Wertinger Zeitung

Achtung, Wildwechse­l!

Die Zahl der Unfälle mit Tieren steigt seit Jahren. Manchmal ist der Mensch selbst daran schuld. Doch welche Maßnahmen helfen, um tatsächlic­h eine Trendwende zu erreichen?

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und selbst Revierinha­ber in Niederbaye­rn: „Deutlich überhöhte Rehwildbes­tände haben wir kaum noch.“

Das bayerische Innenminis­terium sieht die Hauptursac­he für die steigenden Unfallzahl­en vor allem auch im zunehmende­n Straßenver­kehr, der nicht an die jeweilige Situation angepasste­n Fahrgeschw­indigkeit und dem geänderten Freizeitve­rhalten der Menschen, die das Wild immer häufiger stören. Ein generelles Allheilmit­tel zur Reduzierun­g der Unfälle gebe es nicht, heißt es in einer Stellungna­hme des Ministeriu­ms.

Was also ist zu tun? Thomas Schreder, Pressespre­cher des Bayerische­n Jagdverban­des (BJV), ist überzeugt, dass Reflektore­n und Duftzäune in Kombinatio­n durchaus erfolgvers­prechend sein können. „An Strecken, an denen jährlich zehn bis zwölf Wildtiere überfahren wurden, konnte die Zahl dadurch deutlich gesenkt werden.“

Ein Pilotproje­kt läuft derzeit in Niederbaye­rn. Dort wurden an einem Streckenab­schnitt der Staats- straße 2112 optisch-akustische Wildwarnge­räte installier­t. Schreder, der auch BJV-Bezirksvor­sitzender in Oberbayern ist, spricht jedoch von „kosteninte­nsiven, sehr teuren Einrichtun­gen“. Die beste und effektivst­e Schutzmeth­ode sind dem Vernehmen nach Zäune mit Grünbrücke­n oder Unterführu­ngen, die den Tieren sogar ein Queren von Autobahnen oder Schnellstr­aßen ermögliche­n. „Nicht bezahlbar“, heißt es vielerorts, da die Brücken bis zu einer Million Euro kosten.

Der Jagdverban­d plant inzwischen eine weitere Prävention­smaßnahme. An Unfallschw­erpunkten sollen zur Warnung vor Wildwechse­l größere Poster aufgestell­t werden. BJV-Präsident Jürgen Vocke fordert zudem ein Umdenken in der landwirtsc­haftlichen Nutzung. „Wenn Mais- und Rapsfelder bis direkt an die Straße gebaut werden, steht das Wild eben sofort auf der Fahrbahn.“

Freie-Wähler-Chef Aiwanger sieht einen Lösungsans­atz für die Reduzierun­g der Wildunfäll­e in der technische­n Ausrüstung der Autos. Es müsse möglich sein, so der Landtagsab­geordnete, die Bewegungen der Tiere mit Radar zu erfassen und dem Fahrzeugle­nker ein Signal zu senden.

Es sei „völlig klar“, dass mit dem Ausbau des Straßennet­zes und mit immer mehr Verkehrste­ilnehmern auch die Zahl der Wildunfäll­e steige, sagt Herbert Woerlein, SPD-Landtagsab­geordneter aus dem Kreis Augsburg. Woerlein spricht sich dafür aus, den Rehwildabs­chuss dort zu erhöhen, „wo es vermehrt zu Unfällen

Ein digitales Warnsystem soll hel fen, Wildunfäll­e zu vermeiden. In Zusammenar­beit mit dem Bayerische­n Jagdverban­d und dem Innenminis terium wurde von der Technische­n Uni versität Deggendorf die kostenlose App „Wuidi“entwickelt.

Sie warnt Autofahrer bei der Fahrt durch Gefahrenge­biete mit erhöh tem Wildwechse­l – per Vibration, visu kommt oder die Wildbestän­de zu hoch sind“. Die Allgäuer CSUPolitik­erin Angelika Schorer sieht dagegen höhere Abschussza­hlen allein nicht als Lösung des Problems. Vielmehr müssten die Gegebenhei­ten in den einzelnen Regionen gezielter geprüft werden, sagt die Vorsitzend­e des Ausschusse­s für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten im Landtag. „Wir wissen heute genau, an welchen Strecken der Wildwechse­l besonders ausgeprägt ist. Darauf müssen wir reagieren.“

»Kommentar ell und mit einem akustische­n Sig nal. Kommt es dennoch zu einem Wild unfall, erhält der Nutzer eine Schritt für Schritt Anleitung, wie man sich verhalten soll, und auf der Basis der GPS Lokalisier­ung die Kontaktdat­en des zuständige­n Ansprechpa­rtners, der Polizeidie­nststelle oder des Jagdre vierinhabe­rs. Registrier­ung und In formatione­n: www.wuidi.com

Was wird nicht alles getan, um Wildunfäll­e zu vermeiden: Verkehrsze­ichen, Duftzäune, blaue Reflektore­n am Straßenran­d oder gar der Bau teurer Grünbrücke­n über Autobahnen. Der Erfolg blieb bisher aus. Ganz im Gegenteil. Die Zahl der Unfälle mit Tieren ist in den vergangene­n Jahren stetig gestiegen. Noch gibt es kein wirklich probates Mittel, um das Problem in den Griff zu bekommen. Sicher sind Gründe für die Zunahme der Ausbau des Straßennet­zes, ein verstärkte­s Verkehrsau­fkommen, aber auch das veränderte Freizeitve­rhalten der Menschen, die das Wild aufschreck­en und dafür sorgen, dass die Tiere mehr umherziehe­n.

Schon wird reflexarti­g ein höherer Abschuss der Rehe gefordert, die in Bayern immerhin mit 75 Prozent an der Unfallstat­istik beteiligt sind. Das mag in Revieren mit einem hohen Wildbestan­d zwar ein Ansatz sein, die alleinige Lösung für das komplexe Problem ist es gleichwohl nicht. Vielleicht liegt sie ja tatsächlic­h in der technische­n Ausrüstung der Autos. Warum sollte es nicht möglich sein, die Bewegungen der Tiere mit Radar zu erfassen, dem Fahrzeugle­nker ein Signal zu senden und ihn dadurch zu warnen? Allerdings muss dann auch die Geschwindi­gkeit an die jeweilige Situation angepasst werden. Viel zu viele Autofahrer nehmen heute Verkehrsze­ichen, die vor Wildwechse­l warnen, kaum wahr. Auch dies ist Teil des Problems, das mit einer einzigen Maßnahme, die höherer Abschuss heißt, nicht zu lösen ist.

„Wuidi“warnt vor Wildunfäll­en

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