Wahlhelfer können was erleben
Im Rieblinger Bürgerhaus gaben bis kurz nach elf Uhr von 262 Wahlberechtigten 54 ihre Stimme ab. Briefwahlquote lag bei 20 Prozent
7.45 Uhr: Johann Bröll sperrt das Bürgerhaus in Rieblingen auf und lässt uns Wahlhelfer eintreten. Im Pelletsofen brennt bereits seit einer Stunde Feuer, das behagliche Wärme ausstrahlt. Der Zweite Bürgermeister hat an diesem Wahlsonntag die Funktion des Wahlvorstehers und sorgt dafür, dass sich alle wohlfühlen.
Wählerliste, Wahlzettel, Musterbeispiele und Tesafilm trägt er in einem Wäschekorb herein. Was die Paketschnur für eine Rolle spielt, erklärt er so: „Damit werden wir die Problemfälle am Ende bündeln.“Sollte die Wahl haarscharf ausgehen, könnte eine Nachzählung erfolgen. Die mit Beschluss erfassten Wahlzettel seien dann besonders im Visier der Kontrolleure. Nachdem Tische und Stühle zurechtgerückt sind, kontrollieren wir, ob die drei Wahlkabinen mit schreibfähigen Stiften ausgestattet sind. Jetzt noch eine kurze Einweisung und ein Blick in die Urne, bevor sie wieder verschlossen und mit einem Vorhängeschloss versehen wird, und schon kann’s losgehen.
Lorenz Breindl habe die Zwangsverpflichtung zum Wahlhelfer per Post bekommen, erzählt er. Er sei völlig überrascht gewesen. Jetzt sitzt er vor der Wählerliste und studiert die Namen. Am Ende steht bei Nummer 263 vermerkt, dass die Person nicht wahlberechtigt sei. Weil sie erst seit August in Rieblingen gemeldet ist, darf sie demnach nicht im Wahlkreis „254“wählen gehen.
Dreieinhalb Stunden liegen noch vor uns. Daniel Heider, Zweiter Kommandant der Rieblinger Feuerwehr und zum zweiten Mal zum Beisitzer berufen, beruhigt: „Die Zeit vergeht wie im Flug.“Mit uns sitzen zeitgleich weitere 60 Wahlhelfer in Wertingen und den anderen Ortsteilen.
Plötzlich geht die Tür auf – der erste Wähler! Um 8.20 Uhr macht Daniel Fiebig, Jugendwart der Wehr, seine zwei Kreuze. Bis neun Uhr sind erst drei Wahlzettel in die Urne gewandert. Wie wohl die Wahlbeteiligung aussehen wird, fragen wir uns angesichts der niedrigen Frequenz. Mit einem zweiten Frühstück überrascht uns Johann Bröll. Er hat zwei Tüten mit süßem Gebäck aus Wertingen mitgebracht. Viele Kalorien haben wir allerdings noch nicht abgearbeitet, aber wir freuen uns über die nette Geste. Eine Stunde später, um 10 Uhr, haben immerhin schon 19 Rieblinger ihr Votum abgegeben. Mancher erscheint in Radfahrermontur – kein Wunder, das schöne Wetter muss man nutzen. Vor der riesigen, hölzernen Urne, die sicher tausend Wahlzettel aufnehmen könnte, sitze ich und muss aufpassen, dass jeder die Stimmzettel gefaltet in die Urne steckt. Vor mir liegt eine Handreichung, in der das Wahl-Prozedere noch einmal genau erklärt wird. Vielleicht vertreibt die Lektüre die Zeit.
Dann endlich: Ein kleiner Ansturm beschert uns gegen 10.45 Uhr ein Dutzend junger Wähler. Die drei Wahlkabinen werden nun im Minutentakt aufgesucht. Einige Familien lassen ihre kleinen Kinder beim Wählen teilhaben. Kein Problem, wenn sie noch nicht lesen können. Denn darauf müssen wir Wahlhelfer penibel achten: Das Wahlgeheimnis muss in jedem Fall gewahrt bleiben. Lisa ist äußerst neugierig, was die Erwachsenen so treiben. Doch dann wählt die Zweijährige lieber die Polsterstühle aus – zum Hüpfen.
Der älteste wahlberechtigte Rieblinger ist ein 95-jähriger Mann. Am Ende unserer Schicht, die äußerst kurzweilig war, wird er zu den 53 gehören, die ihre Stimme persönlich abgegeben haben. Beim Stabwechsel um 11.15 Uhr können wir verkünden: „Kein einziger Problemfall.“
Kurz vor 18 Uhr werden wir uns zum Auszählen wiedertreffen.