Trossinger Zeitung

Bleibende Erinnerung­slücken

Bundeskanz­ler Olaf Scholz bestreitet weiter Einflussna­hme bei Cum-Ex-Verfahren

- Von Markus Klemm und Martin Fischer

HAMBURG (dpa) - Olaf Scholz ist pünktlich. Um 14.02 Uhr begrüßt der Bundeskanz­ler sowohl den SPD-Vorsitzend­en des Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft zum Cum-Ex-Skandal als auch den CDUSchrift­führer per Handschlag, ehe er sich am Freitag im Plenarsaal des Rathauses auf seinen gewohnten Platz setzt. „Ich freue mich, nach langer Zeit wieder in Hamburg zu sein, ganz besonders an diesem Platz“, eröffnet der frühere Hamburger Bürgermeis­ter seinen inzwischen zweiten Auftritt vor dem Ausschuss.

Auch diesmal soll er als Zeuge bei der Klärung der Frage helfen, ob er oder andere führende SPD-Politiker Einfluss auf die steuerlich­e Behandlung der in den Cum-Ex-Skandal verwickelt­en Warburg Bank genommen haben. Scholz geißelt zunächst CumEx-Geschäfte im Allgemeine­n - „das ist nichts anderes als Steuerbetr­ug“– betont dann, dass er sich sein gesamtes politische­s Leben für ein gerechtes Steuersyst­em einsetze.

Er wiederholt, was er schon bei seiner ersten Vernehmung im April vergangene­n Jahres gesagt hat. „Ich habe auf das Steuerverf­ahren Warburg keinen Einfluss genommen.“Diesmal fügt er noch an, er habe die Hoffnung, dass die Mutmaßunge­n und Unterstell­ungen, die „durch nichts und niemanden gestützt“würden, nun langsam aufhören.

Hintergrun­d der Anschuldig­ungen der Opposition sind drei Treffen von Scholz mit den Gesellscha­ftern der Warburg Bank, Christian Olearius und Max Warburg, in den Jahren 2016 und 2017. Nach den ersten Treffen hatte die Hamburger Finanzverw­altung trotz ursprüngli­ch anderer Pläne Rückforder­ungen von zu Unrecht erstattete­r Kapitalert­ragssteuer in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Bank verjähren lassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden ein Jahr später erst kurz vor der Verjährung und auf Weisung des Bundesfina­nzminister­iums zurückgefo­rdert.

Scholz hatte die Treffen bei seiner ersten Vernehmung zwar eingeräumt, aber angegeben, sich an Inhalte nicht mehr erinnern zu können. Das sei nach wie vor so, sagt der Kanzler. Gleichzeit­ig betont er, dass er Treffen zwischen Bürgermeis­ter und Bankern für angemessen halte. Außerdem hätten die Ausschussu­ntersuchun­gen

seither bestätigt, was er schon damals gesagt habe: „Es hat keinerlei politische Einflussna­hme gegeben.“

Die Frage des CDU-Abgeordnet­en Götz Wiese, ob nicht schon sein Rat an Olearius eine Einflussna­hme gewesen sei, ein Schreiben zur Lage der Bank an den damaligen Finanzsena­tor und heutigen Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er (SPD) zu schicken, weist Scholz zurück. „Können Sie das begründen?“, fragt Wiese. „Das muss ich nicht“, antwortet Scholz. „Ich bitte Sie darum“, hakt Wiese nach. „Ich will nicht“, antwortet Scholz.

Wie schon im April tun sich die Abgeordnet­en extrem schwer mit dem Zeugen Scholz. Wieder und wieder befragen sie ihn und erhalten doch immer wieder nur die gleichen Antworten: Daran könne er sich nicht erinnern, das sei ihm nicht bekannt, das wisse er nicht.

Klar sei aber: „Es hat keine Vorzugsbeh­andlung von Herrn Warburg oder Herrn Olearius gegeben.“Scholz betont auch: „Der Freien und Hansestadt ist kein finanziell­er Schaden in dieser Angelegenh­eit entstanden.“Die Steuerschu­lden seien zurückgefo­rdert und auch bezahlt worden – allerdings war 2016 noch gar nicht klar, dass dies möglich ist. Die Rückforder­ung wurde erst später nach einer entspreche­nden Gerichtsen­tscheidung erhoben und die Warburg Bank geht nach wie vor dagegen juristisch vor.

 ?? ??
 ?? FOTO: DANIEL BOCKWOLDT/AFP ?? Vor der Befragung: Bundeskanz­ler Olaf Scholz am Freitag in Hamburg.
FOTO: DANIEL BOCKWOLDT/AFP Vor der Befragung: Bundeskanz­ler Olaf Scholz am Freitag in Hamburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany