Können die USA und China Freunde sein?
Die Präsidenten Trump und Xi verstehen sich. Aber die Interessenlage beider Nationen ist unterschiedlich. Peking wird Washington eines Tages überholen
Wenn es stimmt, dass Weltreiche wachsen und wieder vergehen, dann sind auch die Tage der amerikanischen Dominanz auf dem Globus endlich. Soll der Kandidat für die künftige Führungsrolle benannt werden, so fällt meist der Name China. Der bevölkerungsreichste Staat der Welt ist in den vergangenen Jahrzehnten dank einer Politik der wirtschaftlichen Liberalisierung stark gewachsen und ist bereits die Nummer zwei der wirtschaftsstärksten Staaten. Hält die bisherige Wachstumsdynamik an, wird die Volksrepublik in einem bis zwei Jahrzehnten die USA überholt haben.
Die Wirtschaftsdaten zeigen, dass die Giganten harte Konkurrenten sind. Die ständigen Attacken von US-Präsident Donald Trump auf die Chinesen, die angeblich amerikanische Arbeitsplätze zerstören, reflektieren also durchaus objektive Tatsachen. China ist zur Werkbank der US-Industrie geworden und steigert Jahr für Jahr seinen Handelsüberschuss. Abgesehen davon ist Peking, das in amerikanische Staatsanleihen investiert hat, der größte Gläubiger der USA.
Die Position Washingtons gegenüber der kommunistischen Führung in Peking ist also alles andere als gemütlich. China hat auch eine umfassende Modernisierung seiner Streitkräfte angekündigt. Dies heißt zwar nicht, dass die Asiaten automatisch in eine globale Führungsrolle hineinwachsen werden, wie sie die USA seit dem Zweiten Weltkrieg ausüben. Aber ohne oder gar gegen China wird künftig nicht mehr viel funktionieren.
Mitten in diesem Prozess, der sich über Jahrzehnte hinzieht, steht nun Donald Trump an der Spitze der USA und versucht sich gegenüber China zu positionieren. Der eigenwillige Ex-Immobilienmogul tut dies auf seine Art: Um die Anhänger zu bedienen, sendet er Kurzbotschaften mit anklagendem Unterton in die digitale Welt („China vergewaltigt die USA“). Im persönlichen Umgang mit Präsident Xi Jinping findet er aber einen erstaunlich konzilianten Ton. Das hatte sich bereits gezeigt, als beide in Florida zusammen Schokoladenkuchen aßen. Und es wird jetzt bei Trumps Peking-Visite bestätigt. Die Chinesen hofieren den Amerikaner wie keinen Präsidenten vor ihm – und Trump schmeichelt seinem Gastgeber und gibt jetzt die Schuld am US-Handelsbilanzdefizit lieber seinen Vorgängern als den Chinesen.
Dazu werden Wirtschaftsabkommen über die gigantische Summe von 250 Milliarden Dollar abgeschlossen – eine gute Show, mehr nicht. Vieles ist längst beschlossen, anderes nur angedacht. Strukturell ändert sich durch die unterschriebenen Verträge nichts an den Verhältnissen: Weder öffnet China seine Wirtschaft stärker für Auslandsinvestitionen, noch wird der Handel künftig in ein Gleichgewicht übergehen. Trump hat die säkulare Entwicklung nicht aufgehalten, darf aber einen Augenblick des Erfolgs genießen. Das genügt ihm.
Auch wenn sich Trump und Xi wie Freunde gebärden, ihre Nationen verfolgen unterschiedliche Interessen. Die USA wollen Nordkorea mit allen Mitteln daran hindern, Atommacht zu werden – ob allerdings China, der engste Verbündete des stalinistischen Regimes, dieses Ziel ebenso energisch anstrebt, ist fraglich. Peking dient der Unruheherd auch dazu, von den eigenen Expansionsplänen im Chinesischen Meer abzulenken.
Während Trump in gewohnter Theatralik verkündet, beide Nationen könnten „die Weltprobleme über viele, viele kommende Jahre“gemeinsam lösen, verfolgt Peking seine eigenen Absichten. „Der Pazifische Ozean ist groß genug für die USA und China“, sagt Xi. Soll heißen: Geht uns gefälligst aus dem Weg! China ist eine Nummer zu groß für Trump.
An Nordkorea scheiden sich die Geister