Löcher, Schlamm und Staub
Die Straßenverhältnisse im Wertingen der 50er waren nicht mit heute vergleichbar
Wertingen Asphaltierte Straßen bis in den letzten Winkel einer Ortschaft sind heute Standard. Die älteren Mitbürger können sich aber noch daran erinnern, dass dies bis weit in die 1960er Jahre keineswegs so war. Auch Landstraßen waren oft nicht geteert, sondern mit Sand und Schotter befestigte Chausseen.
In der Nachkriegszeit lag die Priorität beim Wiederaufbau. Doch die vom Land Bayern zu unterhaltenden Straßen in Wertingen und Umgebung standen nicht weit vorne auf der Aufgabenliste. Sie wurden direkt nach dem Krieg zunächst nur provisorisch gerichtet, dann geschah lange nichts mehr. Die Zustände müssen teilweise katastrophal gewesen sein, wie eine energische Resolution des Kreistags Wertingen an die Bayerische Staatsregierung von 1952 zeigt, der sich die Landkreisgemeinden mit eigenen Wortmeldungen anschlossen. So würde Bevölkerung und Presse die Landstraßen I. Ordnung öffentlich als „Landstraßen I. Unordnung“bezeichnen, empörte man sich. Ganz besonders die Landstraße 2027, die vom unteren Zusamtal über Lauterbach – Wertingen – Wörleschwang führe, sei in einem „für jeden Verkehrsteilnehmer so lebensgefährdenden“Zustand, dass die Verkehrsunternehmen bereits androhten, jeglichen öffentlichen Personennahverkehr einzustellen. Das würde den Pendlerverkehr der Berufstätigen nach Augsburg so einschränken, dass vielen hundert Menschen die Arbeitslosigkeit drohe. Die Stadt Wertingen schloss sich der Resolution an. Der Zustand der Landstraße 2027 bedeute praktisch eine „Absperrung Wertingens vom Hinterland“und sei eine schwere wirtschaftliche Schädigung der Stadt, weil sich jeder scheue, diese Straße zu benutzen.
Die mit Sand und Schotter befestigten Straßen waren auf Pferdefuhrwerke ausgelegt und dem zunehmenden schweren, motorisierten und schnelleren Verkehr nicht mehr gewachsen. Über die durch Autos und Lkw verursachte Staubbelästigung innerorts beschwerten sich die Anwohner. Die Stadt versuchte den Staub zu binden, indem sie die Straßen mit Wasser besprengte, was insbesondere im Sommer nie lange vorhielt. So ging man deshalb schon seit den 1930er Jahren dazu über, zumindest die stark frequentierten Ortsdurchfahrten zu pflastern oder zu teeren. Die übrigen Ortsstraßen, aber auch Landstraßen außerorts, blieben unbefestigt und mussten regelmäßig mit Sand, Schotter und Kies repariert werden. Bei schlechtem Wetter verwandelten sich die Straßen und Gehwege in Schlammgruben und verlangten den Fußgängern mitun- ter akrobatische Leistungen ab. So schrieb ein mit Humor begabter Bewohner der Märzenbachsiedlung 1953, dass „der Lehm einem unwill- kürlich seinen Willen aufzwängt. Er schiebt einen hin und her, rum und num, treibt mit einem alle Arten Gymnastik, hält einen fest, hängt sich an und zieht einem auch noch die Schuhe aus. Ich fluche immer wie ein Heid‘ und komme allein der schlechten Strasse wegen in die Hölle.“