Busunternehmer schlagen Alarm
Steigende Energiekosten zwingen Betriebe in die Knie – So sind sie für den ersten Schultag aufgestellt
RAVENBURG - Die Busunternehmen im Land sind beunruhigt angesichts gestiegener Kosten. Vor allem die hohen Dieselpreise reißen bei vielen ein Loch in die Kasse. Eine einheitliche Strategie, wie die Mehrkosten im öffentlichen Nahverkehr aufgefangen werden können, gibt es in BadenWürttemberg nicht. Trotzdem werden am ersten Schultag nach den Sommerferien, dem kommenden Montag, alle Schüler zum Klassenzimmer kommen. Das gaben Vertreter des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusbetriebe (WBO) am Mittwoch in Ravensburg bekannt.
„Die meist familiengeführten Unternehmen decken einen Großteil des Nahverkehrs in Baden-Württemberg ab“, erklärte Witgar Weber, Geschäftsführer des WBO, vor Pressevertretern. Und diese kämen mit den steigenden Kosten für Diesel, AdBlue und Reifen derzeit an ihre Grenzen. Die Preissteigerungen können die Busunternehmen im Linienverkehr nicht an ihre Kunden weitergeben. Denn die Tarife machen andere. „Spätestens mit dem Neun-Euro-Ticket ist ÖPNV Sozialpolitik geworden.“Und das werde dann schwierig, wenn es an zuständigen Ansprechpartnern seitens der öffentlichen Hand fehle. „Das Land Baden-Württemberg und die Landkreise konnten sich bisher nicht auf eine einheitliche Unterstützung für die Busunternehmen einigen“, machte Weber deutlich. Das Ergebnis sei ein Flickenteppich an Maßnahmen von Landkreis zu Landkreis.
An den Kreisgrenzen höre der Nahverkehr aber längst nicht mehr auf. „Das System ist wie ein Spinnennetz, da darf kein Faden – sprich: kein Unternehmen, kein Bus – ausfallen“, erklärte Bernd Grabherr. Der Busunternehmer aus Waldburg (Landkreis Ravensburg) ist Bezirksvorsitzender des WBO im Regierungsbezirk Tübingen. Allein aus dem Fahrscheinerlös habe sich der Nahverkehr schon lange nicht mehr finanzieren können. Mit den gestiegenen Ausgaben und den damit verbundenen Herausforderungen entstehe aber die Gefahr, dass Busunternehmer ihre Betriebe schließen. In der Folge würden Strukturen zusammenbrechen, so Grabherr. „Wir fahren im Moment auf Pump. Wir strecken das vor, damit wir erfüllen, was zu Recht von uns verlangt wird.“
Denn immer noch wirke sich die Corona-Pandemie auf die Busunternehmen aus. Durch das Busreise-Verbot
seien Fahrer aus der Branche abgewandert. Für die coronabedingten Ausfälle sei zwar die öffentliche Hand größtenteils aufgekommen, so WBOGeschäftsführer Weber. Auch die Einnahmeausfälle für das Neun-EuroTicket seien ausgeglichen worden. Bei den gestiegenen Energiekosten gebe es aber noch keine Lösung auf Bundes- oder Landesebene. „Hier geht es um den Erhalt von Familienunternehmen, die kein dickes Polster haben, weil im ÖPNV noch nie viel Geld verdient wurde.“
Ein Ausbau des Angebots, eine Verkehrswende hin zu mehr ÖPNV sei in der aktuellen Situation aber kaum zu stemmen. „Es geht im Moment überhaupt nicht mehr um eine Verkehrswende. Es geht nur darum, den Status quo zu erhalten“, sagt Busunternehmer Bernd Grabherr. Und dabei sehen sich die Omnibusbetriebe in einer ungeliebten Rolle. „Wir werden zu Bittstellern“, so Witgar Weber. Ein Dauerzustand könne der Flickenteppich aus Maßnahmen in den Landkreisen nicht bleiben – auch wenn die Konflikte zwischen Unternehmen und öffentlicher Hand nun überall in Baden-Württemberg ausgeräumt sind, pünktlich zum Schulstart. „Die Schüler werden von den Bussen in die Schule gebracht“, sicherte Weber zu. „Aber nur, weil die Unternehmen – und bei denen kommt nicht wie bei der Bahn der Steuerzahler fürs Defizit auf – einige fette Kröten geschluckt haben.“