Nach dem Urlaub wieder in Tritt kommen
Unmotiviert statt tatendurstig – Wie man dem Post-Holiday-Syndrom vorbeugt und erholt in den Alltag startet
Spätestens mit dem viel zu frühen Weckerklingeln am ersten Arbeitstag nach dem Urlaub ist die Laune bei vielen im Keller. Aber muss das so sein oder lässt sich das Motivationsloch, auch als Post-Holiday-Syndrom bekannt, umgehen?
Eine kleine Entwarnung: Beim Post-Holiday-Syndrom handele es sich um ein normales Stimmungsund Leistungstief und nicht etwa um eine Krankheit, so Robin Kaufmann vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG). „Es ist nichts anderes als ein Umschalten vom Urlaubs- in den Arbeitsmodus, der unserem Körper schwerfällt, da wir noch in der Entspannung sind.“Laut Professor Dirk Windemuth, Direktor des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG), sind Menschen nach dem Urlaub in erster Linie müde, ähnlich wie man es von Montagen kennt. Sie müssen sich an den neuen Schlaf-Wach-Rhythmus erst wieder gewöhnen, was aber in der Regel nur wenige Tage dauert.
Auch wenn das Post-HolidaySyndrom also nicht dramatisch ist, kann man Lustlosigkeit und Überforderung gut vorbeugen. „Wenn ich schon in einem Stresstunnel bin, kann ich mir keine Alternativen mehr überlegen“, sagt Dirk Windemuth. Daher empfiehlt es sich, den Wiedereinstieg schon vor dem Urlaub zu planen. Kaufmann rät etwa, erst in der Wochenmitte zurückzukehren an den Arbeitsplatz. Das verkürzt die erste Arbeitswoche. Bestimmte Prozesse sollten im Idealfall
vor der Auszeit abgeschlossen werden, etwa wichtige Projekte oder Präsentationen. Ein weiterer Tipp: Die Abwesenheitsnotiz einfach für ein paar Tage länger ansetzen, damit erst einmal in Ruhe die bereits vorhandenen E-Mails abgearbeitet werden können.
Auch im Urlaub selbst kann man etwas für einen gelungenen Wiedereinstieg im Job tun. Allerdings rät Kaufmann strikt davon ab, zwischendurch schnell die Mails zu checken. Die zunehmende Entgrenzung von Freizeit und Arbeit führe nachweisbar zu Stress. Besser setze man im Urlaub auf entspannungsfördernde Aktivitäten.
Mit voll aufgetankten Akkus sei man den erneuten Anforderungen im Job viel besser gewachsen. Am ersten Tag sollte man sich laut Professor Windemuth dann bewusst Freiräume schaffen. Er regt an, beispielsweise ein Schild an die Tür zu hängen: Urlaubsrückkehrer im Dienst. Das signalisiert so viel wie „Stören Sie jetzt bitte nicht, der muss wieder in seine Arbeit reinfinden“.
Der Körper brauche seine Zeit zum Umschalten, sagt Kaufmann. „Deshalb sollte man in den ersten Tagen verstärkt Pausen einbauen oder auch kürzer arbeiten, um die Entspannung des Urlaubs mit in die ersten Tage nach der Auszeit zu nehmen.“Ein Bild aus dem Urlaub aufzustellen, um schöne Erinnerungen wachzuhalten, kann dem Psychologen zufolge die Stimmung aufhellen.
Wichtig und motivationssteigernd sei aber auch ein positiver Blick in die Zukunft: Worauf kann ich mich denn freuen? Das können die Kollegen und tolle Projekte sein, aber auch Verabredungen mit Freunden
oder ein geplanter Ausflug. Solche Aussichten können dem Frust darüber, wieder arbeiten zu müssen, etwas entgegensetzen. Viel wichtiger findet Dirk Windemuth, Motivationslöchern längerfristig vorzubeugen. Es sei vor allem Aufgabe des Betriebes, eine Präventionskultur zu schaffen, in der Mitarbeitende nicht gleich nach dem Urlaub wieder total erschöpft sind. Dazu gehöre etwa ein Arbeitsalltag, in dem nicht Besprechung auf Besprechung folgt. Denn dann kommen Beschäftigte oft gar nicht mehr dazu, Aufgaben zu erledigen oder vernünftig zu delegieren.
Doch was, wenn ich in einer Branche oder Firma arbeite, in der ich mir einen sanften Wiedereinstieg nach dem Urlaub eigentlich nicht leisten kann? Weil das Arbeitspensum hoch oder unberechenbar ist oder sogar Personalmangel herrscht und Leistung ab Tag eins gefragt ist? IAG-Direktor Windemuth rät zur gegenseitigen Wertschätzung. Die führe dazu, dass Menschen Druck-Situationen viel besser ertragen. Etwa einem Teammitglied zu signalisieren: Es ist schön, dass du wieder da bist, und das hilft uns ungemein. „Für den Satz ist immer Zeit.“
Helfen könne außerdem, die eigene Rolle im Gefüge zu reflektieren. Dazu kann man sich fragen: „Wenn ich heute nicht aus dem Urlaub zurückgekommen wäre, sondern mir beim Skifahren die Kreuzbänder gerissen hätte, wäre das das Ende der Firma?“Solche Fragen mit Nein beantworten zu können, nehme eine Menge Druck.