In Hirschbach geht es um Stoppschilder und Internet
Vielen Bürgern erschließt sich der Sinn eines Verkehrszeichens am Ortsausgang nicht. Auch das Internet in Possenried ist bei der Diskussion ein Thema
Mancher Bürger hat Angst vor allzu großer Macht der großen Netzanbieter. Ein Verkehrsschild sorgt für Frust.
Wertingen Hirschbach Nach Ansicht der Hirschbacher gibt es eine latente Bedrohung für ihre Führerscheine. Diese ist rot-weiß und steht in zweifacher Ausführung kurz vor der Stelle, an der die Sankt-Peter-Straße in die Staatsstraße 2382 mündet: das Stoppschild.
Völlig unnötig sei das, kam es vielstimmig aus dem Publikum des Schützenheims am Montagabend bei der Hirschbacher und Possenrieder Bürgerversammlung. „Wenn da überprüft würde, hätte niemand in Hirschbach mehr den Führerschein“, sagte ein Bürger. Praktisch jeder missachte das Schild.
Es herrscht ein breiter Konsens im Ort, dass das Stoppschild wegkann. Denn rechts wie links ist die Sicht an der Einmündung über hunderte Meter kaum eingeschränkt. Zudem ist die Strecke kurvig, sodass extreme Raser ebenfalls nicht zu befürchten sind.
Doch Bürgermeister Willy Lehmeier reagierte auf die Entrüstung Hirschbacher eher zurückhaltend. Er bestätigte aber, dass man auch mit Stoppschildern in der Wertinger Kernstadt eher durchwachsene Erfahrungen gemacht habe.
Vereinzelt gab es auch Stimmen, die zum Erhalt des Stoppschildes aufforderten. Das sei vor einigen Jahren entstanden, da mehr Sicherheit für eine Gruppe von Jugendlichen, die mit Rollern unterwegs waren, gefordert wurde. Ein Bürger war der Meinung, dass sich die Situation nicht maßgeblich geändert habe. Zu einem wirklichen Ergebnis kam die Diskussion nicht.
Kritik mussten Lehmeier und Verwaltungsmitarbeiter Manuel Gillich von Possenriedener Bürgern einstecken. Dort schaut derzeit, nach den Ausführungen einiger Possenrieder Bürger, alle paar Tage ein Mitarbeiter von M-Net vorbei, um einen Haushalt an die neuen Glasfaserleitungen anzuschließen. Das sei seit Ende Oktober möglich, wie auch Gillich bestätigte.
Die Possenrieder fühlen sich nun dahingehend im Stich gelassen, dass vonseiten der Stadt quasi keine Informationspolitik betrieben wurde. Ein Sammelbrief wäre aus Sicht der Possenrieder eine schöne Maßnahme gewesen, die Bürger auf die neuen Möglichkeiten bei M-Net aufmerksam zu machen und die Anfragen zu bündeln. Die Stadt hätte in die Bresche springen können, da der Netzbetreiber nicht selbst informierte, sagte eine Bürgerin.
Im weiteren Verlauf der teils sehr energisch geführten Diskussion ging es um diverse Probleme, mit denen eine kleine Stadt wie Wertingen im Umgang mit den großen Netzanbietern zu kämpfen hat. Vom Possenrieder Bürger Wolfgang Mehlhorn wurde Sorge um die Macht der großen Netzbetreiber vorgetragen. Diese hätten die Freiheit, „Mondpreise“für bestimmte Angebote zu verlangen – was ein Monopolist in Zukunft nach Belieben tun könne. Bisher waren die Erfahrungen mit dem Unternehmen aber gut, sagte Mehlhorn. Der Glasfaserausbau sei sauber erfolgt. Possenried war Teil einer Fördermaßnahme, die Ende 2015 verander lasst wurde und auch die Wertinger Kernstadt betraf. Sie wurde europaweit ausgeschrieben, den Zuschlag bekam M-Net.
Von ebendieser Firma scheint Lehmeier eine vergleichsweise hohe Meinung zu haben. In der Zusammenarbeit habe man bessere Erfahrungen gemacht als mit der Telekom. Im Gegensatz zu dem Bonner Telekommunikationsunternehmen habe M-Net sich schon früh um Kunden auf dem Land bemüht.
Lehmeier äußerte außerdem auf Nachfrage die Hoffnung, dass mit den bisher verfügbaren 100 MBit das Ende der Fahnenstange möglicherweise noch nicht erreicht sei. Sollte sich im Zuge der neuen Jamaika-Koalition die Möglichkeit für neue Fördergelder auftun, werde er sich „nach der Decke strecken“, um diese zu erhalten.
Doch auf die besorgten Nachfragen von Bürgern, was man den großen Netzbetreibern im Fall falscher Versprechungen in Zukunft entgegen zu setzen habe, antwortete Lehmeier: „Gar nichts.“»Kommentar
Ein unnötiges Verkehrsschild ist eigentlich keine bloße Randnotiz. Denn im Ernstfall können durch eine Nichtbeachtung – die in Hirschbach laut Aussage der Bürger ständig geschieht – für einen eigentlich unbescholtenen Bürger echte Probleme drohen. Man stelle sich einmal vor, durch einen dummen Zufall verliert eine Frau ihren Führerschein, die ihren kranken Mann oft zum Arzt fahren muss. Oder wenn der Führerschein zwingend für den Job notwendig ist – beispielsweise für Fernfahrer.
In der Region herrscht eine große Bereitschaft von Städten und Staatlichem Bauamt, (vermeintliche) Gefahrenstellen mit Warnschildern zu versehen. Im Hirschbacher Fall gibt es aber keinen Bedarf für ein solches Schild, das ja nicht nur warnt, sondern eine konkrete Handlungsanweisung gibt, die bei Nichtbeachten empfindlich bestraft wird – zumindest in der Theorie.
Deshalb darf die Denkweise nicht lauten: „Besser ein Schild zu viel als eines zu wenig.“Es darf weder zu viele noch zu wenige geben. Sowohl Gemeinden als auch das Staatliche Bauamt sollten in der Verkehrsregelung enger an die Interessen der Bürger heranrücken. Und sich dann im Entscheidungsfall absprechen.
Natürlich besteht die Gefahr, die Interessen und/oder Befürchtungen Einzelner zu stark zu gewichten und die eigentlich zufriedene Mehrheit aus dem Blick zu verlieren. Eine wunderbare Möglichkeit bietet hier das Internet. Warum nicht die Möglichkeit für jeden Bürger einführen, eine „MiniVolksabstimmung“über die Webseite der Stadt zu etablieren?
Kämen entsprechend viele bestätigende Stimmen, könnte sich der Stadtrat beispielsweise freiwillig verpflichten, einen Punkt in der nächsten Sitzung im Rathaus in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Das wäre vergleichsweise billig zu lösen – und schnelles Internet haben ja in der Region immer mehr Bürger.