25000 Euro unter absurden Umständen verliehen
Ein Zusamtaler leiht einem Betrüger viel Geld. Dieser zahlt lange nicht zurück. Als er es schließlich doch tut, ist es zu spät. Es kostet ihn nun auch seine Freiheit
Hätten die beiden Brüder aus dem Zusamtal den Angeklagten damals „mit Fackeln und Mistgabeln vom Hof gejagt“, wie es Richter Patrick Hecken in seinen Schlussworten in solchen Fällen sarkastisch empfahl, wäre allen Beteiligten eine ganze Menge Ärger erspart geblieben. Die beiden Brüder hätten sich nicht viele Monate Sorgen um 25 000 Euro machen müssen, die einer der beiden dem Betrüger aus Donauwörth als Darlehen ausgehändigt hatte. Und dieser hätte, obwohl er nach zahlreichen verstrichenen Fristen das Geld schließlich zurückgegeben hatte, nicht für zwei Jahre und drei Monate ins Gefängnis gemusst.
Die ungewöhnliche Geschichte, die am Dienstag am Dillinger Amtsgericht als Schöffensitzung verhandelt wurde, nahm im März 2016 ihren Anfang. Damals trafen sich der ältere der beiden Zusamtaler Brüder, 54 Jahre alt, und der 63-jährige Angeklagte zufällig in einem Donauwörther Café. Sie kannten sich bis dato nicht, kamen aber ins Gespräch. Der Zusamtaler hatte einiges zu erzählen – schließlich war er finanziell am Boden und auf der Suche nach einem Käufer für sein Haus. Der Angeklagte machte ihm Mut: Er kenne eine Menge Leute und habe schon viele Immobilien an den Mann gebracht. Der Verschuldete brauche sich keine Sorgen zu machen.
Wenige Wochen später meldete sich der Mann tatsächlich mit einem potenziellen Käufer zurück. Es kam zu einem Treffen in einem Donauwörther Café, bei dem der Zusamtaler seinen Bruder bat, ihm bei den finanziellen Angelegenheiten zu helfen. Der jüngere übernahm dann die volle Kontrolle über die Verhandlungen mit den neuen Bekannten seines Bruders. Laut dessen Aussage sei dieser fortan „nullkommanull“mehr mit den Fragen zu Zahlungsmodalitäten befasst gewesen.
Daraus ergab sich eine „seltsame Konstellation“, wie es Richter Hecken nannte. Denn der Betrüger gab vor, dass der Käufer eine „Anschubfinanzierung“benötige – 25 000 Euro. Nur wenn er dieses Geld bei der Bank vorweisen könne, würde ihm dort ein Kredit gestattet, mit dem er das Haus kaufen könne. Am Tag der Geldübergabe konnte der Käufer dann angeblich nicht kommen, eine Autopanne. Der Donauwörther Betrüger bot sich dann an, das Geld an dessen statt in Empfang zu nehmen. So kam es auch: Der Bruder des Hausverkäufers übergab dem Betrüger 25000 Euro in bar. Beide unterschrieben eine Überein- kunft, nach der das Geld zu einem Termin einige Monate später wieder zurückgezahlt werden musste.
Dieser Termin verstrich jedoch, ohne dass Geld zurückfloss. Viele weitere Fristen wurden von den Brüdern gesetzt und von dem Donauwörther missachtet. Besonders dubios: Die Brüder bekamen die Anweisung, den angeblichen Hauskäufer nicht zu kontaktieren oder mit ihm direkt zu sprechen. Denn dieser arbeite in einer Art „Sicherheitsdienst“und dürfe unter keinen Umständen angerufen werden. Offenbar hielten sich die Brüder lange Zeit an diese Anweisung. Untereinander gab es heftigen Streit. „Mein Bruder hat mich richtig zusammengeschissen. Mit was für Leuten ich mich denn abgeben würde“, berichtete der ältere Bruder vor Gericht kleinlaut.
Schließlich traf der jüngere Bru- der jedoch den Käufer. Dieser wusste laut Aussage nichts von einer Anschubfinanzierung oder irgendwelchem geliehenen Geld. Deshalb drohte der Bruder dem Donauwörther, ihn anzuzeigen, wenn das Geld nicht zurückgezahlt werde. Die Zeit verstrich, der Bruder machte ernst und erstattete Anzeige. Einige Wochen später erhielt er dann von dem Donauwörther das Geld zurück, sogar etwas mehr als die Schuldensumme. Der Zusamtaler versuchte daraufhin, das Verfahren noch zu stoppen. Er schrieb an die Staatsanwaltschaft, dass die Sache erledigt sei. Doch es war zu spät, es wurde weiter ermittelt.
Ein bemerkenswertes Detail dabei: Verteidiger Dr. Ulrich Rosskopf hatte eine Vorladung des angeblichen Hauskäufers als Zeugen beantragt, der aus seiner Sicht für die Wahrheitsfindung „essenziell“sei. Nach rund fünf Minuten Beratung lehnten Richter Hecken und seine beiden Schöffen diesen Antrag ab.
Nachdem die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Clarissa Spiegl, zwei Jahre und sechs Monate Strafe gefordert hatte, hielt Rosskopf harsch dagegen. Sein Mandant solle freigesprochen werden – die Einschätzung der Staatsanwaltschaft sei völlig verfehlt. „Jetzt sitzen wir vor einem Schöffengericht, da muss man wohl eine harte Strafe fordern“, sagte Rosskopf.
Richter und Schöffen sahen es anders: laut Hecken spreche nur wenig für den Angeklagten. Gegen ihn jedoch viel: Er ist mehrfach wegen Betrugs vorbestraft, und die Ausßen sagen der Zeugen ließen nur einen Schuldspruch zu. Hecken sagte auch, dass kein „vernünftiger“Mensch unter derart dubiosen Umständen Geld verleihen sollte, wie es die Brüder getan haben. Die Vorgeschichte der Übergabe sei derart haarsträubend, dass er sich das Verhalten der Brüder nur schwer erklären könne. Das Haus konnten diese immer noch nicht verkaufen.