Hält der Wirtschafts Boom weiter an?
Im Sommer ging es steil bergauf. Aber es zeichnen sich einige Risiken ab
Wiesbaden Die deutsche Konjunktur brummt. So dürfte die Wirtschaft 2017 nach einem unerwartet guten dritten Quartal so stark abschneiden wie seit sechs Jahren nicht. Beflügelt vom Außenhandel und von steigenden Investitionen der Unternehmen legte das Bruttoinlandsprodukt in Europas größter Volkswirtschaft um 0,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu, wie das Statistische Bundesamt ausgerechnet hat. Ökonomen hatten im Schnitt mit einem schwächeren Plus gerechnet. Im zweiten Vierteljahr war die deutsche Wirtschaft um 0,6 Prozent gewachsen. Zu Jahresbeginn legte das Bruttoinlandsprodukt sogar um 0,9 Prozent zu. Ganz ohne Risiken ist die Entwicklung nicht. Das sind jedenfalls die Chancen: Konsum Die Verbraucher sind in Kauflaune. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist historisch gut, Sparen wirft wegen der Niedrigzinsen im Euroraum kaum etwas ab. Das schiebt den Konsum an, der seit geraumer Zeit zu den Treibern der Wirtschaft zählt. Die Bundesbürger sind weiter optimistisch. Mögliche Steuerentlastungen könnten den Konsum zusätzlich ankurbeln.
Erholung der Weltwirtschaft Die exportgetriebene deutsche Wirtschaft profitiert von der Erholung der globalen Konjunktur, die die Nachfrage nach „made in Germany“ankurbelt. In den ersten neun Monaten gingen Waren im Wert von 954,7 Milliarden Euro ins Ausland, das waren 6,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. „Auch die verbalen Störfeuer aus den USA seit einem Jahr konnten die Erholung der Weltwirtschaft nicht stoppen“, argumentiert Holger Bingmann, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. Der Internationale Währungsfonds rechnet mit einem Anstieg der globalen Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 3,6 Prozent und im nächsten Jahr um 3,7 Prozent. 2016 war die Weltwirtschaft um 3,1 Prozent gewachsen.
Stabilisierung der Eurozone Der gemeinsame Währungsraum hat nach Einschätzung des IWF seine Krise weitgehend überwunden. Die Zustimmung zur Währungsunion sei in den Mitgliedsländern auf Rekordniveau, sagt IWF-Europa-Direktor Poul Thomsen. „Und das, obwohl noch vor wenigen Jahren pure Existenzangst herrschte.“Europa insgesamt wird nach Einschätzung des IWF immer mehr zur Zugmaschine der Weltwirtschaft.
Lockere Geldpolitik Deutschland profitiert von der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Verbraucher und Unternehmen kommen billiger an Geld. Das stärkt die Bereitschaft, zu investieren. Zwar haben die Währungshüter den Einstieg aus dem Ausstieg ihrer milliardenschweren Anleihekäufe eingeleitet, die Zinsen sollen aber lange noch über das Ende des Kaufprogramms hinaus niedrig bleiben. Doch es gibt auch Risiken: Überhitzung Die Wirtschaftsweisen sehen angesichts des langen Aufschwungs die Gefahr, dass die Konjunktur heiß läuft. Die Wirtschaft befinde sich in einer Überauslastung, warnt das Beratergremium der Bundesregierung. Folge können Engpässe bei der Produktion sein, wenn Firmen bei weiter steigenden Aufträgen nicht schnell genug mit den nötigen Investitionen nachkommen oder keine Arbeitskräfte mehr finden. Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft weist darauf hin, dass gerade Bau-Firmen schwer Arbeitskräfte finden.
Eurostärke In den vergangenen Monaten hatte der Euro gegenüber dem US-Dollar an Stärke gewonnen. Waren „made in Germany“werden dadurch außerhalb des gemeinsamen Währungsraumes tendenziell teurer, das kann die Nachfrage dämpfen. Einen andauernd kräftigen Anstieg des Euro erwarten Experten allerdings nicht. (dpa)