ALLES, WAS RECHT IST
Jetzt in jeder Ausgabe von tv14: Ingo Lenßen, Deutschlands bekanntester TV-Anwalt, gibt Antworten auf die wichtigsten juristischen Fragen unseres Alltags / Folge 6: Cannabis
IST MARIHUANA JETZT WIRKLICH LEGAL? UND WIE KANN ES UNS ALLEN GUT TUN?
Seit 1. April ist es legal, dass Erwachsene bis zu 50 Gramm Cannabis zu Hause haben dürfen. Man darf jetzt auch bis zu drei blühende weibliche Pflanzen besitzen – die haben den höchsten Gehalt am Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol), der die krautige Pflanze Hanf (Cannabis sativa) so interessant macht.
Hauptziel ist es, den oft kriminellen Schwarzmarkt einzudämmen
THC hat in der Medizin einen guten Ruf. Schon seit 2017 können CannabisArzneimittel als Therapie-Alternative legal verschrieben werden, zum Beispiel bei Epilepsie, Narkolepsie oder starken Schmerzen. Bei chronischen Schmerzpatienten und Tumorpatienten haben die Ärzte gute Erfahrungen gemacht. Studien legen nahe, dass Cannabis auch bei der Linderung von Angstzuständen, Schlafstörungen und Entzündungen helfen kann. In der Apotheke bekommt man es aber nicht frei – das muss der Arzt verschreiben. Hauptziel der neuen Legalisierung ist es, über einen kontrollierten Konsum den oft kriminellen Schwarzmarkt einzudämmen. Außerhalb der eigenen vier Wände sind nun auch bis zu 25 Gramm erlaubt, die man jederzeit mit sich führen darf. Allerdings ist der legale Erwerb erst ab dem 1. Juli möglich. In Deutschland wird es zunächst keine Geschäfte geben, die Cannabis verkaufen. Auch Kekse und Süßigkeiten mit Cannabis-Extrakten sollen weiterhin verboten bleiben, ebenso wie Kuchen, Cookies oder Öle mit Cannabis.
Risiko, dass die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigt wird
Juristisch gesprochen: Besitzen ja, kaufen erst einmal nicht. Wie das gehen soll, lässt der Gesetzgeber noch offen. Wie viele andere Fragen zur CannabisLegalisierung. Zum Beispiel nach den Auswirkungen auf junge Erwachsene: Wussten Sie, dass die Entwicklung des weiblichen Hirns erst um das 25. Lebensjahr herum abgeschlossen ist? Und bei Männern sogar erst mit 28? Bis dahin ist das Gehirn noch dabei auszureifen, es verändert sich besonders in den Bereichen, die für Entscheidungen, Impulskontrolle und das Verarbeiten von Emotionen zuständig sind.
Wenn nun in dieser sensiblen Zeit Cannabis ins Spiel kommt, besteht das Risiko, dass die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigt wird. Heranwachsende sollten also wissen, dass regelmäßiger Cannabis-Konsum die Fähigkeit, neue Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten, beeinflussen kann. Noch ernster ist, dass sie ein höheres Risiko eingehen, später im Leben psychische Probleme wie Depressionen oder Psychosen zu entwickeln.
Ich habe das vor Gericht schon öfter erlebt. Und ich werde nie vergessen, wie mir ein befreundeter Psychiater sagte, dass er in seiner 40-jährigen Karriere noch nie einen schizophrenen Patienten auf seiner Station behandelt hatte, der nicht in seiner Jugend regelmäßig gekifft hatte.
Nun sind konkrete Maßnahmen für den Alltag gefordert
Ein kurzer, juristischer Blick auf Staaten, in denen Cannabis bereits legalisiert ist, zeigt daher, wie sehr nun die Politik gefordert ist, um konkret gezielte Präventionsmaßnahmen und Hilfsangebote zu entwickeln, die es vor allem jungen Erwachsenen ermöglicht, Risiken zu minimieren und gleichzeitig den Nutzen für die Gesellschaft zu maximieren.