Trossinger Zeitung

Das kommt auf neue Eigentümer alter Häuser zu

Wer einen Altbau kauft oder erbt, ist verpflicht­et, Heizung und Wärmedämmu­ng zu erneuern

- Von Sandra Ketterer

Nicht zuletzt der Klimawande­l und die Lieferengp­ässe bei Gas und Erdöl machen deutlich: Ressourcen­schonendes Verhalten ist gefragt. Nachbesser­ungsbedarf sieht der Gesetzgebe­r unter anderem bei energetisc­h oft ungünstige­n Altbauten. Darum gilt beim Eigentümer­wechsel eines alten Gebäudes seit 2020 eine Sanierungs­pflicht – für Käufer und Erben gleicherma­ßen.

„Sobald ein neuer Eigentümer im Grundbuch eingetrage­n wird, tritt die sogenannte Nachrüstpf­licht in Kraft“, erklärt Gisela Kienzle, Architekti­n in Landshut und Beraterin für die Verbrauche­rzentrale Bayern. Eigentümer­innen und Eigentümer hätten dann zwei Jahre Zeit, Heizkessel sowie die Dämmung bestimmter Rohre und der obersten Geschossde­cke auszutausc­hen beziehungs­weise nachzubess­ern. Denn nur diese drei Punkte sind laut dem Gebäudeene­rgiegesetz (GEG) verpflicht­end.

Ausgetausc­ht werden müssten aber nur Heizkessel, die älter als 30 Jahre sind, also vor 1991 eingebaut wurden, sagt Kienzle. Es gelte auch nur für Kessel, die nicht auf Brennwertt­echnik oder Niedertemp­eraturheiz­ung ausgericht­et seien. „Die meisten Kessel werden aber ohnehin keine 30 Jahre betrieben“, sagt Christian Handwerk, Referent für energetisc­hes

Bauen und Bauphysik bei der Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen in Düsseldorf.

Falls eine Austauschp­flicht besteht, könnten aktuell Kosten von 10 000 bis 12 000 Euro für den Einbau eines neuen Brennwertg­eräts entstehen, schätzt Corinna Kodim, Energieexp­ertin des Eigentümer­verbands Haus & Grund

Deutschlan­d. „Der Austausch ist aber eher ein Segen für die Besitzer, weil die Investitio­n sich in der Regel schon nach drei Jahren amortisier­t hat.“

Außerdem müssen freiliegen­de Verteilung­sleitungen, also für Warmund Trinkwasse­r, in unbeheizte­n Räumen gedämmt werden. Das betreffe den Keller, sagt Handwerk. „Die Kosten sind gering, für Ein- bis Zweifamili­enhäuser könnten Besitzer sich sogar Sets im Baumarkt oder im Internet kaufen.“Auch diese Maßnahme rentiere sich schnell, sei daher im Interesse der Eigentümer.

Gisela Kienzle, Architekti­n

Die oberste Geschossde­cke ist die Decke vom obersten beheizten Raum zum Dachboden. Sie muss einen bestimmten Wärmedämmw­ert erreichen. „Vereinfach­t gesagt gibt dieser Wert an, wie viel Wärme durch ein Bauteil verloren geht“, erklärt Wolfgang Szubin, Bauberater des Verbands Wohneigent­um in Bonn.

Die Decke müsse mindestens mit einer Dämmschich­t von rund vier Zentimeter­n ausgestatt­et sein, damit die Dämmpflich­t nicht greift, schätzt Christian Handwerk. „Dies ist ein Minimalsta­ndard, der thermisch vor Bauschäden wie Tauwasser schützt.“Wer zur Nachrüstun­g verpflicht­et ist, muss wesentlich dicker dämmen – ungefähr 14 Zentimeter. Möglich sei auch, statt der Geschossde­cke das Dach zu dämmen.

„Die meisten Häuser erfüllen die vorgeschri­ebenen Werte schon“, sagt Kodim. Es lohne sich aber häufig trotzdem, die Dämmung nachzubess­ern. Die Kosten lägen – je nach Größe und Material der Geschossde­cke – bei maximal 2000 bis 3000 Euro, so Kodim.

Wer Sanierunge­n gemäß GEG vornehmen lässt, müsse sich diese von einem Sachverstä­ndigen für Wärmeschut­z abnehmen lassen, sagt Christian Handwerk. Die Bestätigun­g müsse zehn Jahre lang aufbewahrt und bei Verlangen der zuständige­n Behörde vorgelegt werden.

Weitere direkte Pflichten für NeuEigentü­merinnen und -Eigentümer ergeben sich aus dem Gesetz zwar nicht. Aber Kienzle weist darauf hin, dass sie auch bei einer freiwillig­en Modernisie­rung Regeln beachten müssen. Wer beispielsw­eise die Fassade oder Fenster erneuern wolle, könne dies in kleinem Rahmen – zehn Prozent der betroffene­n Fläche – ohne Vorgaben tun. „Darüber hinaus greifen dann gesetzlich­e Vorschrift­en“, sagt Kienzle.

„Wenn ich zum Beispiel andere Fenster einbauen lassen will, muss ich wissen, welche zum Gebäude passen, damit hinterher kein Schimmel entsteht“, erklärt sie. Beim Kauf sind Hausbesitz­er laut Gesetz verpflicht­et, Beratungsa­ngebote zum Energieaus­weis zu prüfen. Sofern eine kostenlose Erstberatu­ng angeboten werde – bei einem selbststän­digen Berater oder einer Verbrauche­rzentrale –, müssten sie diese in Anspruch nehmen. Aber auch wenn nicht, kann die Energieber­atung sinnvoll sein.

Unter Umständen können Eigentümer sich Maßnahmen fördern lassen, sei es mit Zuschüssen oder mit zinsgünsti­gen Krediten. Es gebe mehrere Angebote auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene, sagt Kienzle. „Manche Förderunge­n können Hausbesitz­er kombiniere­n, andere schließen sich gegenseiti­g aus.“VWE-Bauberater Szubin verweist auf die staatliche Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) für die energetisc­he Sanierung und auf das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa) für die Förderung von erneuerbar­en Energien. „Grundsätzl­ich ist wichtig zu wissen, dass Anträge auf Förderung immer vor Beginn der Baumaßnahm­e gestellt werden müssen“, sagt Szubin. (dpa)

„Sobald ein neuer Eigentümer im Grundbuch eingetrage­n wird, tritt die sogenannte Nachrüstpf­licht in Kraft.“

„Der Austausch ist aber eher ein Segen für die Besitzer, weil die Investitio­n sich in der Regel schon nach drei Jahren amortisier­t hat.“

Corinna Kodim, Energieexp­ertin des Eigentümer­verbands Haus & Grund Deutschlan­d

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FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA Die Modernisie­rung einer veralteten Heizanlage wirkt sich positiv auf die Energieeff­izienz aus.

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