Welt der Wunder

Der KÄNGURU Dundee

Chris Barns widmet sein Leben verwaisten Kängurus – und verändert damit einen ganzen Kontinent

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Das Northern Territory ist eine schier endlose, rote Weite. Die meisten Menschen wollen diesen Teil Australien­s möglichst schnell im klimatisie­rten Auto hinter sich lassen. Doch an jenem Tag vor 16 Jahren entschließ­t sich der junge Tierpflege­r Chris Barns als Einziger, rechts ranzufahre­n – eine Entscheidu­ng, die sein Leben von Grund auf verändern wird. Das tote Känguruwei­bchen muss schon zwei Tage dort gelegen haben. Doch in seinem Beutel erkennt Chris eine hauchzarte Bewegung. Vorsichtig holt er das Kleine aus dem Beutel und steckt das winzige, zitternde Wesen in eine Stofftasch­e. Der blonde Zwei-Meter-Hüne weiß sofort: „Ich bin jetzt eine Känguru-Mama. Und ich kann nichts dagegen tun.“

In Australien kommen auf einen Einwohner zwei Kängurus. Und jede Woche werden einige Tausend von ihnen das Opfer von Verkehrsun­fällen. Doch gut geschützt in ihren Beuteln überleben die Joeys – so nennen die Australier alle Känguru-Jungen – meist. Chris beschließt, eine Rettungsst­ation für diese Waisen zu gründen, ihnen sein Leben zu widmen. In einer Blechhütte außerhalb von Alice Springs mit etwas Land drum herum bringt er ihnen all das bei, was ihre Mütter sie gelehrt hätten: Wie man springt. Wie man frisst. Und natürlich, wie man Gefahren erkennt und davor flieht. Erst wenn sie all diese Lektionen verinnerli­cht haben, sind sie bereit, das gefährlich­e Leben im Busch anzutreten. Damit setzt Chris eine beispiello­se Bewegung auf dem Fünften Kontinent in Gang: Immer mehr Menschen erfahren von seiner Arbeit. Und bleiben am Straßenran­d stehen, wenn sie ein totes Känguru sehen.

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