Bleibende Erinnerungslücken
Bundeskanzler Olaf Scholz bestreitet weiter Einflussnahme bei Cum-Ex-Verfahren
HAMBURG (dpa) - Olaf Scholz ist pünktlich. Um 14.02 Uhr begrüßt der Bundeskanzler sowohl den SPD-Vorsitzenden des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal als auch den CDUSchriftführer per Handschlag, ehe er sich am Freitag im Plenarsaal des Rathauses auf seinen gewohnten Platz setzt. „Ich freue mich, nach langer Zeit wieder in Hamburg zu sein, ganz besonders an diesem Platz“, eröffnet der frühere Hamburger Bürgermeister seinen inzwischen zweiten Auftritt vor dem Ausschuss.
Auch diesmal soll er als Zeuge bei der Klärung der Frage helfen, ob er oder andere führende SPD-Politiker Einfluss auf die steuerliche Behandlung der in den Cum-Ex-Skandal verwickelten Warburg Bank genommen haben. Scholz geißelt zunächst CumEx-Geschäfte im Allgemeinen - „das ist nichts anderes als Steuerbetrug“– betont dann, dass er sich sein gesamtes politisches Leben für ein gerechtes Steuersystem einsetze.
Er wiederholt, was er schon bei seiner ersten Vernehmung im April vergangenen Jahres gesagt hat. „Ich habe auf das Steuerverfahren Warburg keinen Einfluss genommen.“Diesmal fügt er noch an, er habe die Hoffnung, dass die Mutmaßungen und Unterstellungen, die „durch nichts und niemanden gestützt“würden, nun langsam aufhören.
Hintergrund der Anschuldigungen der Opposition sind drei Treffen von Scholz mit den Gesellschaftern der Warburg Bank, Christian Olearius und Max Warburg, in den Jahren 2016 und 2017. Nach den ersten Treffen hatte die Hamburger Finanzverwaltung trotz ursprünglich anderer Pläne Rückforderungen von zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuer in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Bank verjähren lassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden ein Jahr später erst kurz vor der Verjährung und auf Weisung des Bundesfinanzministeriums zurückgefordert.
Scholz hatte die Treffen bei seiner ersten Vernehmung zwar eingeräumt, aber angegeben, sich an Inhalte nicht mehr erinnern zu können. Das sei nach wie vor so, sagt der Kanzler. Gleichzeitig betont er, dass er Treffen zwischen Bürgermeister und Bankern für angemessen halte. Außerdem hätten die Ausschussuntersuchungen
seither bestätigt, was er schon damals gesagt habe: „Es hat keinerlei politische Einflussnahme gegeben.“
Die Frage des CDU-Abgeordneten Götz Wiese, ob nicht schon sein Rat an Olearius eine Einflussnahme gewesen sei, ein Schreiben zur Lage der Bank an den damaligen Finanzsenator und heutigen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zu schicken, weist Scholz zurück. „Können Sie das begründen?“, fragt Wiese. „Das muss ich nicht“, antwortet Scholz. „Ich bitte Sie darum“, hakt Wiese nach. „Ich will nicht“, antwortet Scholz.
Wie schon im April tun sich die Abgeordneten extrem schwer mit dem Zeugen Scholz. Wieder und wieder befragen sie ihn und erhalten doch immer wieder nur die gleichen Antworten: Daran könne er sich nicht erinnern, das sei ihm nicht bekannt, das wisse er nicht.
Klar sei aber: „Es hat keine Vorzugsbehandlung von Herrn Warburg oder Herrn Olearius gegeben.“Scholz betont auch: „Der Freien und Hansestadt ist kein finanzieller Schaden in dieser Angelegenheit entstanden.“Die Steuerschulden seien zurückgefordert und auch bezahlt worden – allerdings war 2016 noch gar nicht klar, dass dies möglich ist. Die Rückforderung wurde erst später nach einer entsprechenden Gerichtsentscheidung erhoben und die Warburg Bank geht nach wie vor dagegen juristisch vor.