Mehr Ausbildung, mehr Zuwanderung
Wie die Ampel-Koalition den Fachkräftemangel in den Griff bekommen will
BERLIN - Unternehmen, Handwerksbetriebe, Behörden klagen schon lange: In Deutschland fehlen Fachkräfte. Die Ampel-Koalition hat es sich zum Ziel gesetzt, den Mangel auf verschiedenen Ebenen anzugehen. Fünf Handlungsfelder seien für die Bundesregierung zentral, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) (Foto: Imago) am Mittwoch beim Fachkräftegipfel der Bundesregierung in Berlin. Zusammen mit Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellte er die Fachkräftestrategie der Bundesregierung vor.
Die Ausbildung junger Menschen steht weit oben auf der Prioritätenliste der Ampel-Koalitionäre. 1,3 Millionen Menschen in Deutschland im Alter von 20 bis 30 Jahren hätten keine Ausbildung, sagte Heil. Auch diese Gruppe müsse fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden. Zudem sollen die Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwerbstätige verbessert werden. Stark-Watzinger warb für eine „Exzellenzinitiative Berufliche Bildung“und eine bessere Jobberatung vor allem an Gymnasien. Dass zwei Millionen Stellen derzeit in Deutschland nicht besetzt seien, sei ein trauriger Rekord, sagte die Ministerin.
Die Bundesregierung geht in ihrem Strategiepapier davon aus, dass bis zum Jahr 2026 rund 240 000 Fachkräfte fehlen werden. Verstärkt werde diese Entwicklung durch die Demografie, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung in Deutschland. Einerseits gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente, andererseits entstehen mit der Transformation der Wirtschaft Berufe, die neue Qualifikationen erfordern. Anders als der derzeitige Energieengpass in Deutschland seien fehlende Fachkräfte kein vorübergehendes Problem, so Habeck.
Die Bundesregierung richtet deshalb ihren Blick auch auf das Ausland. Um mehr qualifizierte Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen, sollen die Hürden für Zuwanderer gesenkt werden.
So sollen beispielsweise ausländische Berufsabschlüsse einfacher anerkannt werden, zudem soll es für Arbeitskräfte aus dem Ausland leichter werden, sich in Deutschland nachzuqualifizieren. „Menschen, die zu uns kommen wollen, sollen es einfacher haben, in dieses Land zu kommen“, so Habeck.
Bis zum Herbst will Arbeitsminister Heil zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Eckpunkte für ein neues Einwanderungsrecht vorlegen, zu dem auch eine sogenannte Chancenkarte auf der Basis eines Punktesystems gehören wird. Vier Kriterien werden dabei für die potenziellen Zuwanderer entscheidend sein: Ausbildung, Sprachkenntnisse, Alter und Berufserfahrung. Wenn drei davon erfüllt seien, sei Zuwanderung auch aus Drittstaaten möglich, so Heil.
Auch die Hürden für die Einbürgerung in Deutschland wollen die Ampel-Koalitionäre senken. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, soll es für besonders gut integrierte Zuwanderer künftig nach drei statt wie bisher nach sechs Jahren möglich sein, einen deutschen Pass zu beantragen.