Gottmannshofens Schule vor dem Aus?
Das alte Gebäude ist sanierungsbedürftig. Schulleiterin Grandé will Klarheit für die Eltern. Ein erster Protest von Eltern zeigt Wirkung. Wertingens Bürgermeister Lehmeier übergibt Entscheidung an den Stadtrat
Gottmannshofen Kirche, Friedhof, Gasthaus, Kindergarten, eine grüne weitläufige Wiese, der Schlittenberg – eingebettet in das ländliche Idyll steht Gottmannshofens Grundschule. 1688 hatte der erste Schulmeister Josef Seitz hier unterrichtet. Zahlreiche Generationen folgten. Es wurde an- und umgebaut, hier etwas gestrichen und dort etwas nachgebessert. Knarzige braune Holzböden erinnern an vergangene Zeiten. Die Röhrenlampen an den Decken stammen von anno dazumal. „Hier hat sich wenig verändert“, sagt Wertingens Bürgermeister Willy Lehmeier und zeigt auf den „einzigen Luxus“, den man sich in den vergangenen Jahren geleistet hat: neue Stühle und Bänke.
Und noch etwas: Wertingens Gebäudeverwalter Konrad Höchstätter öffnet eine offensichtlich neue Türe und deutet nach draußen. Eine moderne Fluchttreppe führt vom Klassenzimmer im ersten Stock direkt auf den Pausenhof. „Der ist eigentlich ein Parkplatz“, weist Bürgermeister Lehmeier auf ein weiteres Manko hin.
Es sind viele Kleinigkeiten, die sich in der Gottmannshofer Schule summieren und nach einem klaren Weg verlangen: einfach verglaste Fenster und feuchte Mauern, veraltete Dämmung, Energie- und Heizund Sicherheitssysteme. „Wo fang ich an?“Diese Frage will Bürgermeister Willy Lehmeier jetzt seinem Stadtrat, und allen voran dessen Bauund Umweltausschuss übergeben. Dessen Mitglieder werden sich das Gebäude heute Abend im Vorfeld der Sitzung erst einmal selbst anschauen. Vermutlich werden noch einige interessierte Menschen hinzukommen. Denn in Gottmannshofen hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten ein „massiver Widerstand“gegen eine mögliche Schulschließung
„Warum muss jetzt plötzlich alles generalsaniert wer den?“
formiert. Franz Proske gehört zum „harten Kern“der Gruppe. In den vergangenen vier Wochen habe er mit so vielen Menschen gesprochen wie in den vier Jahren davor nicht, erzählt der 53-jährige Vater von vier Kindern. Er wollte sich ein detailliertes Bild von der Situation machen, recherchierte im Internet und am Telefon, sprach mit Eltern, Lehrern und vielen Einwohnern von Gottmannshofen. Proskes Resümee lautet: „Die Schule stellt ein Stück Heimat dar, bringt Leben ins Dorf und ermöglicht den Kindern das Lernen in einer überschaubaren Schule mit natürli- chem Umfeld.“Manche Familie sei eigens wegen der Schule in den Ort gezogen. Seit 30 Jahren befinde sich die Schule in dem heutigen Zustand. „Warum muss jetzt plötzlich alles generalsaniert werden?“, fragt sich Franz Proske. Der 53-Jährige freut sich, dass jetzt endlich offiziell und öffentlich über die Grundschule und deren Zukunft gesprochen wird.
Darin zumindest stimmt er mit Rektorin Christiane Grandé überein. Seit Herbst 2016 leitet sie die Wertinger Grundschule, zu der die beiden Außenstellen Binswangen und Gottmannshofen gehören. Insgesamt 386 Schüler besuchen derzeit ihre Schule, davon 58 in Gottmannshofen und 46 in Binswangen. Die Situation der beiden Außenstellen beschreibt Grandé als grundsätzlich unterschiedlich. So steht die Binswanger Schule – von einer ei- genständigen Gemeinde – komplett renoviert da, mit integriertem Kindergarten und zwei gefüllten Kombiklassen. In Gottmannshofen dagegen steht die Schulleiterin alljährlich vor der Frage, wie eine erste Klasse zustande kommt. Die Kinder aus Gottmannshofen, Reatshofen und Geratshofen reichen dafür nur noch selten aus. Daher wird die Klasse wahlweise mit Erstklässlern aus Rieblingen, Prettelshofen und Bliensbach aufgefüllt. Erstmals hat selbst das vergangenen Herbst nicht genügt. „Weil einige Eltern Ganztagsoder Mittagsbetreuung und Hort wünschten“, begründet Grandé. Diese Angebote sind nur an der Stammschule möglich. So lernt die 1d in diesem Jahr statt in Gottmannshofen in Wertingen. Aufgrund der neuen Situation hatten sich Schulamtsdirektor Martin, Bürgermeister Lehmeier und Rektorin Grandé im Herbst zusammengesetzt, um eine „klare Linie“zu finden. Grandés Wunsch lautet: „Den künftigen Eltern eine Sicherheit zu geben, wo ihre Kinder eingeschult werden.“Das versuchte sie auch auf dem einführenden Elternabend zu vermitteln. Schon bald merkte sie allerdings, dass sie damit auf massiven Protest stieß. „Vielleicht ging es zu schnell“, räumt sie gegenüber unserer Zeitung ein.
„Vor den Kopf gestoßen“hätten sich viele Eltern dadurch gefühlt, sagt Franz Proske. „Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.“Er war – wie viele andere – davon ausgegangen, dass auch sein jüngstes Kind ab Herbst 2017 „natürlich“in Gottmannshofen zur Schule gehen darf. Fürs Erste hat der Protest der Gottmannshofener Eltern bereits Wirkung gezeigt: Im kommenden Herbst werden in Gottmannshofen nochmals Buben und Mädchen in die erste Klasse eingeschult. Eine „Hau-Ruck-Aktion“konnte somit erst einmal abgewendet werden, freut sich Proske – für seinen Sohn und dessen künftige Klassenkameraden, vor allem aber für ganz Gottmannshofen. Wie es danach weitergeht, werden die kommenden Monate zeigen. Bis zur Schuleinschreibung im Frühjahr 2018 soll eine endgültige Entscheidung gefallen sein, sagt Bürgermeister Lehmeier. Mit der Besichtigung heute Abend beginnt die Entscheidungsfindung.
»Kommentar
Öffentliche Besichtigung der Grundschule Gottmannshofen um 18 Uhr, im Vorfeld des Bau und Umweltaus schusses (19 Uhr im Rathaus).