4000 MUSKELN BEWEGEN EINE RAUPE
siert es schon einmal, dass ein Ameisenvolk eine derart getarnte Raupe mitten im Nest beherbergt und wie ein Kuckuckskind aufzieht. Dabei bedient sich die hungrige Raupe unerkannt nicht nur beim Ameisenvolk selbst, sondern auch bei eben jenen Blattläusen, die die Ameisen sich wie eine Art Viehherde halten, um deren Honigtau als Nahrung fürs Ameisenvolk zu ernten. Wohlgemerkt: Zusammenleben und Kommunikation eines Ameisenvolks sind für sich genommen schon eine hochkomplexe Angelegenheit. Aber die Raupe toppt dieses System noch, weil sie ganz offensichtlich den Code für die Ameisen-Kommunikation geknackt hat und davon profitiert wie die buchstäbliche Made im Speck. Und der Falter, der dereinst aus dieser Raupe erwächst, wird seinerseits seine Eier in die Nähe derselben Ameisenart ablegen, damit die Nachkommen es ihm gleichtun – Spezialisierung ist alles.
Von solch feinen Eigenarten einmal abgesehen, haben so ziemlich alle Raupen gemeinsam, dass sie fressen und ihrem stets wachsenden Körper durch ca. viermaliges Häuten Platz verschaffen – jeweils doppelt so viel wie im Stadium zuvor. Entsprechend weich und flexibel ist die wurmartige, in 14 Segmente unterteilte Gestalt, außer natürlich am Kopfende, wo die stabilen Kauwerkzeuge ihren Dienst tun. Im letzten Stadium ihrer Häutung sind Raupen besonders gefräßig, verzehren
Zum Vergleich: Menschen haben ca. 650. Doch nicht nur mit Kontraktion und Muskelkraft bewegt sich die Raupe von Blatt zu Blatt: Forscher entdeckten, dass der Verdauungstrakt, der fast frei im Körper hängt wie ein Kolben, mit jeder Bewegung mitschwingt und zur erstaunlichen Beweglichkeit der Tiere beitragen könnte.
60 bis 80 Prozent der Menge, die sie in ihrem gesamten Leben aufnehmen. Wenn die Raupe dabei nicht bekommt, was sie will, wird sie ungemütlich. Menschen wird in solchen Situationen mitunter ein Schokoriegel angeboten („Du bist nicht du selbst, wenn du hungrig bist…“). Die Raupe des Monarchfalters – wie auch der spätere Schmetterling – ist einzig spezialisiert auf die Blätter, und später den Nektar, der in Nordamerika wachsenden Seidenpflanze. Das geht im letzten Raupenstadium so weit, dass ein einziges Tier ein handtellergroßes Blatt in fünf Minuten komplett verputzt. Und wenn sich gleich mehrere Raupen auf einem solchen Blatt tummeln, wird aus einem Fressgelage schnell mal ein handfestes Gerangel samt rüden Kopfnüssen. Forscher von der Florida Atlantic University wollen mithilfe der Raupen untersuchen, welche Mechanismen – ob bestimmte Duftstoffe oder taktile Reize – genau hinter tierischer Aggression stecken. Eines ist sicher: Offensichtlich ist bei Raupen überhaupt nichts… Die Raupe des Birkenspanners passt sich farblich wie ein Chamaeleon ihrem Untergrund an. Doch seine Augen jedenfalls braucht das Tierchen für dieses Kunststück nicht: Als Forscher einigen Raupen im Labor die Sicht mithilfe von Farbe verdecken, ändern sie nach wie vor ihre Farbe: Ohne Augen aktivieren sie Gene, die ihnen das Sehen über die Haut ermöglichen. Um zu überleben, haben Raupen in ihrer Evolution mehr als ein Sicherungsnetz eingebaut. Schließlich ist jede von ihnen zu Höherem geboren …