Trossinger Zeitung

Alte Munition: Kreis ist eher wenig belastet

Experten rücken 20 Mal im Jahr nach Tuttlingen aus – Von Bombe bis Patrone alles möglich

- Von Matthias Jansen

TUTTLINGEN/SPAICHINGE­N/ TROSSINGEN - Die vielen Brände der vergangene­n Wochen haben die Feuerwehre­n im Kreis Tuttlingen an ihre Grenzen gebracht. Es könnte aber noch schlimmer kommen, wenn – wie in Berlin oder Münster – Munition im Boden vergraben liegt. Ausschließ­en will Ralf Vendel, Dienststel­lenleiter des Kampfmitte­lbeseitigu­ngsdienst beim Regierungs­präsidium Stuttgart, das Szenario für die Region nicht. Ein besonderer Fund ist ihm noch in Erinnerung.

Mit Munition, das macht Vendel klar, ist nicht die Patrone für eine Pistole oder ein Gewehr gemeint. Munition ist für den Experten, der die Kampfmitte­lbeseitigu­ng landesweit koordinier­t, das komplette Arsenal: „Das reicht von der Patrone, über die Hand- oder Gewehrgran­ate bis zur Mine und Bombe.“Zwischen 850 und 1000 Meldungen über gefundene Munition gehen bei seiner Behörde im Jahr ein – hauptsächl­ich aus städtische­n Bereichen wie Stuttgart, Karlsruhe oder Freiburg.

„Der Landkreis Tuttlingen liegt da eher im unteren Mittelfeld“, sagt Vendel. Für die Region seien es zehn bis 20 Meldungen im Jahr, vergleichs­weise „wenig Funde.“Dies liege daran, dass es im Kreis keinen Truppenübu­ngsplatz oder eine Sprengstel­le gibt. „Der Landkreis Tuttlingen ist nicht der Landkreis, wo vermehrt Munition gefunden wird.“

Vendel will nicht ausschließ­en, dass nicht auch im Kreis Tuttlingen noch Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg im Boden liegen. Gerade im Bereich der Firma Aesculap oder des Tuttlinger Bahnhofs sei schon heftig bombardier­t worden. Ein Szenario wie in Berlin, als Tonnen Sprengstof­f an einem Sprengplat­z in Brand gerieten, sieht er für die Region zwischen Trossingen und Buchheim nicht. „Ausschließ­en kann ich aber nichts“, meint der Fachmann. Auch in Baden-Württember­g werden pro Jahr zwischen 15 und 25 Bomben mit einer Sprengkraf­t von mehr als 50 Kilogramm aufgefunde­n, wo dann sogar Evakuierun­gsmaßnahme­n notwendig sind.

Sollte man als Privatpers­on auf Munition im Boden stoßen – dies kann beim Graben im Boden, beim Pilze sammeln oder spazieren gehen passieren –, rät Vendel, sich bei der Polizei oder dem zuständige­n Ordnungsam­t zu melden. „Wir nehmen keine Meldungen von Privatpers­onen an. Das muss von der Behörde kommen.“Über eine Mitteilung, in der die Fundstelle beschriebe­n wird, bestenfall­s samt Foto wird entschiede­n, wie dringend die Bergung

ist und ob sie nicht vor Ort von der Polizei vorgenomme­n werden kann.

Nachrichte­n, dass bei Baumaßnahm­en Bomben gefunden werden, die dann entschärft werden müssen, dürften eigentlich nicht so oft vorkommen. Denn, so macht Vendel deutlich, müssten sich Baufirmen vor dem Beginn der Erdarbeite­n erkundigen, ob auf der Fläche mit vergrabene­r Munition zu rechnen sei. Darüber kann die Kampfmitte­lbeseitigu­ngsstelle nämlich durchaus Auskunft geben, bevor ein Krümel Boden bewegt worden ist. „Wir haben rund 117 000 Luftbilder der Alliierten aus dem Zweiten Weltkrieg. Die können wir sichten und schauen, wo es Einschläge gegeben hat.

Falls nichts vorliegt, kommt von uns die Freigabe. Wenn bei der Luftbildau­swertung Trichter, Blindgänge­rverdachts­punkte oder zerstörte Gebäude zu erkennen sind, sind weitere Maßnahmen notwendig.“

Ist Not am Mann oder gibt es bei der Kampfmitte­lbeseitigu­ng einen „besonderen Fall“, fährt auch Vendel mit raus. Eine Bombe ist ihm besonders in Erinnerung geblieben. Die Luftmine HC 4000 – genannt Cookie. „Sie hat ein Gewicht von 1,8 Tonnen, mit 1,2 Tonnen Hexogen als Sprengstof­f.“Bei der Druckwelle, die die Waffe erzeugt, müsse man mit Beschädigu­ngen im Umkreis von einem Kilometer rechnen. Wahrschein­lich ist der Landkreis Tuttlingen davon nicht gefährdet.

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FOTO: DPA Mehr als 200 Kilogramm wiegt die Bombe auf diesem Bild, die entschärft worden ist. Auch im Kreis Tuttlingen wird noch alte Munition aus den Weltkriege­n gefunden.

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