Für jeden Spaß das passende Radl
Ob als Kaminkehrer beim Radlspaß oder mit Helm auf Bergen, Rad- und Feldwegen, Anton Zerle liebt das Radeln. Was ihn darauf gebracht hat und welche Wetten er auf seinen Drahteseln schon gewonnen hat
200 Jahre gibt es das Fahrrad. Auf dieses Jubiläum werden wir in den kommenden Wochen und Monaten immer wieder blicken, unter anderem mit Geschichten über spezielle Fahrradliebhaber. Landkreis
Kinder, Arbeit, Familie – alle drei gehören ganz selbstverständlich zum Leben der Familie Zerle. Doch irgendwann beginnen Anton und Marlene Zerle nach etwas zu suchen, was sie als Paar und über die Familie hinaus gemeinsam machen können. Schließlich landen sie beim Radeln. Das ist jetzt 34 Jahre her. Seitdem schwingen sich die beiden nahezu täglich aufs Fahrrad, im Alltag ebenso wie auf Ausflügen. Und die unternehmen sie wahlweise zu zweit oder in der Gruppe – mal sehr zielstrebig und mal zur reinen Gaudi.
Vor drei Jahren beispielsweise fiel Anton Zerle das alte Fahrrad ein, das sein Bruder ihm einmal vorbeigebracht hat. Ein altes Transportrad, wie es früher Kaminkehrer, Bäcker und Postboten fuhren. Er holt Frack und Zylinder aus seinen Vorräten und nimmt erstmals als „Glücksbringer“am Radlspaß von Donautal aktiv teil. „Schullehrer, Pfarrer und Kaminkehrer wurden früher oft mit Naturalien bezahlt“, erzählt der 65-jährige Höchstädter. Die kamen dann ins Körbchen vorne aufs Rad. In Erinnerung daran packt Zerle ebenfalls Blumen und Naturalien beim Radlspaß ein. Obwohl die Gangschaltung fehlt, der Rahmen ziemlich kurz und das ganze Fahrrad und Lenken sehr schwer ist, schwingt er sich zum Radlspaß seitdem regelmäßig als Kaminkehrer und Glücksbringer auf sein altes „Göricke“. Dabei stehen dem 65-Jährigen gleich mehrere andere Räder zur Auswahl: Rennrad, Tourenrad und Mountainbike.
Auf die erste große Tour machte er sich vor über 30 Jahren aufgrund einer Wette – „gewissermaßen ein Betriebsausflug“. Mit seinem „Capo“hatte der gelernte Schreiner gewettet, ob sie es schaffen, bis ins Tannheimer Tal zu radeln. Und gemeinsam radelten sie dann auch hin. Mit Wetten hat es Anton Zerle. Ganz schnell ist er dabei, wenn beispielsweise ein Kumpel der Ski- und Radsportabteilung des Höchstädter SSV ihn herausfordert. „Von Lauterbach nach Allmannshofen, wer schneller am Ortsschild ist“– darauf schlugen sie ein. „Und ich hab’ gewonnen“, freut sich Anton Zerle noch heute. Gefeiert und gegessen haben sie das Spanferkel seinerzeit übrigens gemeinsam.
Geschichten rund ums Radeln hat der Rentner gar viele auf Lager und erzählt sie liebend gerne. Von den zahlreichen Alpradmarathons, angefangen mit seinem ersten im Jahr 1988. 170 Kilometer und 2800 Höhenmeter erklomm er damals mit dem Fahrrad.
Stolz zeigt er die Medaille von einst. Später gab’s meist Rad-Trikots mit der Anmeldegebühr, so wie beim Ottenbacher Radmarathon, wo Profiradler Erich Zabel eigenhändig auf seinem Trikot unterschrieben hat.
So sehr er die großen Touren genießt, so gerne radelt Anton Zerle die Donau und Zusam entlang. Wobei er die kleine Zusam klar bevorzugt. „Da ist’s so richtig schön ländlich entlang des Radwegs, und wir sind in der reinen Natur.“Samstag, Montag, Mittwoch – an drei Tagen in der Woche radelt er mit seinen Kumpels los, einmal in der Woche fährt auch Frau Marlene mit. Mit bis zu 30 Leuten legen sie dann mindestens 30 Kilometer zurück. Nur bei schlechtem Wetter bleiben sie zu Hause.
Und im Winter halten sie die Kondition durch Walken aufrecht – mal mit und mal ohne Stöcke. Ansonsten heißt das Training: „Einfach fahren!“
Das machen übrigens mittlerweile auch ihre drei Enkelkinder, allerdings lernen sie das Radeln derzeit erst mal auf dem Laufrad. Das sah bei Anton Zerle noch ganz anders aus. Von wegen Lauf- oder Kinderrad! Mit Mutters großem Fahrrad hat er sich selbst das Fahren beigebracht. „Wie oft bin ich da runtergefallen“, erinnert sich der Rentner schmunzelnd zurück. Das erste eigene Fahrrad bekam er dann zur Kommunion geschenkt. Und das war etwas ganz Besonderes für ihn: „Denn wer ein Fahrrad hatte, war selbstständig und konnte überallhin fahren.“