Eine Schwester im Urlaub
Bei den Franziskanerinnen hat Schwester Regina-Maria ihre Aufgabe gefunden. Das Fahrrad begleitet die gebürtige Binswangerin auch im Alltag. Ein Leben mit Sport, Gebet und Genuss
Schwester Regina-Maria ist eine Dilinger Franziskanerin und arbeitet am Brombachsee. Jetzt war die 33-Jährige auf Heimatbesuch in Binswangen.
Binswangen „Voll krass!“Mit dunklem Ordenskleid und Schleier, darunter ein einfaches weißes T-Shirt sitzt Schwester Regina-Maria am Wohnzimmertisch ihres Elternhauses in Binswangen. Sie erzählt vom „Bootcamp“des vergangen Abends in der Binswanger Sporthalle. „Da bin ich an meine körperlichen Grenzen gestoßen.“Sie wundert sich, dass der Muskelkater ausgeblieben ist. Behände hüpft die 33-Jährige auf, holt barfuß ein Prospekt aus dem Nachbarzimmer. Drei Wochen Urlaub liegen jetzt hinter ihr. Die ersten beiden hat sie im Elternhaus in Binswangen verbracht, die letzte in den Bergen. Jetzt geht es wieder zurück in den Alltag, auf den Müßighof in Absberg, der idyllisch am westlichen Ufer des kleinen Brombachsees liegt. Dort führt die Franziskanerin seit einigen Jahren den Hofladen der Regens-Wagner-Einrichtung.
„Der See ist mir von Gott geschenkt.“Oft radelt die Ordensschwester eine Runde um den See, eine halbe Stunde um den kleinen See, eineinhalb um den großen. In dem Tempo, das sie gerade braucht – mal will sie sich auspowern, mal genießt sie ein Schneckentempo. Allzu gerne sitzt sie zwischendurch am Wasser und guckt den Enten zu. Zwei Lieblingsplätze hat sie ausge- macht. Den einen liebt sie zum Sonnenuntergang, vom anderen hat sie den gesamten See im Blick. Radeln, Walken, Spazieren gehen, Schwimmen oder Gymnastik am See – der Sport gehört schon immer zum Leben der Ordensschwester. Als Regina Schmalz wuchs sie in Binswangen auf. Ihren Taufnamen Regina wollte sie behalten. Er gefällt ihr und unterstreicht für sie die Taufe. Andere Schwestern wandeln ihn beim Eintritt ins Noviziat um, von Julia zu Juliane oder von Doris zu Dorothea. „Sollte ich aus Regina Reginalda machen?“Die 33-Jährige lacht. Sie entschied sich für Regina-Maria. Mit ihm begann für sie etwas „ganz Neues“, ein neuer Lebensabschnitt, eine neue Welt.
Im Alter von 26 Jahren trat sie ins Noviziat ein – nach drei Jahren als Kandidatin und zwei Jahren Postulat. Rückblickend bezeichnet sie ihn als den größten Schritt. Mit Ordenskleid und neuem Namen war sie ab sofort auch nach außen als Klosterschwester sichtbar und als solche ansprechbar. In den beiden folgenden Jahren lernte sie im Dillinger Mutterhaus das Klosterleben und den Orden der Franziskanerinnen intensiv kennen. Anschließend legte sie das erste Gelübde ab. Nach weiteren fünf Jahren stand im März dieses Jahres die ewige Profess an. „Damit binden wir uns für immer“, sagt sie und vergleicht den Ablauf mit der Heirat eines Liebespaares: Auf das Kennenlernen folgen Verlobung Hochzeit und das Versprechen „bis dass der Tod uns scheidet“.
Wie in einer Beziehung „menschle“es auch im Kloster. „Nicht immer ist alles Friede, Freude, Eierkuchen.“In Absberg lebt sie mit zwei weiteren Franziskanerinnen zusammen, sozusagen in einer „WG“, sprich Wohngemeinschaft. Sie seien sehr unterschiedlich. So gebe es durchaus Meinungsverschiedenheiten, gleichzeitig ergänzten sie sich wunderbar. Morgens betet jede von ihnen zunächst ihr persönliches Gebet. Danach beten, singen und frühstücken sie gemeinsam, bevor es an die Arbeit geht. Schwester Maria-Regina hat in dem Hofladen mit integriertem Bistro und Waren aus der eigenen Bio-Gärtnerei ihren Traumberuf gefunden. Hier kann sie ihre beiden Ausbildungen optimal vereinen. Als Jugendliche hatte sie zunächst den Beruf der Kauffrau im Dillinger Kaufland erlernt, daran eine Ausbildung zur Gemüsegärtnerin angehängt. Bestellungen abwickeln, an der Kasse stehen, Fragen beantworten, Kunden beraten – hier sieht sie ihre derzeitige Aufgabe. Abends radelt sie den Berg hoch in ihre kleine klösterliche Gemeinschaft, kocht, betet und isst mit ihren beiden um vieles älteren Mitschwestern. Sie lassen sich viel Zeit. An manchen Abenden greift Schwester ReginaMaria dann noch zu ihrer Sopranoder Tenorflöte.
Nach dem Vorbild des heiligen Franziskus zu leben, bedeutet für sie: „Wertschätzend mit der Schöpfung umgehen, fröhlich und freundlich zu sein – die Liebe zu Gott und den Menschen glaubwürdig leben.“Bereits als Kind hatte sie ein Buch über den Heiligen gelesen. Seine Liebe zur Natur, den Menschen und Gott faszinierte sie. „Wenn ich mal ins Kloster gehe, dann zu den Franziskanerinnen“, wusste sie schon damals. Irgendwann merkte sie, dass diese in Dillingen und ihr damit ganz nahe sind. Bis dahin hatte sie natürlich „auch Männer gesehen“. Ein fester Freund habe sich aber nie ergeben, erzählt sie offen. Gleichzeitig lernte sie „zufällig“Klosterschwestern verschiedener Orden kennen, sprach und diskutierte mit ihnen.
Wenn sie als Kind und Jugendliche von ihren Klosterträumen erzählte, erhielt sie als Antwort: „Warte mal bis du groß bist.“Die 33-Jährige freut sich, dass ihre Eltern sich hinter sie stellten, als sie ihnen von ihrer endgültigen Entscheidung erzählte. Ihre Geschwister können den Schritt bis heute nicht wirklich nachvollziehen, akzeptieren ihn aber. Wie dem auch sei, für die 33-Jährige ist klar: „Ich werde meinen Weg gehen.“»Diese Woche