Ein Herz für historische Traktoren
Neue Verordnung soll Behörden-Irrsinn bei Ausfahrten beenden
München Er sei doch sehr erstaunt gewesen, als er den CSU-Antrag mit der Nummer 17/18815 das erste Mal gelesen habe, bekannte der GrünenAbgeordnete Jürgen Mistol im Landtag. Schließlich fordere die Mehrheitsfraktion die eigene CSUStaatsregierung darin auf, in Berlin auf eine neue Rechtsverordnung zu drängen. Ziel: „Schlepper-Fahrten entkriminalisieren und ein bis zwei Mal pro Jahr nicht-kommerzielle Personenbeförderung ermöglichen“.
Natürlich geht es in dem Antrag nicht um das Einschleusen von Flüchtlingen. Im Blick der CSU sind vielmehr Ausfahrten von historischen Traktoren – und deren Benachteiligung im Vergleich etwa zu Faschingsumzügen. Letztere können nämlich rechtlich zu „Brauchtumsveranstaltungen“erklärt werden, was den Einsatz auch von nicht zugelassenen Zugmaschinen oder den Transport von Personen auf Anhängern ermöglicht. Weil aber in Deutschland auch rechtliche Ausnahmen bis ins Detail geregelt sind, gibt es nicht nur eine exakte Definition, was Brauchtum überhaupt ist („kulturelle Veranstaltungen, die für den ländlichen Raum charakteristisch sind“), sondern auch eine eigene „Zweite Verordnung über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften“, die bereits seit 1989 in Kraft ist.
Historische Traktoren zählen in der bürokratischen Auslegung nicht zum Brauchtum. Das heißt, dass sich etwa Vereine, die sich der Pflege und dem Erhalt historischer Landmaschinen verschrieben haben, bei Ausfahrten mit ihren Oldtimer-Traktoren auf juristisch gefährlichem Terrain bewegen. „Wenn etwas passiert, steht man derzeit mit einem Bein im Knast“, warnt deshalb der Würzburger CSU-Abgeordnete und OldtimerTraktor-Fan Oliver Jörg. Der politische Vorstoß, den Jörg mit auf den Weg gebracht hat, soll deshalb nun Rechtssicherheit schaffen – aber unter strengen Voraussetzungen.
So soll die Kommune die Ausfahrten „als Veranstaltung zum Erhalt kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes“ausweisen. Die Fahrtroute muss genehmigt werden. Und alles muss strengen Anforderungen entsprechen. Dies alles zu erfüllen, wäre zweifellos schon schwer genug. Allein das Problem sei damit längst noch nicht gelöst, erklärte ein Beamter des Innenministeriums im Landtag. Denn die rechtliche Gleichstellung der Oldtimer-Ausfahrt mit einer Brauchtumsveranstaltung habe ihre Tücken – etwa, weil dabei Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben sei. CSU, SPD und Freie Wähler drängen trotzdem auf eine eigene Oldtimer-Traktor-Verordnung. Der Grüne Mistol ist dagegen nicht überzeugt, dass die Schlepper-Fahrten durch zusätzliche Regeln einfacher werden. Er enthielt sich der Stimme.