DATEN WIRKLICH GEMACHT?
Wirtschaftlich ist Palantir ein Zwerg, dennoch ist diese Firma eine der wertvollsten der Welt. Der Grund ist ein geheimnisvoller Daten-Algorithmus, der sogar in die Zukunft blickt
WAS WIRD IM SILICON VALLEY MIT UNSEREN
Als Palantir 2020 an die Börse ging, war die Verwirrung groß: Die Bilanzen zeigten, dass die als geheimnisvollste Erscheinung des Silicon Valley bezeichnete Firma seit ihrer Gründung im Jahr 2004 noch nie profitabel war – und auch niemals sein wird. Dennoch wird Palantir von der Börse mit 22 Milliarden Dollar bewertet. Wie kann das sein?
Um das zu verstehen, muss man sich anschauen, womit die Firma Geld verdient – und mit wem. Auf den ersten Blick wirkt Palantir wie ein langweiliger, inhabergeführter Daten-Dienstleister aus dem Silicon Valley – dabei ist es womöglich eine der mächtigsten Firmen auf diesem Globus. Das nach außen hermetisch abgeriegelte „System Palantir“agiert wie der Prototyp eines Geheimbundes im Informationszeitalter – oder besser gesagt: wie ein halbstaatlicher Super-Geheimdienst. Grundlage dafür ist der
„Gotham-Algorithmus“. Mithilfe der revolutionären Technik zur Datenintegration ist Palantir (der Name leitet sich von den Sehenden Steinen aus Tolkiens „Herr der Ringe“ab) in der Lage, gigantische Datenmengen systematisch zu durchsuchen und zu verknüpfen. Der Algorithmus ist so effektiv, dass er Personen über Jahre rückwirkend durch das Internet verfolgen oder Verbrechen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit „vorhersagen“kann.
Die Kundendatei von Palantir umfasst rund 130 Namen. Darunter befinden sich im Grunde alle westlichen Geheimdienste, allen voran die großen Player aus den USA: CIA, FBI oder NSA. Osama Bin Laden sei letztlich nur mithilfe von Palantir gefunden worden, munkelt man. Und auch hierzulande hat sich Palantir heimlich breitgemacht: Seit 2018 wird das Daten-Tool – angeblich zur Terrorabwehr – von diversen Landespolizeien eingesetzt. Ein datenschutzrechtlicher Skandal, wie Kritiker bemängeln. Denn Palantir erhält dadurch direkten Zugang zu den sensibelsten Daten, die eine Demokratie sammeln darf – und niemand in Deutschland kann heute seriös sagen, ob diese Informationen irgendwann gegen die eigenen Bürger eingesetzt werden.