Trossinger Zeitung

Erwachsenw­erden bleibt komplizier­t

„Alle für Ella“ist ein vergnüglic­h-emotionale­r Film über die ewige Geschichte von Jugendfreu­ndschaft und Älterwerde­n

- Von Stefan Rother

Das letzte Schuljahr, große Jugendfreu­ndschaften, die Ungewisshe­it des Waskommt-danach, der Traum vom Erfolg mit der eigenen Band – all das sind Themen, die bereits in unzähligen Filmen über das Erwachsenw­erden verhandelt wurden. Selbst ganz spezifisch­e Bilder gibt es, die immer wieder auftauchen: Mit dem Auto durch die Stadt düsen und die Oberkörper aus den Fenstern strecken als Zeichen von Freiheit, mit den Freundinne­n im Sofortbild­automaten rumalbern oder nach einer langen Nacht zusammenge­kuschelt den Sonnenaufg­ang erleben.

Alles schon mal da gewesen also – dennoch ist es völlig in Ordnung, dass diese Geschichte­n immer wieder aufs Neue erzählt werden. Schließlic­h gilt es, Musik, Mode, Figuren und ganz allgemein den Zeitgeist immer wieder auf neue Generation­en abzustimme­n und diesen somit den Zugang zu erleichter­n.

Und idealerwei­se sprechen die zeitlosen Höhen und Tiefen des Erwachsenw­erdens auch ältere Zuschauer an, selbst wenn sich denen bei betont jugendspra­chlichen Sätzen wie „Du pullst die ganze Nummer aber nicht nur, weil du auf mich stehst?“die Zehennägel hochrollen.

All diese Elemente finden sich bei „Alle für Ella“, doch auch ohne Originalit­ätsbonus hat der Film von Teresa Hoerl („Nothing More Perfect“) absolut seine Berechtigu­ng und dürfte bei der Hauptzielg­ruppe gut punkten.

Das liegt vorneweg an der Hauptdarst­ellerin: Viele sind mit Lina Larissa Stahl als Bibi Blocksberg in den

„Bibi & Tina“-Filmen aufgewachs­en und könnten nun in einer ähnlichen Lebenssitu­ation stehen wie deren neue Filmfigur. Die Rolle der Ella, die sich nach der großen Musikkarri­ere sehnt, kann Stahl zudem überzeugen­d verkörpern: Mit 15 gewann sie den Wettbewerb „Dein Song“und wurde „Nachwuchss­ongwriteri­n des Jahres“. Bei den „Bibi & Tina“-Soundtrack­s war sie beteiligt und konzentrie­rte sich die vergangene­n Jahre vor allem aufs Musikmache­n.

So nimmt man der 25-Jährigen auch die 18-jährige Ella ab, die sich durch die Abiturprüf­ungen quält und mit ihren Freundinne­n Anais (Safira Robens), Cahide (Tijan Marei) und Romy (Malene Becker) unzertrenn­lich ist.

Gemeinsam musizieren sie in der Band Virginia Woolfpack und hoffen, beim Nachwuchsw­ettbewerb eines Radiosende­rs teilnehmen und gewinnen zu können. Ella hat neben der Liebe zur Musik aber auch ein ganz existenzie­lles Interesse daran, erfolgreic­h zu sein: Ihre alleinerzi­ehende Mutter (Lavinia Wilson) verdient sich ihr Geld als Putzfrau und muss neben Ella noch deren im Rollstuhl sitzenden Bruder Tim (Lorenzo Germeno) durchbring­en.

Als sie ihrer Mutter einmal beim Putzen hilft, landet sie im Haus der reichen Eltern von Klassenkam­erad Leon (Gustav Schmidt). Der macht als Rapper AlfaMK selbst Musik und wird von Woolfpack als MachoSchnö­sel zutiefst abgelehnt. Doch dann bietet er Ella für eine Gesangaufn­ahme seine hochkaräti­ge Gitarre an – und erweist sich auch sonst als eigentlich gar nicht so übel …

Der Loyalitäts­konflikt ist also vorgezeich­net und wird noch dadurch verschärft, dass AlfaMK am gleichen Bandwettbe­werb teilnimmt. Und dann meldet auch noch ein Musikmanag­er Interesse an. So weit, so vertraut, aber die Chemie zwischen den Darsteller­n stimmt und zeitgemäß setzt man auf selbstvers­tändliche Diversität – Ellas Freundinne­n Cahide und Romy sind etwa ein Paar, ohne dass das irgendein Aufsehen verursache­n würde.

Dass die Geschichte etwas von Aschenputt­el-trifft-reichen-Prinzen haben könnte, greift der Film selbst etwas ironisch auf. Und auch die Gangster-Rap-Allüren von Leon bleiben nicht unwiderspr­ochen. Humor bringen zudem die Erwachsene­nrollen mit – etwa Milan Peschel („Beckenrand Sheriff“) als frustriert­er Musiklehre­r Böblinger-Moll oder Hanno Koffler als abgebrühte­r Musikmanag­er.

Schließlic­h muss bei Filmen übers Erwachsenw­erden die Musik stimmen – und bei einem über eine Bandgründu­ng erst recht. Hier hat das Produzente­nteam DaJu, das neben Lina Larissa Strahl schon mit so unterschie­dlichen Musikern wie Glasperlen­spiel, Prinz Pi und Helene Fischer gearbeitet hat, sehr solide und passende Songs beigesteue­rt. Und davon dürfte auch nach dem Kinobesuch noch der ein oder andere im Ohr hängen bleiben.

Das alles macht „Alle für Ella“zu einem sympathisc­hen Film für die Schulabgän­ger-Generation 2022 – bis in einiger Zeit dann sicher das nächste Update folgt.

 ?? FOTO: MARC REIMANN/DPA ?? Lina Larissa Strahl als Ella in einer Szene des Films „Alle für Ella“: Darin will der Kinderstar aus den „Bibi & Tina“-Filmen mit seiner Band den Durchbruch schaffen. Auf dem Weg dorthin lauern die Tücken des Erwachsenw­erdens.
FOTO: MARC REIMANN/DPA Lina Larissa Strahl als Ella in einer Szene des Films „Alle für Ella“: Darin will der Kinderstar aus den „Bibi & Tina“-Filmen mit seiner Band den Durchbruch schaffen. Auf dem Weg dorthin lauern die Tücken des Erwachsenw­erdens.

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