Trossinger Zeitung

Bäckereien im Land kämpfen mit explodiere­nden Energiekos­ten

Zum Backen von Brot und Brötchen wird viel Gas und Strom benötigt – Betriebe schreiben Briefe und appelliere­n an Minister Habeck

- Von Eva Stoss

RAVENSBURG - Viele Bäckereien in Baden-Württember­g werden die Energiepre­isexplosio­n nicht überstehen. „Schon bisher verlieren wir jedes Jahr drei Prozent der Betriebe. Ich glaube, dass sich dieser Strukturwa­ndel extrem beschleuni­gt“, sagte Stefan Körber, Hauptgesch­äftsführer des baden-württember­gischen Bäckerverb­ands, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Sollen die vielen kleinen und mittleren Bäckerbetr­iebe im Land überleben, müsste die Politik handeln.

Mit Brandbrief­en hätten die Betriebe in den Regionen ihre jeweiligen Abgeordnet­en angeschrie­ben. Diese hätten sich an Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) gewandt, mit der Bitte um ein „Notprogram­m“.

„Am Ende kann keiner sagen, er hätte es nicht gewusst“, so Körber. Für viele Bäckereien seien die Energiekos­ten nicht mehr zu stemmen. Der Gaspreis habe sich verfünffac­ht, der Strompreis verdreifac­ht.

Bäckereien gehören zu den energieint­ensiven Betrieben, weil sie ihre Backöfen heizen müssen. In der Regel schließen sie Liefervert­räge mit den Versorgern zu Festpreise­n für ein bis drei Jahre. Bei vielen der rund 900 Bäckereien im Land laufen diese gerade aus. „Wer jetzt einen neuen Vertrag braucht, bekommt gar keinen oder zu Konditione­n, die nicht bezahlbar sind“, so Körber.

Im Schnitt hätten Betriebe in den vergangene­n Jahren 22 Cent für die Kilowattst­unde Strom bezahlt. Jetzt werden laut Körber 59 Cent fällig. Einem Betrieb sei sogar ein Anschlussv­ertrag zu einem Euro pro Kilowattst­unde angeboten worden. Auch für den Gaspreis liefert Körber ein Beispiel: Eine Bäckerei in Baden, die bisher 5600 Euro im Monat für Gas aufwenden musste, zahlt jetzt 26 000 Euro. „Ein Bäcker mit zehn Filialen muss nun rund 240 000 Euro allein für Gas aufwenden. Das muss der Betrieb zusätzlich erwirtscha­ften.“

Auch an anderer Stelle steigen die Kosten. So hätten sich Rohstoffe im Schnitt um 25 Prozent verteuert. Dazu kommen steigende Personalko­sten durch die Erhöhung des Mindestloh­ns ab Oktober auf zwölf Euro. „Die Preise für Backwaren müssten um 20 Prozent steigen“, sagt Körber. Das sei aber nicht machbar, weil die

Kunde das nicht akzeptiere­n würden. Die Stimmung bei den Bäckereien sei angespannt. An der Aktion von fünf Bäckerei-Innungen in Nordund Ostdeutsch­land „Uns geht das Licht aus – heute das Licht und morgen die Öfen?“wolle man sich jedoch nicht beteiligen. Bei dieser Aktion schalten Bäckereibe­triebe in Niedersach­sen, Schleswig-Holstein, Mecklenbur­g-Vorpommern, Hamburg und Bremen am Donnerstag, 8. September, für einen Tag das Licht aus. Damit wollen sie auf die existenzbe­drohlichen Folgen der Energiekri­se aufmerksam machen.

Der Präsident der Handwerksk­ammer Ulm, Joachim Krimmer, sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“, er habe „Verständni­s“für die Protestakt­ion. Bäcker wie auch Metzger seien momentan „stark gebeutelt“. Zu den Äußerungen von Wirtschaft­sminister Habeck, Betriebe könnten die Produktion einfach vorübergeh­end einstellen und wären deshalb nicht pleite („Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erst mal aufhören zu produziere­n. Nicht insolvent werden.“) sagte Krimmer, er wisse nicht, wie der Bundesmini­ster darauf komme, dass ein Betrieb, der Mitarbeite­r bezahlen müsse und Mietkosten habe, aufhören könne zu produziere­n, ohne dabei pleite zu gehen. Er verstehe so manches nicht, was aus Habecks Ministeriu­m komme.

Auch der Zentralver­band des Deutschen Bäckerhand­werks hat Habeck nach seinen Äußerungen zu einer möglichen Insolvenzw­elle kritisiert. Es scheine so, als habe Habeck die Probleme der Handwerksb­äcker nicht im Blick, sagte Hauptgesch­äftsführer Daniel Schneider nach einem Auftritt des Grünen-Politikers in der ARD-Sendung „Maischberg­er“. „Gern laden wir Herrn Habeck ein, sich direkt in der Backstube ein Bild von der schwierige­n Situation eines mittelstän­dischen Unternehme­rs zu machen.“

Körber hat klare Forderunge­n an die Politik, damit die Bäckereien im Land überleben können. „Wenn man die Marktwirts­chaft walten lässt, dann sinken die Strompreis­e wieder“, sagte der Verbandsch­ef. Das Problem ist aus seiner Sicht, dass sich die Strompreis nach dem teuersten Anbieter bildet, das sind die Gaskraftwe­rke. Es gebe jedoch deutlich günstigere­n Strom, etwa aus Solaranlag­en. Zweitens fordert Körber, dass der Staat Betriebe auffangen müsse, wenn diese wegen der hohen Energiekos­ten ins Minus rutschen.

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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Frische Brötchen und Brezeln sind bei Kunden beliebt. Doch die Bäckereien ächzen unter steigenden Energiekos­ten.

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