Erwachsenwerden bleibt kompliziert
„Alle für Ella“ist ein vergnüglich-emotionaler Film über die ewige Geschichte von Jugendfreundschaft und Älterwerden
Das letzte Schuljahr, große Jugendfreundschaften, die Ungewissheit des Waskommt-danach, der Traum vom Erfolg mit der eigenen Band – all das sind Themen, die bereits in unzähligen Filmen über das Erwachsenwerden verhandelt wurden. Selbst ganz spezifische Bilder gibt es, die immer wieder auftauchen: Mit dem Auto durch die Stadt düsen und die Oberkörper aus den Fenstern strecken als Zeichen von Freiheit, mit den Freundinnen im Sofortbildautomaten rumalbern oder nach einer langen Nacht zusammengekuschelt den Sonnenaufgang erleben.
Alles schon mal da gewesen also – dennoch ist es völlig in Ordnung, dass diese Geschichten immer wieder aufs Neue erzählt werden. Schließlich gilt es, Musik, Mode, Figuren und ganz allgemein den Zeitgeist immer wieder auf neue Generationen abzustimmen und diesen somit den Zugang zu erleichtern.
Und idealerweise sprechen die zeitlosen Höhen und Tiefen des Erwachsenwerdens auch ältere Zuschauer an, selbst wenn sich denen bei betont jugendsprachlichen Sätzen wie „Du pullst die ganze Nummer aber nicht nur, weil du auf mich stehst?“die Zehennägel hochrollen.
All diese Elemente finden sich bei „Alle für Ella“, doch auch ohne Originalitätsbonus hat der Film von Teresa Hoerl („Nothing More Perfect“) absolut seine Berechtigung und dürfte bei der Hauptzielgruppe gut punkten.
Das liegt vorneweg an der Hauptdarstellerin: Viele sind mit Lina Larissa Stahl als Bibi Blocksberg in den
„Bibi & Tina“-Filmen aufgewachsen und könnten nun in einer ähnlichen Lebenssituation stehen wie deren neue Filmfigur. Die Rolle der Ella, die sich nach der großen Musikkarriere sehnt, kann Stahl zudem überzeugend verkörpern: Mit 15 gewann sie den Wettbewerb „Dein Song“und wurde „Nachwuchssongwriterin des Jahres“. Bei den „Bibi & Tina“-Soundtracks war sie beteiligt und konzentrierte sich die vergangenen Jahre vor allem aufs Musikmachen.
So nimmt man der 25-Jährigen auch die 18-jährige Ella ab, die sich durch die Abiturprüfungen quält und mit ihren Freundinnen Anais (Safira Robens), Cahide (Tijan Marei) und Romy (Malene Becker) unzertrennlich ist.
Gemeinsam musizieren sie in der Band Virginia Woolfpack und hoffen, beim Nachwuchswettbewerb eines Radiosenders teilnehmen und gewinnen zu können. Ella hat neben der Liebe zur Musik aber auch ein ganz existenzielles Interesse daran, erfolgreich zu sein: Ihre alleinerziehende Mutter (Lavinia Wilson) verdient sich ihr Geld als Putzfrau und muss neben Ella noch deren im Rollstuhl sitzenden Bruder Tim (Lorenzo Germeno) durchbringen.
Als sie ihrer Mutter einmal beim Putzen hilft, landet sie im Haus der reichen Eltern von Klassenkamerad Leon (Gustav Schmidt). Der macht als Rapper AlfaMK selbst Musik und wird von Woolfpack als MachoSchnösel zutiefst abgelehnt. Doch dann bietet er Ella für eine Gesangaufnahme seine hochkarätige Gitarre an – und erweist sich auch sonst als eigentlich gar nicht so übel …
Der Loyalitätskonflikt ist also vorgezeichnet und wird noch dadurch verschärft, dass AlfaMK am gleichen Bandwettbewerb teilnimmt. Und dann meldet auch noch ein Musikmanager Interesse an. So weit, so vertraut, aber die Chemie zwischen den Darstellern stimmt und zeitgemäß setzt man auf selbstverständliche Diversität – Ellas Freundinnen Cahide und Romy sind etwa ein Paar, ohne dass das irgendein Aufsehen verursachen würde.
Dass die Geschichte etwas von Aschenputtel-trifft-reichen-Prinzen haben könnte, greift der Film selbst etwas ironisch auf. Und auch die Gangster-Rap-Allüren von Leon bleiben nicht unwidersprochen. Humor bringen zudem die Erwachsenenrollen mit – etwa Milan Peschel („Beckenrand Sheriff“) als frustrierter Musiklehrer Böblinger-Moll oder Hanno Koffler als abgebrühter Musikmanager.
Schließlich muss bei Filmen übers Erwachsenwerden die Musik stimmen – und bei einem über eine Bandgründung erst recht. Hier hat das Produzententeam DaJu, das neben Lina Larissa Strahl schon mit so unterschiedlichen Musikern wie Glasperlenspiel, Prinz Pi und Helene Fischer gearbeitet hat, sehr solide und passende Songs beigesteuert. Und davon dürfte auch nach dem Kinobesuch noch der ein oder andere im Ohr hängen bleiben.
Das alles macht „Alle für Ella“zu einem sympathischen Film für die Schulabgänger-Generation 2022 – bis in einiger Zeit dann sicher das nächste Update folgt.