff, grenzt aber an Verbrauchertäuschung. Den Preis von 99 Cent behält das Bonner Unternehmen bei, steckt aber weniger Bärchen in die Packung, sodass der Inhalt jetzt 175 statt wie früher 200 Gramm beträgt. Ähnlich macht das der Knabberartikelhersteller Intersnack bei seinen Ültje-Erdnüssen und Waschmittelproduzent Henkel bei seinem Weichspüler Vernel.
Bei der Verbraucherzentrale Hamburg geht man davon aus, dass es sich um „die erste Welle versteckter Preiserhöhungen“handelt. „Der Höhepunkt kommt erst noch.“Inzwischen gibt es sogar ein eigenes Wort für die Mogelei: „Shrinkflation“– eine Kombination aus dem englischen Begriff to shrink (schrumpfen) und Inflation.
Welche Tücken lauern bei der Nebenkostenabrechnung?
Zwei Beweggründe gibt es in der Regel für Verbraucher, um Energie zu sparen: zum einen um die Umwelt nicht unnötig zu belasten, zum anderen um durch das Reduzieren des Gas- oder Stromverbrauchs den Geldbeutel zu schonen.
Für Mieterinnen und Mieter besteht aber ein Problem: Die Nebenkosten, die sie aktuell für ihre Wohnungen bezahlen, entsprechen in den meisten Fällen nicht annähernd den stark steigenden Energiekosten. Dass die Gaspreise gerade durch die Decke gehen, spüren erst einmal nur ihre Vermieter. Natürlich geben diese die Kosten weiter, aber in den meisten Fällen erst mit einer Verzögerung von bis zu einem Jahr. Einen
richtigen Überblick über ihre Energiekosten erhalten Mieterinnen und Mieter also erst im Frühjahr oder Sommer 2023, wenn sie von den Vermietern ihre Nebenkostenabrechnungen erhalten und die Abschlagszahlungen deutlich erhöht werden.
Sicherlich haben manche das alles bereits im Blick und drosseln im Herbst und Winter vorausschauend
die Heizung. Andere dagegen sind vielleicht immer noch der Meinung, dass es mit den Nebenkosten ja gar nicht so schlimm ist. Sie heizen weiter wie gewohnt – und erleben im kommenden Jahr eine böse Überraschung. Hausbesitzer und Mieter mit Gasetagenheizung sind dagegen in einer anderen Situation. Sie kennen in der Regel die Vertragsbedingungen
mit ihrem Gasversorger und sehen den Effekt, wenn sie ihren Verbrauch anpassen.
Wofür wird immer noch viel Geld ausgegeben?
Klar: Die sogenannte Kauflaune ist derzeit auf einem Tiefpunkt. Zurückkehren wird sie, wie der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands
Deutschland (HDE), Stefan Genth, der „Schwäbischen Zeitung“sagt, wohl erst, „wenn die Politik überzeugende Signale gibt“, etwa indem sie Menschen mit geringem Einkommen und in Schwierigkeiten geratene Unternehmen entlastet. Aber es gibt auch Branchen, denen die aktuelle Krise nichts anhaben kann. „Höherwertige Waren liefen zuletzt teilweise gut“, betont der HDE-Geschäftsführer. Luxusgüterkonzerne wie LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy), Hermes oder Prada meldeten im ersten Halbjahr große Umsatzzuwächse und hohe Gewinne. Zu den Branchen, die von Konsumzurückhaltung ebenfalls wenig spüren, gehören die großen deutschen Autohersteller wie Mercedes und VW.
Auch Energiekonzerne, die nicht von russischem Gas abhängig sind, fahren in der Krise prächtige Gewinne ein. Bei Herstellern von warmer Kleidung ist das noch nicht so klar. „Wie sich die Rahmenbedingungen auf die Nachfrage nach Winterbekleidung auswirken, werden wir sehen“, gibt sich Genth abwartend.
Wie kann man beim Einkaufen und bei der Energie sinnvoll sparen?
Erdbeeren, Spargel – Lebensmittel, die etwas teurer sind, blieben im Frühsommer in den Regalen liegen. Viele Kunden dürften stattdessen zum Apfel oder zur Möhre gegriffen haben. In eine ähnliche Richtung gehen Einkaufsempfehlungen von Verbraucherschützern. Ihre Tipps lauten: verstärkt auch in „Bückzonen“greifen, dort befinden sich oft die günstigeren Angebote; sogenannte Rettertüten kaufen, in denen sich Obst und Gemüse befindet, das wegen seines Aussehens nicht so gut verkäuflich ist, aber noch schmeckt.
Wer darüber hinaus sparen will, kann schauen, ob sich ein Versicherungswechsel lohnen könnte. Außerdem empfehlen Verbraucherschützer den Kauf von Gebrauchtwaren – das tut nicht nur dem Geldbeutel gut, sondern schont auch die Rohstoffressourcen. Beim Energiesparen ist die „Katzenwäsche“– also kürzer und seltener duschen – bereits ein großes Thema. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gibt weitere Ratschläge: Ein Problem seien oft ungedämmte Heizungsrohre im Keller. Auch das Dämmen der Kellerdecke könne sinnvoll sein, heißt es. Diejenigen, die „eine Installateurin oder einen Installateur organisieren“könnten, sollten einen hydraulischen Abgleich der Heizung vornehmen lassen. Dieser optimiert die Wasserzirkulation und sorgt dafür, dass die richtige Wassermenge durch die Heizkörper fließt.