Trossinger Zeitung

Tote bei heftigen Unwettern in Europa

Böen rasen mit 200 Stundenkil­ometern über Korsika – Zehntausen­de Haushalte in der Steiermark ohne Strom

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OFFENBACH/PARIS/WIEN (dpa) Der Deutsche Wetterdien­st (DWD) warnt vor ergiebigem Dauerregen im Südosten des Landes. An der Grenze zu Österreich könne es bis Samstagmor­gen auch „extrem ergiebigen Dauerregen“geben, sagten die Meteorolog­en voraus. Im Nordosten Deutschlan­ds sind vereinzelt starke Gewitter möglich. Derweil wurden bei heftigen Unwettern im Mittelmeer­raum und in Österreich mindestens zwölf Menschen getötet.

Allein auf der französisc­hen Mittelmeer­insel Korsika kamen am Donnerstag fünf Menschen ums Leben, in einer vorläufige­n Bilanz war zunächst von sechs Toten die Rede gewesen. In der Toskana wurden ein Mann und eine Frau nahe Lucca sowie in der Küstenstad­t Carrara von umstürzend­en Bäumen getroffen, wie Medien berichtete­n. In anderen Landesteil­en von Frankreich und Italien richteten Unwetter ebenfalls Schäden und Überschwem­mungen an. Schwere Unwetter forderten in Österreich fünf Menschenle­ben und legten den Verkehr im Süden des Landes lahm. Für den Süden Bayerns und Teile Baden-Württember­gs warnt der DWD vor den Folgen extremen Dauerregen­s. Am Alpenrand galt bis Samstagmor­gen eine Unwetterwa­rnung vor extrem ergiebigem Dauerregen bis 140 Liter pro Quadratmet­er. In weiteren Teilen Bayerns und dem äußersten Südwesten Baden-Württember­gs sind laut DWD 50 bis 80 Liter pro Quadratmet­er möglich. Folgen könnten Überflutun­gen von Kellern und Straßen, Hochwasser in Bächen und Flüssen und Überschwem­mungen von Straßen und Erdrutsche sein. Die Bevölkerun­g wurde aufgerufen, Fenster und Türen zu schließen.

Nach Wochen der Dürre und teils schwerer Waldbrände sagte der Deutsche Wetterdien­st für Freitag auch örtlich starke, zum Teil schwere Gewitter mit Starkregen im Osten und Nordosten voraus. Vereinzelt könne es Hagelschau­er und Windböen geben. Zum Abend sollten weitere Schauer- und Gewitterwo­lken vom Westen und Nordwesten her aufziehen.

Über die französisc­he Mittelmeer­insel Korsika zogen am Donnerstag

Böen mit einer Geschwindi­gkeit von mehr als 200 Kilometern pro Stunde, 45 000 Haushalte waren dort zeitweise ohne Strom. Auch in anderen Teilen Frankreich­s wie in Marseille gab es Unwetter und überflutet­e Straßen.

Frankreich­s Innenminis­ter Gérald Darmanin hielt sich seit Donnerstag­abend auf Korsika auf. „Wir haben vielverspr­echende Neuigkeite­n, was die lebensgefä­hrlich verletzten Menschen angeht“, sagte er am Freitag mit Blick auf die rund 20 Verletzten nach dem Sturm. Außerdem seien keine weiteren Opfer im Meer entdeckt worden.

Der Wetterdien­st habe zwar vor den Unwettern am Donnerstag­morgen gewarnt. Es sei aber nur mit Windgeschw­indigkeite­n von 100 und nicht von 220 Kilometern pro Stunde gerechnet worden, die binnen weniger Minuten erreicht wurden. Dies sei ein sehr ungewöhnli­ches Phänomen. Der Katastroph­enfall solle zügig ausgerufen werden, damit Betroffene schnell von den Versicheru­ngen entschädig­t werden könnten.

Für den Norden Italiens bis Südtirol und weite Teile Mittelital­iens galt eine Unwetterwa­rnung. Einige Menschen erlitten bei den heftigen Stürmen mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde und starkem Regen Verletzung­en

– wie etwa auf einem Campingpla­tz im toskanisch­en Marina di Massa, als dort Bäume umfielen. Der Regionalpr­äsident der Toskana, Eugenio Giani, teilte auf Twitter ein Video aus der Küstenstad­t Piombino, auf dem ein Riesenrad vom starken Wind herumgedre­ht wurde. Auf anderen Fotos waren von Bäumen zerquetsch­te Autos und verwüstete Strände zu sehen. „Leider ist es noch nicht vorbei“, sagte Luigi D'Angelo vom italienisc­hen Zivilschut­z der Zeitung „La Stampa“(Freitag). Von den Unwettern betroffen seien der Nordosten und die Mitte. Kalte Luft aus Nordeuropa, die auf warme Luft im Mittelmeer­raum treffe, seien der Grund für die heftigen Wolkenbrüc­he, erklärte der Physiker und Klimaexper­te Antonio Navarra der Zeitung „Corriere della Sera“(Freitag).

Italien scheint mittlerwei­le zweigeteil­t: Während der Norden und Teile der Mitte des Stiefels von Stürmen und Starkregen betroffen sind, lodern im Süden und auf den Inseln weiter zahlreiche Wald- und Buschbränd­e.

Wie Polizei und Rotes Kreuz in Österreich mitteilten, stürzten am Donnerstag an einem kleinen Badesee in St. Andrä im Bundesland Kärnten mehrere Bäume um. Zwei Mädchen im Alter von vier und acht Jahren starben, elf Menschen wurden teils schwer verletzt. „Es hat uns alle völlig unerwartet erwischt“, erzählte ein Augenzeuge der „Kleinen Zeitung“. Badegäste seien von dem orkanartig­en Sturm umgeweht worden.

Weiter nördlich wurden im niederöste­rreichisch­en Gaming drei Frauen bei einer Wanderung von einem Baum erschlagen, wie die Polizei mitteilte. Laut dem staatliche­n meteorolog­ischen Dienst ZAMG wurden am Donnerstag Sturmgesch­windigkeit­en bis zu 139 Stundenkil­ometern gemessen.

In der Steiermark waren Zehntausen­de Haushalte von der Stromverso­rgung abgeschnit­ten, da Hochspannu­ngsleitung­en und 2000 Trafostati­onen beschädigt waren. „Vielfach müssen sich unsere Kollegen den Weg zu den Reparatura­rbeiten mit der Motorsäge freischnei­den“, sagte ein Sprecher von Energie Steiermark dem Sender ORF. Die Behebung aller Schäden könne Tage, wenn nicht Wochen dauern.

Auch am Tag nach dem Unwetter mit fünf Todesopfer­n blieben einige Bahnverbin­dungen im Süden von Österreich unterbroch­en. Die Südautobah­n (A 2), die wegen umgestürzt­er Bäume und Stromausfä­llen in Tunneln gesperrt worden war, war laut dem Autobahnbe­treiber Asfinag am Freitag wieder befahrbar.

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FOTO: MARKUS ANGERER/APA/DPA Das Bild zeigt Schäden an einer Stromleitu­ng in der Nähe von Graz. Bei heftigen Unwettern in Österreich und im Mittelmeer­raum sind mehrere Menschen getötet worden.
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FOTO: PASCAL POCHARD-CASABIANCA/AFP/DPA Camper packen die Reste ihrer zerstörten Zelte und andere Gegenständ­e auf dem französisc­hen Campingpla­tz Sagone ein.

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