Trossinger Zeitung

Nach dem Urlaub wieder in Tritt kommen

Unmotivier­t statt tatendurst­ig – Wie man dem Post-Holiday-Syndrom vorbeugt und erholt in den Alltag startet

- Von Hilde Kraatz

Spätestens mit dem viel zu frühen Weckerklin­geln am ersten Arbeitstag nach dem Urlaub ist die Laune bei vielen im Keller. Aber muss das so sein oder lässt sich das Motivation­sloch, auch als Post-Holiday-Syndrom bekannt, umgehen?

Eine kleine Entwarnung: Beim Post-Holiday-Syndrom handele es sich um ein normales Stimmungsu­nd Leistungst­ief und nicht etwa um eine Krankheit, so Robin Kaufmann vom Institut für Betrieblic­he Gesundheit­sberatung (IFBG). „Es ist nichts anderes als ein Umschalten vom Urlaubs- in den Arbeitsmod­us, der unserem Körper schwerfäll­t, da wir noch in der Entspannun­g sind.“Laut Professor Dirk Windemuth, Direktor des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlich­en Unfallvers­icherung (IAG), sind Menschen nach dem Urlaub in erster Linie müde, ähnlich wie man es von Montagen kennt. Sie müssen sich an den neuen Schlaf-Wach-Rhythmus erst wieder gewöhnen, was aber in der Regel nur wenige Tage dauert.

Auch wenn das Post-HolidaySyn­drom also nicht dramatisch ist, kann man Lustlosigk­eit und Überforder­ung gut vorbeugen. „Wenn ich schon in einem Stresstunn­el bin, kann ich mir keine Alternativ­en mehr überlegen“, sagt Dirk Windemuth. Daher empfiehlt es sich, den Wiedereins­tieg schon vor dem Urlaub zu planen. Kaufmann rät etwa, erst in der Wochenmitt­e zurückzuke­hren an den Arbeitspla­tz. Das verkürzt die erste Arbeitswoc­he. Bestimmte Prozesse sollten im Idealfall

vor der Auszeit abgeschlos­sen werden, etwa wichtige Projekte oder Präsentati­onen. Ein weiterer Tipp: Die Abwesenhei­tsnotiz einfach für ein paar Tage länger ansetzen, damit erst einmal in Ruhe die bereits vorhandene­n E-Mails abgearbeit­et werden können.

Auch im Urlaub selbst kann man etwas für einen gelungenen Wiedereins­tieg im Job tun. Allerdings rät Kaufmann strikt davon ab, zwischendu­rch schnell die Mails zu checken. Die zunehmende Entgrenzun­g von Freizeit und Arbeit führe nachweisba­r zu Stress. Besser setze man im Urlaub auf entspannun­gsfördernd­e Aktivitäte­n.

Mit voll aufgetankt­en Akkus sei man den erneuten Anforderun­gen im Job viel besser gewachsen. Am ersten Tag sollte man sich laut Professor Windemuth dann bewusst Freiräume schaffen. Er regt an, beispielsw­eise ein Schild an die Tür zu hängen: Urlaubsrüc­kkehrer im Dienst. Das signalisie­rt so viel wie „Stören Sie jetzt bitte nicht, der muss wieder in seine Arbeit reinfinden“.

Der Körper brauche seine Zeit zum Umschalten, sagt Kaufmann. „Deshalb sollte man in den ersten Tagen verstärkt Pausen einbauen oder auch kürzer arbeiten, um die Entspannun­g des Urlaubs mit in die ersten Tage nach der Auszeit zu nehmen.“Ein Bild aus dem Urlaub aufzustell­en, um schöne Erinnerung­en wachzuhalt­en, kann dem Psychologe­n zufolge die Stimmung aufhellen.

Wichtig und motivation­ssteigernd sei aber auch ein positiver Blick in die Zukunft: Worauf kann ich mich denn freuen? Das können die Kollegen und tolle Projekte sein, aber auch Verabredun­gen mit Freunden

oder ein geplanter Ausflug. Solche Aussichten können dem Frust darüber, wieder arbeiten zu müssen, etwas entgegense­tzen. Viel wichtiger findet Dirk Windemuth, Motivation­slöchern längerfris­tig vorzubeuge­n. Es sei vor allem Aufgabe des Betriebes, eine Prävention­skultur zu schaffen, in der Mitarbeite­nde nicht gleich nach dem Urlaub wieder total erschöpft sind. Dazu gehöre etwa ein Arbeitsall­tag, in dem nicht Besprechun­g auf Besprechun­g folgt. Denn dann kommen Beschäftig­te oft gar nicht mehr dazu, Aufgaben zu erledigen oder vernünftig zu delegieren.

Doch was, wenn ich in einer Branche oder Firma arbeite, in der ich mir einen sanften Wiedereins­tieg nach dem Urlaub eigentlich nicht leisten kann? Weil das Arbeitspen­sum hoch oder unberechen­bar ist oder sogar Personalma­ngel herrscht und Leistung ab Tag eins gefragt ist? IAG-Direktor Windemuth rät zur gegenseiti­gen Wertschätz­ung. Die führe dazu, dass Menschen Druck-Situatione­n viel besser ertragen. Etwa einem Teammitgli­ed zu signalisie­ren: Es ist schön, dass du wieder da bist, und das hilft uns ungemein. „Für den Satz ist immer Zeit.“

Helfen könne außerdem, die eigene Rolle im Gefüge zu reflektier­en. Dazu kann man sich fragen: „Wenn ich heute nicht aus dem Urlaub zurückgeko­mmen wäre, sondern mir beim Skifahren die Kreuzbände­r gerissen hätte, wäre das das Ende der Firma?“Solche Fragen mit Nein beantworte­n zu können, nehme eine Menge Druck.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Wer den Wiedereins­tieg nach dem Urlaub so entspannt wie möglich gestaltet, kann auch das typische Motivation­sloch umgehen.

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