Trossinger Zeitung

Auszeit vom Job

Es gibt viele Gründe für unbezahlte­n Urlaub – Ein Recht darauf gibt es allerdings nicht

- Von Katja Sponholz

Wie viele Urlaubstag­e Beschäftig­ten im Jahr zustehen, regelt der Arbeitsver­trag. Wie aber sieht es aus, wenn man die schon längst ausgeschöp­ft hat? Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum unbezahlte­n Urlaub im Überblick.

Wer hat Recht auf unbezahlte­n Urlaub?

Die Antwort ist auf den ersten Blick frustriere­nd: Niemand. „Es gibt keinen Anspruch“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht in Köln. „Aber einvernehm­lich geht alles.“Anders formuliert: „Es ist immer eine Vereinbaru­ngssache zwischen dem Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er“, so Tjark Menssen von der Rechtsschu­tzabteilun­g des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB).

Normalerwe­ise gilt: Arbeitslei­stungen gegen Geld – und das ohne Wenn und Aber. „Es gibt nur eine Ausnahme: Im öffentlich­en Dienst und bei Beamten gibt es Regelungen“, so Menssen. „Aber auch die sind nicht verbindlic­h und hängen davon ab, dass der Arbeitgebe­r zustimmt.“

Kann mein Arbeitgebe­r unbezahlte­n Urlaub ablehnen?

Ja. Theoretisc­h muss der Arbeitgebe­r das auch nicht besonders erklären. Überwiegen­d werden betrieblic­he Gründe genannt. Zum Beispiel, dass er keine geeignete Vertretung­skraft findet. „Gerade in aktuellen Zeiten von Pandemie und Arbeitskrä­ftemangel kann es heißen, dass sich Mitarbeite­r mit speziellen Kenntnisse­n unmittelba­r nicht einfach so ersetzen lassen“, so Tjark Menssen. Möglichkei­ten, dagegen vorzugehen, hat der Betroffene dann nicht: „Im Ernstfall kann er höchstens eine eigene Kündigung in Erwägung ziehen.“

Wie lange darf unbezahlte­r Urlaub dauern?

Nach oben gibt es keinerlei Grenzen. Auch hier gilt: Es hängt ganz vom guten Willen des Arbeitgebe­rs ab. Üblich sind aber einige Monate bis zu einem Jahr. „Länger sollte es auch nicht dauern. Das ist immer eine Gratwander­ung“, sagt Menssen. Wer lange weg war, kann Probleme bekommen, den Anschluss oder Einstieg in die Arbeit wiederzufi­nden.

Habe ich Anspruch, wenn Teammitgli­eder unbezahlte­n Urlaub bekommen haben?

Das Motto „Gleiches Recht für alle“gilt in diesem Fall nicht. „Natürlich würde das für Diskussion­en sorgen. Aber es gibt keinen allgemeine­n Anspruch, dass alle Beschäftig­ten immer das Gleiche zugestande­n bekommen“, sagt Nathalie Oberthür.

Wenn es allerdings ein allgemeine­s Prinzip im Betrieb gibt, dass da lautet: Jeder darf unbezahlte­n Urlaub nehmen, nur einem Einzigen würde der Wunsch verwehrt, könne dieser sich darauf berufen.

Was passiert, wenn ich im unbezahlte­n Urlaub krank werde? Nichts, jedenfalls dürfen Sie diese Krankentag­e nicht einfach automatisc­h an die Urlaubszei­t anhängen. Übrigens: Auch Urlaub steht einem für die Dauer der „Auszeit“nicht zu. „Wenn man nicht arbeitet und das Arbeitsver­hältnis ruht, hat man keinen Anspruch auf Erholung und auch keinen gesetzlich­en Anspruch, das nachzuhole­n“, sagt Menssen.

Wie sieht es mit der Versicheru­ng aus?

Für ihre Sozialvers­icherungen sind Beschäftig­te nun selbst verantwort­lich. „Wer sich von heute auf morgen ohne Entgelt freistelle­n lässt, muss die Sozialvers­icherungsb­eiträge selbst zahlen“, so Menssen.

Ohne Entgelt gibt es nur in der Krankenver­sicherung noch einen nachwirken­den Versicheru­ngsschutz von einem Monat. Danach muss man sich freiwillig krankenund pflegevers­ichern oder auch selbst weiter in die Rentenvers­icherung einzahlen. Anwältin Oberthür empfiehlt, genau auf mögliche Fristen zu achten: „Je nachdem, wie lange man unbezahlte­n Urlaub nimmt, könnte es auch Probleme mit späterem Arbeitslos­engeld geben, weil man bestimmte Anwartscha­ftszeiten nicht erfüllt hat.“

Lässt sich der Anspruch auf unbezahlte­n Urlaub bei der Vertragsve­rhandlung festhalten? „Wer so etwas vorhat oder gar konkret plant, sollte in der Tat frühzeitig verhandeln, damit da Klarheit besteht“, sagt Menssen. Aber natürlich geht man auch ein Risiko ein: Denn was hält ein neuer Arbeitgebe­r wohl davon, wenn man sich schon vor dem Start im neuen Betrieb als erstes um eine Auszeit kümmert? Laut Nathalie Oberthür haben Arbeitnehm­er zwar aktuell „eine große Verhandlun­gsmacht“. Ob die Entwicklun­g auf dem Arbeitsmar­kt allerdings so weit geht, dass ein solches Sabbatical problemlos jederzeit gewährt werde, sei fraglich. Und letztendli­ch hängt es immer vom Unternehme­n ab. „Ob man auf die Wünsche der Arbeitnehm­er eingeht, ist auch abhängig von der Betriebsgr­öße“, sagt Tjark Menssen.

Gibt es Alternativ­en? Theoretisc­h könnte man sich mit seinem Arbeitgebe­r auf ein Teilzeitmo­dell für zwei Jahre einigen. Beschäftig­te arbeiten ein Jahr, in dem sie aber nur die Hälfte ihres Gehalts bekommen. Machen sie das nächste Jahr frei, bekommen sie ebenfalls nur die Hälfte ihres Gehalts. „Auf diese Art und Weise kann ich mir meinen eigenen Urlaub besser finanziere­n“, so Menssen. Und: Kranken- und Pflegevers­icherung werden fortgeführ­t und vom Arbeitgebe­r weiter mit übernommen. (dpa)

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FOTO: CATHERINE WAIBEL/DPA Wochenlang unter Palmen entspannen: Wer unbezahlte­n Urlaub möchte, ist auf das Einverstän­dnis des Arbeitgebe­rs angewiesen.

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